Das Land NRW beendet seine langjährige Zusammenarbeit mit der EnergieAgentur.NRW und setzt stattdessen auf eine neue Landesgesellschaft. Diese Nachricht hat für viel Unmut und Kritik gesorgt – bei Verbänden, Kommunen und auch oder gerade auf dem Land. Denn wer hier Informationen, Ansprechpartner oder Hilfe bei der Projektentwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien Wind, Sonne, Wasserkraft oder Biomasse sucht, kommt bisher kaum um die EnergieAgentur.NRW herum. In engem Schulterschluss arbeitet sie mit der Landwirtschaftskammer zusammen, organisiert Veranstaltungen, berät, vernetzt und unterstützt.
Wie geht es weiter?
Damit ist Ende dieses Jahres Schluss. Die vom Land NRW unter Federführung des Wirtschaftsministeriums (MWIDE) gegründete Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate übernimmt. Sie soll mehr Tempo beim Klimaschutz machen und wird wie Ulf C. Reichardt, der neue Geschäftsführer der Gesellschaft, im Rahmen einer Pressekonferenz sagte, zum „zentralen Treiber“ für die Energiewende und das Erreichen der Klimaschutzziele in NRW werden.
Zum Hintergrund
Die neue Landesgesellschaft „NRW.Energy4Climate“ ist dem Wirtschaftsministerium unterstellt. Ihre Aufgabe ist es, klimafreundliche Technologien in Industrie, Energiewirtschaft sowie im Gebäude- und Verkehrssektor zu etablieren. Unterstützung erhält die Gesellschaft durch in Ausschreibungen gesuchte Kooperationspartner. Zur Finanzierung stellt das Land jährlich bis zu 17 Mio. € zur Verfügung.
NRW.Energy4Climate baut auf der bestehenden Landesgesellschaft IN4Climate auf. IN4Climate bietet nach eigenen Angaben eine Plattform, auf der Industrie, Wissenschaft und Politik gemeinsam innovative Strategien für eine klimaneutrale Industrie erarbeiten. NRW.Energy4Climate soll sich zukünftig aber auch an kleinere Unternehmen, Kommunen, Verbände, Kammern und Bürger richten.
Geschäftsführer der neuen Gesellschaft ist Ulf C. Reichardt. Nach Informationen des WDR wird er jährlich ein Grundgehalt von 200 000 €, eine Altersvorsorge in Höhe von 24 000 € und einen Dienstwagen erhalten. Reichardt war zuletzt Hauptgeschäftsführer der IHK Köln und bekleidete zuvor Managementpositionen bei thyssenkrupp.
Zurzeit befindet sich die Landesgesellschaft im Aufbau. Bis Ende 2022 sollen bei Landesgesellschaft und Kooperationspartnern zusammen rund 100 Vollzeitstellen entstehen. Die aktuell 26 Mitarbeiter der IN4climate.NRW bleiben Beschäftigte der Gesellschaft. Zum Vergleich: Bei der EnergieAgentur.NRW arbeiten zurzeit rund 160 Beschäftigte.
Zusammenarbeit? Unklar!
Wie eine Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaftskammer und NRW.Energy4Climate aussehen soll, ist bisher noch unklar. Die Bitte nach einem Interview mit Reichardt lehnte die Pressestelle des MWIDE ab. Eine schriftliche Anfrage beantwortete die Pressestelle nach rund vier Wochen mit folgenden Worten: „Die Landwirtschaft bleibt weiterhin ein fester Bestandteil der Klimaschutzpolitik der Landesregierung und wird bei NRW.Energy4Climate einen kompetenten Ansprechpartner finden. Bis zum Jahresende übernimmt diese Aufgabe die bisherige EnergieAgentur.NRW. Die NRW.Energy4Climate wird für einen fließenden Übergang sorgen und einzelnen Verbänden, wie der Landwirtschaftskammer, entsprechende Angebote unterbreiten.“
Die Landwirtschaftskammer NRW erklärte auf Nachfrage, dass sie Kontakt zur neuen Landesgesellschaft aufnehmen werde.
Kein höherer Ausbau nötig
Der Schlüssel zur Erreichung der Klimaschutzziele liegt, so Wirtschaftsminister Prof. Andreas Pinkwart (FDP), neben den Sektoren Wohnen und Verkehr insbesondere bei der Industrie. Ein Beispiel sei der Umbau der Energieversorgung von thyssenkrupp auf Wasserstoff. Bis zum Jahr 2025 soll eine erste Großanlage zur Wasserstoffproduktion entstehen.
Eine Anhebung der Ausbaupfade für erneuerbare Energien über die bisherigen Ziele der Landesregierung hinaus hält Pinkwart dabei nicht für notwendig. Und das, obwohl er, wie er selbst sagt, von einem insgesamt steigenden Energiebedarf (Strom) ausgeht.
„30 Jahre Provisorium“
Das Ende der 30-jährigen Zusammenarbeit mit der EnergieAgentur begründet Pinkwart damit, dass sich die ambitionierten NRW-Klimaziele nur mit einer schlagkräftigen und flexiblen Organisation und mit „mehr Nähe zur Landesregierung“ erreichen ließen. Die bisherige Zusammenarbeit erforderte alle sechs Jahre eine erneute Ausschreibung und sei nur „ein Provisorium, das inhaltlich und vergaberechtlich auf wackeligen Beinen stand“.