Ob eine Spargelstange kerzengerade ist oder leicht krumm, das ist dem Gaumen egal. Dennoch greifen Verbraucher an der Gemüsetheke in der Regel zuerst zu den geraden, makellosen Stangen. Manchmal landen die Stangen mit den kleinen Schönheitsfehlern am Ende des Tages sogar in der Tonne. Anders ist das bei den meisten Direktvermarktern. Sie haben kreative Ideen entwickelt, wie sie ihre Produkte vor der Tonne bewahren können.
Günstige Hofsortierung
„Wir kriegen allen Spargel, der geerntet wird, auch verkauft“, sagt Theresa-Marie Pelka vom Cassenshof in Inzmühlen in der Nähe von Hamburg. Spargelstangen mit optischen Mängeln, zum Beispiel krumme Stangen oder solche mit aufgeblühten Köpfen oder kleinen rostigen Stellen, bietet der Betrieb als Hofsortierung an. Dieser Spargel kostet etwa 40 % weniger als die erste Sortierung. Haben die Stangen mehr rostige Stellen, wird er geschält und ebenfalls zu einem etwas reduzierten Preis angeboten.
Ähnlich handhabt der Betrieb es bei allen anderen Gemüse- und Obstprodukten aus den Sortiment. Was nicht im Hofladen verkauft wird, kommt am Ende des Tages in eine gemischte Kiste. Diese geht in die Hofküche und wird dort verarbeitet. Dabei handelt es sich ausschließlich um einwandfreie Ware, betont Theresa-Marie Pelka. Welke Salate oder matschige Tomaten werden auch hier nicht verwendet.
In der Hofküche kochen die Mitarbeiter zum Beispiel Eintöpfe, Suppen oder Konfitüren. Dafür lässt sich auch Obst und Gemüse mit kleinen Schönheitsfehlern verwenden. Außerdem wird hier für die Mitarbeiter und in der Spargelzeit auch für die Erntehelfer gekocht.
Lebensmittelabfälle gibt es auf dem Cassenshof kaum. Die Menge schwankt abhängig von der Jahreszeit. Im Winter können maximal 5 % der Produkte nicht verwertet werden. Im Sommer ist es mit rund 10 % etwas mehr, weil es dann mehr Salat gibt, der schnell verwelkt.
Reste verarbeiten
Weggeworfen wird auch in Papes Gemüsegarten in Braunschweig fast nichts. Wenn sich Lebensmittel gar nicht mehr verwerten lassen, kommen sie als Grünabfälle aufs Feld und gelangen so in den Kreislauf zurück, erklärt Mareike Puls, die den Betrieb zusammen mit ihrem Mann Olaf betreibt. Das kommt aber selten vor.
Wenn vom Spargelverkauf etwas übrig bleibt, friert sie den frischen Spargel ein. So kann sie auch außerhalb der Spargelzeit das begehrte Gemüse anbieten. Spargelstangen mit kleinen Schönheitsfehlern oder sehr dünne Stangen, sogenannte Strippen, werden geschält und als Suppenspargel, verpackt in 500-g-Beuteln, zum Verkauf angeboten. „Das läuft gut“, sagt Mareike Puls. Zum Teil kochen sie und ihre Mitarbeiter daraus auch selbst Spargelsuppe und bieten diese im Laden zum Verkauf an.
Auch andere Gemüsearten macht sie haltbar, indem sie Reste einfriert oder einkocht. Aus übrig gebliebenen Tomaten beispielsweise bereitet sie gelegentlich eine Tomatensoße zu. Diese füllt sie in Einmachgläser. Aus Erdbeeren stellt sie Erdbeersaft her und aus überschüssigen Zwetschgen entsteht ein leckeres Zwetschgenmus. All diese Produkte lassen sich gut im Hofladen verkaufen.
Kostenlose Zugabe
„Manchmal geben wir den Kunden auch Produkte mit kleinen Makeln als Zugabe zum Einkauf dazu“, sagt Mareike Puls. Oder sie stellt eine Schale mit Produkten zweiter Wahl direkt an die Kasse und bietet sie dort zum halben Preis an.
Etwas schwieriger ist es bei leicht verderblichen Waren, wie Milch oder Sahne. Wenn solche Produkte noch einwandfrei sind, im Laden aber nicht mehr verkauft werden können, stellt Familie Puls diese den Mitarbeitern kostenlos zur Verfügung.
So ticken Verbraucher
Wie lassen sich Obst und Gemüse trotz kleiner Schönheitsfehlern verkaufen? Dieser Frage ist die Universität Kassel nachgegangen. Das überraschende Ergebnis: Viele der befragten Konsumenten nahmen optische Auffälligkeiten nicht als Makel wahr, sondern eher als Zeichen von Natürlichkeit und einer biologischen Produktion. Für suboptimale Produkte erwarteten sie im Durchschnitt allerdings einen Preisnachlass von 30 %. Ein interessantes Detail: War die Kiste mit suboptimalen Äpfeln und Möhren voller als die daneben mit optisch einwandfreier Ware, griffen die Kunden häufiger zur B-Ware.
Lesen Sie mehr: