Minutenlangen Applaus und etliche sichtlich gerührte Gesichter gab es in der Hessenhalle Alsfeld. Dort verabschiedeten die Rinderzüchter ihren langjährigen Vorsitzenden Horst Kaisinger.
Nach mehr als 30 Jahren ehrenamtlicher Arbeit für die Zucht- und Besamungsunion Hessen (ZBH) bzw. den Hessischen Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht (HVL) stellte sich der Landwirt aus Willingshausen-Wasenberg im Schwalm-Eder-Kreis nicht mehr zur Wahl.
Zu seinen Nachfolgern wählten die Gremien der beiden Organisationen Manfred Uhrig aus Sulzbach als Vorstandsvorsitzenden der ZBH sowie Bernd Hohmann aus Wächtersbach als Vorsitzenden des HVL. Künftig wird die Führung der beiden eng verbundenen Organisationen also auf mehrere Schultern verteilt.
Verdienste um Berufsstand
Zur Verabschiedung waren neben vielen (ehemaligen) Weggefährten auch der Präsident des Hessischen Bauernverbandes (HBV), Karsten Schmal, sowie Georg Geuecke als Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Rind und Schwein (BRS) gekommen.
Sie würdigten Kaisingers großen Verdienste um den Berufsstand und die Nutztierhaltung. Der scheidende Vorsitzende habe sich stets mit ganzer Kraft konstruktiv und geradlinig für die Belange der heimischen Bauernfamilien eingesetzt. Die Mitbestimmung der Praktiker in Zuchtfragen war ihm immer wichtig, ebenso der enge Bezug zur bäuerlichen Basis.
Schließlich verstehen sich sowohl die Zucht- und Besamungsunion, als auch der HVL als Dienstleister für die Mitgliedsbetriebe. Deren Zahl wird jedoch stetig kleiner, wie HVL-Geschäftsführerin Dr. Sonja Kleinhans und ZBH-Geschäftsführer Jens Kirch berichteten.
So gab es 2022 in Hessen noch etwas mehr als 122 600 Milchkühe (–1,8 %), von denen 109 000 Tiere aus 1330 Betrieben (–71) an der Milchkontrolle teilnahmen und 78 630 im Herdbuch eingetragen waren. Die Durchschnittsleistung der MLP-Kühe lag bei 8936 kg/Jahr bei 4,13 % Fett und 3,43 Eiweiß.
Neben den Milchrassen kümmert sich der Zuchtverband um eine wachsende Zahl an Fleischrindern. Von diesen sind fast 6100 Kühe im Herdbuch eingetragen. Die Zahl der Mutterkühe liegt hessenweit mittlerweile bei fast 42 000.
Besamungen rückläufig
Dagegen geht die Zahl der Besamungen dem Strukturwandel folgend zurück. Wie Jens Kirch berichtete, hat die Qnetics GmbH als operatives Tochterunternehmen der hessischen und thüringischen Rinderzuchtverbände im vergangenen Jahr innerhalb des Verbandsgebietes rund 331 400 Spermaportionen (–3,8 %) im Wert 5,7 Mio. € verkauft (–1,3 %). Außerhalb ihres Gebietes setzte Qnetics weitere 149 500 Besamungstuben (–12,6 %) im Wert von etwa 834 000 € ab (–23,8 %).
Im Bereich der Zuchtviehvermarktung gab es 2022 mit 904 in Alsfeld aufgetriebenen Tieren eine regelrechte Renaissance der Auktionsvermarktung (+50 %). Der Ab-Hof-Verkauf ging um 668 auf 2542 Tiere zurück. Exportiert wurden knapp 3600 Tiere (–31 %), von denen 96 % in andere EU-Länder und nur noch 4 % in Drittländer wechselten.
Finanziell haben beide Organisationen das vergangene Jahr erfolgreich beendet. Die ZBH hat hauptsächlich mit Vermietung und Verpachtung 1,1 Mio. € umgesetzt und einen Jahresüberschuss von rund 205 000 € erzielt.
Der HVL erreicht bei fast 5,8 Mio. € Umsatz einen Jahresüberschuss von 315 000 €. Dieser resultiert aber zum Großteil aus einem Sondereffekt: Der Verband hat 2022 sein Tochterunternehmen ABCG verkauft. Die Agrar-Beratungs- und Controll GmbH ist im Bereich der Zertifizierung und Kontrolle tätig.
Neben dem anfangs beschriebenen Wechsel des Vorsitzenden standen turnusmäßige Wahlen an: Thomas Wicke wurde als ZBH- und als HVL-Vorstandsmitglied wiedergewählt. Andreas Mötzung wechselt vom Aufsichtsrat in den Vorstand von ZBH und HVL. Sein Mandat übernimmt Gabriel Heister. Ferner wurde Alfred Ackermann als ZBH-Aufsichtsratsmitglied bestätigt. Für Peter Kömpel gehört künftig Mario Walther dem Kontrollgremium an.
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