Meinung

Agrardiesel: Die Ampelspitze ignoriert die Bauern

Die Bauern protestieren gegen den Plan der Ampel, den Agrardiesel zu streichen. Dabei ernten sie auch Zuspruch außerhalb der Landwirtschaft. Rollt bald eine noch größere Protestwelle durchs Land?

Es könnte die Zerreißprobe für die Ampelregierung werden: Nimmt sie die Pläne zur Streichung des Agrardiesels und der Kfz-Steuerbefreiung nicht zurück, hat Bauernpräsident Joachim Rukwied für die zweite Januarwoche noch nie dagewesene Aktionen angekündigt. Das sagte er am Montag klar und kompromisslos auf der Demo in Berlin. Dass dazu kurz entschlossen mehr als 6000 Landwirte mit mehr als 1500 Traktoren angereist waren, zeigt: Er hat Rückhalt. Und er könnte noch mehr Unterstützung aus der nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerung bekommen. Denn es geht um mehr als Steuervergünstigungen für eine Berufsgruppe. Es geht um Respekt und Anerkennung für diejenigen, die Deutschland am Laufen halten.

Kein politischer Schnellschuss

Weil sie einen verfassungswidrigen Haushalt aufgestellt haben, müssen Kanzler Scholz (SPD), Vizekanzler Habeck (Grüne) und Finanzminister Lindner (FDP) sparen. 1 Mrd. € wollen sie sich von den Land- und Forstwirten holen. Also von dem Sektor, der unsere Lebensmittel produziert, gesellschaftliche Leistungen erbringt und die gesetzten Klimaziele einhält. Der Vorstoß ist der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Denn er ist kein politischer Schnellschuss, sondern bewusstes Ergebnis wochenlanger Verhandlungen.

Durchdacht ist er allerdings nicht. Zwar dürfen die Steuervergünstigungen auf Diesel und Fahrzeuge nicht unantastbar sein, doch es gibt gute Gründe, sie beizubehalten, mahnen auch Vertreter der drei Regierungsparteien. Damit fallen selbst sie der Ampelspitze in den Rücken. Denn das Signal von Scholz, Habeck und Lindner ist: Allen Bekundungen zum Trotz haben sie sich von Teilen der Bevölkerung entfremdet. Berufsgruppen, die nicht in ihr Wählerklientel passen, wollen sie über Gebühr strapazieren und „auf die paar Bauernstimmen“ verzichten. Damit verachtet die Ampelspitze die Leistung etlicher Menschen, insbesondere im ländlichen Raum.

Eine Protestwelle ins Rollen

Diese Arroganz könnte ihnen zum Verhängnis werden. In Umfragen ist die Regierung so unbeliebt wie nie. Daher haben viele Menschen und Berufsgruppen den Protest am Montag begrüßt. Weil auch sie Sach- statt Klientelpolitik fordern. Weil die Menschen nicht nachvollziehen können, wohin Millionen und Milliarden im In- sowie Ausland fließen. Weil sie das Gefühl haben, zwar viel und hart arbeiten zu müssen, dafür aber keinen Dank, sondern weitere Einschnitte zu bekommen.

Und weil immer mehr Menschen am eigenen Leib erfahren, dass die Ampel ihre Versprechen bricht – wie beim Aus der ­E-Auto-Förderung. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Bauernproteste eine viel größere Protestwelle ins Rollen bringen. Signale dazu gibt es. Bisher hielt der üppige Haushalt die Ampel zusammen, jetzt dürfte es wohl die Angst vor Neuwahlen sein.

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