Wir haben Ferkelpreise von fast 100 € und trotzdem investiert niemand. Da kann etwas nicht stimmen“ – mit deutlichen Worten brachte Norbert Klapp die aktuelle Lage in der heimischen Schweinehaltung beim Veredlungstag der Landwirtschaftlichen Woche Nordhessen in Baunatal auf den Punkt.
Ursächlich für den Rückgang der heimischen Tierhaltung sind vor allem die extrem unsicheren Zukunftsaussichten, so der Ferkelerzeuger aus Malsfeld im Schwalm-Eder-Kreis und Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Kurhessen. Die Landwirte sehen sich immer strengeren Tierwohl- und Umweltauflagen gegenüber, spüren aber wenig Freiraum für unternehmerische Entfaltung, erklärte Klapp.
„Wir brauchen ein Belastungsmoratorium für die deutsche Landwirtschaft“, schlug der Schweinehalter vor: „Zwei Jahre lang keine neuen Auflagen und anschließend für jede neue Vorschrift im Gegenzug eine alte abschaffen. Die Bürokratie muss dringend begrenzt werden“, lautete sein Vorschlag.
EU arbeitet an Transport-Vorschriften
Danach sieht es aber zumindest auf EU-Ebene eher nicht aus, wie Dr. Haiko Hofmann vom Bundesverband Rind und Schwein (BRS) berichtete. In Brüssel arbeitet man beispielsweise an einer neuen Tiertransportverordnung. Demnach dürfen Schlachttiere künftig höchstens neun Stunden (inklusive Auf- und Abladen) befördert werden. Das wird in Regionen fernab der Schlachthöfe spannend, so Hofmann.
Außerdem sollen die Ladedichten reduziert und die Mindesthöhe der Lkw-Etagen vergrößert werden. Das dürfte die Transporte weiter verteuern.
Dennoch wollte der BRS-Fachmann nicht schwarz malen. Es gebe rund um die Schweineerzeugung durchaus auch Lichtblicke. So könnte die seit Jahresbeginn geltende Pflicht zur Herkunftsangabe an der Ladentheke die Verbraucher dazu animieren, verstärkt „Made in Germany“-Ware zu kaufen.
Zumal zahlreiche Befragungen zeigen, dass die Menschen immer noch gerne Schweinefleisch essen – wenn auch nicht mehr so große Mengen.
Schauen, prüfen, handeln
Für den einzelnen Landwirt heißt dies, dass er mit kühlem Kopf und gründlich berechneten Daten schauen muss, wie er mit seinem Hof in bewegten Zeiten Kurs halten kann, erklärte Prof. Dr. Rainer Langosch. Der Betriebswirtschaftler lehrt an der Hochschule Neubrandenburg und der Andreas Hermes Akademie.
Sein Rat an die Landwirte: In unsicheren Zeiten mit volatilen Märkten müssen die Stärken und Schwächen des Betriebes sauber sortiert und die Chancen und Risiken abgewogen werden. Dann muss der Unternehmer Entscheidungen treffen und Strategien entwickeln. Abwarten ist auf Dauer keine Lösung.
Dabei kann es für den einen richtig sein, sich mit seinen Produkten von der Allgemeinheit abzusetzen und den höheren Aufwand durch bessere Erlöse wett zu machen. Für andere ist die möglichst effiziente Schweinefleischerzeugung zu geringen Kosten die bessere Wahl.
Wichtig ist nur, dass der Landwirt sich entscheidet. Eine Mischung aus beiden Strategien funktioniert nicht, so Langosch.
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