EU-Pflanzenschutzpläne: Durchatmen und dann liefern

Die EU-Pflanzenschutzpläne sind zunächst gestoppt. Nun müssen die Bauernverbände und die EVP eigene Vorschläge zur Reduktion machen.

Ein „ökologisches Armageddon“ droht uns jetzt, zumindest nach Meinung der grünen EU-Politikern Jutta Paulus. Dieses völlig überzeichnete Bild erklärt sie damit, dass die EU-Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln im EU-Parlament gescheitert ist. Ein Beleg, wie weltfremd die politische Diskussionskultur zum Thema Pflanzenschutz inzwischen ist.

Grüne stimmen dagegen

Das Interessante: Am Ende waren es die Grünen selbst, die gegen die „SUR“ genannte Pflanzenschutzverordnung stimmten. Die Grünen-Politikerin Sarah Wiener hatte zwar einen Kompromiss im Umweltausschuss zur SUR ausgehandelt. Diesen trugen eine Mehrheit aus Grünen, Linken, Sozialdemokraten und Liberalen mit. Im Plenum, also in der Runde aller EU-Abgeordneten, gab es aber Mehrheiten gegen Wieners Kompromiss. Meist knappe, trotzdem war nach der Abstimmung nicht mehr viel von Wieners Kompromiss übrig. Und das verärgerte viele Grüne so, dass sie am Ende selbst gegen die SUR stimmten. Die SUR ist damit gestorben, ein neuer Anlauf zumindest vor der EU-Wahl nicht in Sicht.

Natürlich ist das Wieners Versäumnis. Aber sie ist nicht ­allein schuld. Die EU-Kommission hat die SUR bereits mit vielen Geburtsfehlern auf die Welt gebracht. Vor allem die pauschalen Verbote von Pflanzenschutzmitteln in sensiblen Gebieten brachten deutsche Landwirte auf die Palme. Denn die EU-Kommission hätte konventionellen Landwirten in sensiblen Gebieten fast jede Entscheidungsfreiheit genommen. Und das eben nicht nur in Naturschutzgebieten, sondern auch in Landschaftsschutzgebieten. Dort galt immer die Zusage, nicht per Ordnungsrecht in die Bewirtschaftung einzugreifen. Die SUR hätte dieses Versprechen gebrochen.

EVP und Bauernverbände müssen liefern

Wie die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln in der Praxis gelingt, zeigen regionale Kooperationen in Westfalen-Lippe. Dazu braucht es Verständnis, lokal angepasste Strategien und angemessene Kompensation. Pauschale Verbote per EU-Order hätten diese Programme vernichtet. Das sagen selbst Naturschützer.
Fast alle Bauernverbände haben in den vergangenen Monaten etliche Gespräche geführt und Aktionen gestartet, um Wieners SUR-Vorschlag zu stoppen. Das ist gelungen. Und darüber dürfen sie sich freuen.

Lange dürfte diese Freude nicht anhalten. Spätestens in der heißen Phase des EU-Wahlkampfs 2024 dürfte klar werden, das Thema Pflanzenschutz ist nicht vom Tisch. Bei uns ist es mit der deutschen Pflanzenschutzverordnung ohnehin noch akut. Nach einmal durchatmen sollten die Verbände und die selbst ernannte Bauernpartei, die Europäische Volkspartei, Konzepte vorlegen, wie eine Pflanzenschutzreduktion gemeinsam mit der Landwirtschaft gelingt. Das haben sie immer betont. Jetzt müssen sie liefern – und am Ende Mehrheiten gewinnen.

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