Ausufernde bürokratische Auflagen, ungesicherte Hofnachfolgen und teure Tierwohlumbauten bei fehlender Planungssicherheit – die heimischen Schweinehalter stehen vor vielen Herausforderungen. Und selbst Betriebe mit guter Zukunftsperspektive werden oftmals durch einen entscheidenden Faktor ausgebremst: Ihnen fehlen zunehmend die passenden Menschen, um die anfallende Arbeit zu bewältigen.
Wer macht die Arbeit?
Damit wird die Arbeitserledigung in wachsenden Betrieben zur Herausforderung, erklärte Uwe Roth kürzlich bei einer Fachtagung des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) in Niedenstein-Kirchberg. Bislang sind knapp die Hälfte der 1 Mio. Erwerbstätigen in der deutschen Landwirtschaft mitarbeitende Familienangehörige. Rund 23 % sind ständig angestellte Arbeitskräfte und etwa 27 % arbeiten als Saisonkräfte vornehmlich in Sonderkulturen, so der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Werra-Meißner und des Landesverbandes der hessischen Maschinenringe.
Mit fortschreitendem Strukturwandel wird der Anteil der Familienarbeitskräfte weiter sinken und der Bedarf an Fremdarbeitskräften steigen, prognostizierte Roth. Außerdem dürfte der technische Fortschritt weniger Entlastung schaffen als erhofft. Im Ergebnis nimmt der Wettbewerb um die zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu: Zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben, aber auch zwischen Landwirtschaft und anderen Branchen, wobei diese Unternehmen häufig mit attraktiven Arbeitszeiten, mehr Urlaubstagen und besserer Bezahlung locken.
Finden, fördern, halten
In dieser Situation ist es gar nicht so leicht, den passenden Mitarbeiter zum Beispiel für einen Sauen- oder Milchviehbetrieb zu finden, in dem die Tiere auch am Wochenende intensiv betreut werden müssen. Zum Glück scheint der Beruf des Landwirts trotz eines allgemein schwierigen Umfelds weiterhin Interesse zu wecken. Die Ausbildungszahlen in der Landwirtschaft sind mindestens stabil. Auch kommt eine wachsende Zahl an Lehrlingen heute nicht vom Hof.
Wenn diese jungen Leute für den eigenen Betrieb gewonnen werden sollen, muss man allerdings auf sie zugehen, so Roth: „Wer wartet, dass jemand kommt, hat schon verloren. Die künftigen Mitarbeiter wollen abgeholt werden.“ Dabei hilft es, bereits im Vorstellungsgespräch auf bestimmte Sonderleistungen wie steuerfreie Tankgutscheine oder regelmäßige Weiterbildung hinzuweisen.
Ist der neue Mitarbeiter dann vernünftig eingearbeitet, sollte der Chef dessen Stärken erkennen, ausbauen und fördern: „Fordern Sie nichts ein, was Sie selbst auch nicht erfüllen und erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern kein Arbeitspensum eines selbstständigen Unternehmers“, so Roth.
Wichtig sind klare Betriebsstrukturen sowie Jahres-, Monats- oder Wochenziele, damit sich die Mitarbeiter daran orientieren können. Hilfreich ist zudem eine gewisse familiäre Einbindung sowie das Interesse am privaten Wohl der Mitarbeiter. Gerade in der Landwirtschaft zählt auf Dauer nicht der höchste Lohn, sondern auch das Betriebsklima und der Umgang miteinander sowie eine positive Grundeinstellung.
Mehr Arbeit durch Stroh
Diese Punkte sind auch vor dem Hintergrund des gesellschaftspolitisch gewünschten Umbaus der Tierhaltung wichtig. Schließlich bedeutet die Umstellung auf höhere Haltungsformen mit Außenklima oder Auslauf nicht nur große Investitionen für die Schweinehalter. Die neuen Stallsysteme dürften – vor allem in Verbindung mit Einstreu – mit mehr Arbeit verbunden sein, erklärte Dr. Karl-Heinz Tölle von der ISN-Projekt GmbH.
Deshalb müsse möglichst schnell die Kernfrage der Branche beantwortet werden: Wer bezahlt die höheren Kosten für mehr Tierwohl? Denn das aktuelle, von der Bundesregierung geplante Förderprogramm könne zwar eine interessante Unterstützung für einzelne Betriebe sein. Breitenwirkung für die Masse der Schweinehalter sei von der „Tierwohlmilliarde“ eher nicht zu erwarten.
Umso wichtiger ist eine möglichst effiziente Erzeugung und optimale Vermarktung der Schweine, gab Wolfgang Meier vom Stalltechnikanbieter Meier-Brakenberg zu bedenken. Sein Unternehmen hat in den vergangenen Jahren etliche Ideen zur Arbeitserleichterung und Produktionsverbesserung entwickelt. Dazu gehören Einweichanlagen, Einzeltierwaagen und Stallkühlungstechnik, aber auch Auswertungsprogramme zur Optimierung von Verkaufsgewicht und Vermarktungsart.
Bei den derzeitigen Ferkel- und Futterkosten sowie einer nur leicht schlechteren Futterverwertung in der Endmast lohnt es sich laut Meier für etliche Mäster, die Tiere etwas schwerer zu verkaufen. Falls möglich, sollte dabei außerdem von der Autofom-Vermarktung auf die Bezahlung nach FOM-Systematik gewechselt werden.
Lesen Sie mehr: