Nach der Wahl ist vor der Regierungsbildung – und da haben die Grünen in NRW ein entscheidendes Wort mitzureden. Von ihnen hängt ab, welche politischen Farben künftig im Düsseldorfer Landtag regieren.
Bei den anstehenden Gesprächen setzen die Grünen den Klimaschutz in den Fokus, machte Landesparteichefin Mona Neubaur am Montag im WDR deutlich. Man müsse endlich ins Handeln kommen, von einem Koalitionspartner fordert sie den wirklichen Willen, engagierten Klimaschutz umzusetzen. Für Neubaur ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien der entscheidende Hebel – für mehr Klimaschutz, aber auch, um sich von den Inflationstreibern Gas und Öl zu lösen.
Damit hat sie den ersten Pflock für die Koalitionsgespräche eingeschlagen. Zwar gab es zu Redaktionsschluss noch mehrere Optionen, wer die künftige Landesregierung bildet: eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP oder eine Große Koalition aus CDU und SPD. Analysten halten ein Bündnis aus dem Wahlgewinner CDU mit Ministerpräsident Hendrik Wüst sowie den Grünen aber am wahrscheinlichsten – wenn sie sich einigen: Gerade beim Thema Erneuerbare Energien lagen die Parteien im Wahlkampf auseinander. Beispiel: Bei Windenergieanlagen will die CDU an Mindestabständen zu Wohnhäusern festhalten, die Grünen nicht.
Ministerpräsident Wüst betonte am Montag gegenüber dem WDR, dass es in der künftigen Regierungszeit um die Versöhnung von Klimaschutz und Industrie gehe – und sich für eine erfolgreiche Regierungskoalition alle aufeinander zu bewegen müssten. Es dürfte somit noch lebhafte Sondierungen und Verhandlungen geben.
Land- und Forstwirte
Im Düsseldorfer Landtag sitzen künftig mindestens neun Land- oder Forstwirte bzw. Personen aus der Branche. Sieben davon gehören der CDU an: Hendrik Schmitz (Wahlkreis Aachen III), Stephan Wolters (Kleve I), Josef Hovenjürgen (Recklinghausen III), Christina Schulze Föcking (Steinfurt I), Markus Höner (Warendorf II), Dr. Ralf Nolten (Düren II – Euskirchen II) und Bianca Winkelmann (Minden-Lübbecke I) holten das Direktmandat. Hovenjürgen ist aktuell Generalsekretär der CDU NRW, Winkelmann agrarpolitische Sprecherin der Fraktion.
Landwirtin und Unternehmensberaterin Dr. Mechthild Frentrup (Gütersloh I – Bielefeld III) von der CDU kandidierte, verlor aber knapp gegen Thorsten Klute (SPD).
Bei den Grünen zieht über die Landesliste Norwich Rüße ein. Er holte im Wahlbezirk Steinfurt I 18,2 % der Erst- sowie 16,7 % der Zweitstimmen und musste sich deutlich der ehemaligen Landwirtschafts- und Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) geschlagen geben (46,2 % Erst- sowie 45,3 % Zweitstimmen). Rüße, Biolandwirt im Nebenerwerb und landwirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, wird in Düsseldorfer Kreisen als potenzieller künftiger NRW-Landwirtschaftsminister gehandelt. Ob das so kommt, ist aber ungewiss.
Ebenfalls über die Landesliste zieht von den Grünen Dr. Gregor Kaiser (Olpe) in den Landtag ein. Nicht geschafft hat es dagegen Landwirt Heinrich Rülfing von den Grünen, der im Wahlbezirk Borken I keine Chance gegen den amtierenden und womöglich auch künftigen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) hatte.
Kandidiert für den Landtag hatten noch Forstwirtin Kerstin Löwenstein (Wesel III) von der SPD und Markus Diekhoff (Warendorf II), FDP-Sprecher für Landwirtschaft. Beide verfehlten den Einzug.
Etwas zittern musste auch NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU). Sie verpasste den direkten Einzug. Der SPD-Abgeordnete Rainer Schmelzer entschied den Wahlkreis Unna II für sich. Scharrenbach zieht aber über ihren Listenplatz 2 in den Landtag NRW.
Gewinner: CDU und Grüne
Nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis der NRW-Landtagswahl ist die CDU von Ministerpräsident Hendrik Wüst mit 35,7 % (+2,8 Prozentpunkte zur Landtagswahl 2017) der Zweitstimmen stärkste Kraft. Die Christdemokraten punkteten vor allem im ländlichen Raum sowie bei älteren Wählern. Die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty rutschte auf 26,7 % (–4,6 Prozentpunkte) ab. Die Grünen verdreifachten ihr Ergebnis auf 18,2 % (+11,8 Prozentpunkte). Der bisherige Regierungskoalitionspartner der CDU, die FDP, stürzte hingegen auf 5,9 % (–6,7 Prozentpunkte) ab. Die AfD kann mit 5,4 % (–1,9 Prozentpunkte) knapp im Landtag verbleiben. Die Linke scheiterte erneut mit 2,1 % (–2,8 Prozentpunkte) an der Fünf-Prozent-Hürde.
Die Wahlbeteiligung lag bei 55,5 % – ein historisch niedriges Ergebnis. Es ist sogar so niedrig, dass die Forschungsgruppe Wahlen die Berufsgruppe „Landwirte“ nicht auswerten konnte. Sie fehlen deshalb in der Übersicht.