Dass Batteriespeicher funktionieren, ist unumstritten. Mit ihrer Hilfe lässt sich zuverlässig eigenerzeugter Photovoltaik (PV-)Strom für sonnenarme Zeiten einlagern. Doch leider ist die Investition kein Selbstläufer.
„Ob sich ein Batteriespeicher rechnet oder nicht, kommt auf den Einzelfall an“, sagt Clemens Garnhartner, Photovoltaikexperte beim C.A.R.M.E.N. e. V. in Straubing. Denn die Bedingungen vor Ort wie etwa Strompreis, Einspeisevergütung und Stromverbrauch sind einfach zu unterschiedlich. Was bei der Planung aber (fast) das Wichtigste ist: Speicher und PV-Anlage müssen zum Betrieb passen. Denn was hilft ein Speicher, wenn zum Beispiel der größte Strombedarf im Winter besteht, zu Zeiten zu denen die PV-Anlage noch nicht einmal genug Strom für den direkten Verbrauch liefert?
Individuell entscheiden
Vor der Entscheidung für oder gegen einen Batteriespeicher sollten Investitionswillige also ihren eigenen Stromverbrauch im Laufe der Zeit, also den eigenen Lastgang, kennen. „Wird der Strom zu zwei Melkzeiten morgens und abends benötigt oder läuft ein Melkroboter 24 Stunden am Tag? Ist der Strombedarf im Sommer oder Winter höher? Mit anderen Worten: Wie viel PV-Strom lässt sich im Betrieb überhaupt selbst nutzen und wie viel kann ein Batteriespeicher beitragen?“, fragt Garnhartner.
Lastgangsmessungen
Lastgangsmessungen zumindest an ausgewählten Einzeltagen im Sommer und im Winter, aber auch in den Übergangszeiten können für einen groben Überblick helfen. Aussagekräftiger sind aber Zahlen über einen längeren Zeitraum – am besten über ein ganzes Jahr. Dazu lassen sich eigene Zähler einbauen. Mithilfe moderner Zähler erfassen aber auch die Energieversorger den Stromverbrauch ihrer Kunden im 15-Minuten-Takt. Diese Daten kann jeder bei seinem Energieversorger erfragen. Um das umfangreiche Datenmaterial auswerten zu können, haben manche Energieberater bzw. Fachfirmen eine spezielle Software. Erst mithilfe eines aussagekräftigen Lastgangs lässt sich die geeignet Größe von Eigenverbrauchs-PV-Anlage und Speicher ermitteln.
Die Preise für Batteriespeicher liegen heute je nach Technologie und Speichergröße zwischen 800 und 1200 €/kW. Tendenziell, so der Experte, sinken die Speicherkosten mit steigender Anlagengröße. Des Weiteren ist die Wirtschaftlichkeit von Speichern besser, je niedriger die PV-Einspeisevergütung ist. „Interessant können Speicher auch sein, wenn sich mit ihrer Hilfe teure Lastspitzen brechen lassen oder sie eine Notstromfunktion bieten“, sagt der Experte weiter.
Mit anderen Worten: Eine Batteriespeicherlösung von der Stange gibt es (leider) nicht. Gefragt sind individuelle Lösungen.
Das gilt es zu beachten
Hilfreich ist in allen Fällen eine kompetente Beratung. Dabei kann es sinnvoll sein zu hinterfragen, wer die Beratung durchführt und ob dabei auch tatsächlich die individuellen Begebenheiten vor Ort sowie die individuellen Verbräuche eine Rolle spielen. Zudem können folgende Tipps helfen:
- Für die richtige Speichergröße gibt es bei Eigenheimen eine Faustformel: pro 1000 kWh jährlichem Stromverbrauch 1 kWh Speicher. Betriebsleiter sollten sich – wie oben beschrieben – am Lastgang orientieren.
- Die Kapazität eines Speichers gibt in kWh an, wie viel Strom ein Speicher speichern kann.
- Die Be- bzw. Entladeleistung gibt an, mit welcher Geschwindigkeit der Speicher geladen bzw. geleert werden kann. Eine ausreichend hohe Leistung ist notwendig, wenn der Speicher helfen soll, Lastspitzen zu brechen. Ist die Leistung zu gering, kann womöglich der Eigenverbrauch niedriger ausfallen.
- Welche PV-Anlagen sind bereits vorhanden? Sind neue Anlagen geplant? Lassen sich bestehende Volleinspeiseanlagen auf Überschusseinspeisung umstellen?
- Wie hoch ist die Einspeisevergütung? Ihre Höhe entscheidet mit über die Kosten des Speicherstroms. Schließlich könnte der Strom ja auch verkauft werden.
- Nicht nur die PV-Anlage, sondern auch der Batteriespeicher sollte rechtzeitig beim Netzbetreiber angemeldet werden.
- Wie sieht ein passendes Messkonzept aus? Diese Frage lässt sich nur mithilfe eines Fachmanns beantworten. Das Messkonzept muss zu den individuellen Ansprüchen passen und mit dem Netzbetreiber abgestimmt sein.
- Am weitesten verbreitet sind Lithium-Ionen-Akkus. Es gibt aber auch andere Technologien.
Haltbarkeit und Speicherkapazität
- Nach Angabe von Garnhartner halten Speicher rund 15 Jahre. Zum Beispiel Staub oder zu große Kälte oder Hitze können die Haltbarkeit senken. Neben den Standortbedingungen kommt es aber in erster Linie auf die Nutzungshäufigkeit an. Deshalb wird die Haltbarkeit von Batteriespeichern in Vollentladezyklen angegeben. Klassische Speicher sind meist auf 5000 bis 7000 Zyklen ausgelegt. Gezählt wird dabei tatsächlich nur jede vollständige Entladung.Im Laufe der Lebenszeit sinkt die Speicherkapazität. Garnhartner geht davon aus, dass nach 15 Jahren im Schnitt noch 70 % der Nutzkapazität vorhanden sind.
- Der Gesamtwirkungsgrad eines Speichers liegt etwa bei 90 %. Lädt man also 1 kWh in den Speicher, können 0,9 kWh entladen werden.
- Vergessen Sie nicht zu rechnen. Stromspeicher können wirtschaftlich sein, müssen es aber nicht.
Und die Wirtschaftlichkeit?
Nicht in allen Fällen rechnen sich Batteriespeicher. Manche Quellen gehen von Kosten für Speicherstrom von rund 40 Ct/kWh aus. Andere rechnen mit rund 14 Ct/kWh. Vergleichbar oder gar allgemeingültig sind die Werte nicht. In der Praxis sollte jeder individuell rechnen. Gut kalkulierbar sind
- die Investitionskosten inklusive Installation und Meßkonzept,
- Fördergelder,
- Kosten für Wartung, Reparatur und Versicherung,
- Erzeugungskosten für den Photovoltaik-Strom,
- die entgangene Einspeisevergütung,
- Kosten für den Stromverlust, der durch das Speichern entsteht und
- die Verzinsung.
Schwieriger kalkulierbar, aber für die Einschätzung entscheidend sind
- die zukünftige Entwicklung der Bezugsstrompreise,
- die sinkenden Kosten durch die Kappung von Stromspitzen sowie
- die Strommenge, die durch den Speicher fließt und dann eben nicht aus dem Netz zugekauft werden muss.
Schwer bis gar nicht finanziell bewertbar ist neben der erreichten Autarkie auch der Wert der Notstromversorgung.
Fördermöglichkeiten und Marktübersicht
Einen Überblick über Fördermöglichkeiten bzw. eine Marktübersicht finden Sie hier:
www.wochenblatt.com/foerder-navi
www.carmen-ev.de
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