Ländlicher Raum

Ein Plan fürs Mittelgebirge

Perspektiven für Tierhaltung, Wald und Klimaschutz: Vier Organisationen aus NRW wollen die Betriebe im Mittelgebirge stärken.

Mittelgebirge mit Wald und Grünland prägen weite Teile Nordrhein-Westfalens. Die Bevölkerung schätzt dieses gewachsene Landschaftsbild. Es liegt in der Verantwortung der Familienbetriebe der Land- und Forstwirtschaft, die diese Flächen bewirtschaften und davon leben. Doch das wird immer schwieriger. Die Betriebe brauchen eine Perspektive. Deshalb haben der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband, der Rheinische Landwirtschafts-Verband, der Waldbauernverband NRW sowie die Familienbetriebe Land und Forst NRW einen Maßnahmenplan erstellt, den sie heute vorstellen.

Leistungen honorieren

Die Mittelgebirgslagen haben viel Dauergrünland. Es ist die Futtergrundlage von Wiederkäuern und nur so für die menschliche Ernährung nutzbar. Im Mittelgebirge dominieren die Milchvieh- und Mutterkuhhaltung sowie die Aufzucht von Jungrindern. Weidetiere bereichern nicht nur die Landschaft und fördern die Biodiversität, sondern sind auch eine wichtige Maßnahme für mehr Tierwohl. Ohne Weidehaltung würde Grünland gerade bei starker Hangneigung verbuschen. Hinzu kommen artenreiche Säume, die als Rückzugsräume für Insekten dienen. Allerdings vergüten die Marktpreise diese Leistungen nicht mehr. Deshalb ist eine Förderung dieser gesellschaftlich gewünschten Landwirtschaft erforderlich. Die Politik sollte die Förderung von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen, des Ökologischen Landbaus sowie von Tierschutzmaßnahmen stärken und anpassen. Möglich wäre, eine Anreizkomponente einzuführen, die nicht nur zusätzliche Kosten oder entgangene Erzeugung vergütet. Zugleich sollte die Förderung der Weidehaltung auch Mutterkühe sowie Schafe und Ziegen umfassen. Die Haltung auf Stroh sollte auch in Zukunft über die Zweite Säule förderfähig sein. Das Land NRW sollte die Finanzierung der Ausgleichszulage für landwirtschaftliche Betriebe in benachteiligten Gebieten dauerhaft sicherstellen, ebenso wie einen künftig vollständigen Ausgleich der Bewirtschaftungsnachteile. Zudem sollte die Ausgleichszulage künftig wieder stärker auf das Grünland ausgerichtet sein. Bagatellgrenzen bei Fördermaßnahmen sollten so gewählt werden, dass möglichst viele Betriebe teilnehmen. Zugleich sollten möglichst viele Flächen in der Bewirtschaftung bleiben.

Auflagen mit Augenmaß

Auflagen aus dem Umwelt- und Naturschutzrecht steigern oft die Produktionskosten. Für kleine und mittlere Betriebe, die die Agrarstruktur im Mittelgebirge dominieren, bedeutet dies meist überproportional höhere Kosten. Daher sollten Politik und Verwaltung bestehende oder geplante Auflagen stärker auf ihre Verhältnismäßigkeit prüfen. Dies gilt für den Bau von Ställen und die Lagerung von Silage und Wirtschaftsdüngern, aber auch für die Düngung. Hier ist es unerlässlich, die Dokumenta­tion bei Weidegang möglichst einfach zu halten. Zudem müssen für Mittelgebirgsregionen Ausnahmen bei den Vorgaben zur bodennahen Aufbringung von Wirtschaftsdüngern geprüft werden.

Grünland umwandeln

Dauergrünland genießt einen weitreichenden Schutz. Der Klimawandel und die Dürrejahre gefährden die Futterversorgung in den Grünlandregionen. Für eine regionale Lebens- und Futtermittelerzeugung ist in Mittelgebirgslagen zusätzliche Ackerfläche nötig, um beispielsweise die Futtergrundlage zu erweitern oder Produkte zur Direktvermarktung anzubauen. In aus­geprägten Grünlandregionen be­reichern Ackerkulturen Biodiversität und Landschaftsbild. Landwirte, die die Möglichkeit der Grünlandumwandlung nutzen wollen, sollten den Bedarf mit nachvollziehbaren Kriterien (etwa Futterbedarf, Betriebsdiversifizierung) nachweisen müssen. Ziel ist eine maßvolle Lockerung des Dauergrünlandumbruchverbots.

Wertschöpfung Wald

Ein wichtiger Erwerbszweig ist im Mittelgebirge die Forstwirtschaft. Doch das Einkommen aus der Waldbewirtschaftung ist in vielen Betrieben langfristig gefährdet: Trockenheit und Naturereignisse haben dem Wald großen Schaden zugefügt, der sich etwa im massiven Befall des Borkenkäfers zeigt. Folge: großes Angebot an Holz und niedrige Verkaufserlöse. Waldbesitz bedeutet vielfach nun eine enorme wirtschaftliche Belastung, weil die Kosten für die Wiederaufforstung deutlich gestiegen sind. Auch der nachgelagerte Bereich der Holzwirtschaft leidet. Daher überlegen viele Betriebe, einen Teil der geschädigten Waldflächen nicht wieder zu bewalden. Dies kann durch die Umwandlung in landwirtschaftliche Fläche erfolgen. Dazu sind Kompensationsverpflichtungen für die Waldumwandlung erforderlich. Dies umfasst, dass die Kompensation auch durch ökologische Aufwertung bestehender Waldflächen möglich ist. Darüber hinaus bieten Schadflächen im Wald die Möglichkeit, diese für den Naturschutzausgleich bei der Eingriffsregelung zu nutzen. Der nötige Ausgleich sollte durch eine ökologische Aufwertung solcher Schadflächen möglich sein. Große Chancen für den Klimaschutz und die Menschen vor Ort bieten Bäuerliche Bürgerwindenergiekonzepte mit Blick auf den Wald. Grundgedanke: Waldbauern entwickeln und planen mit der Kommune mögliche Windenergieflächen. Das sind gerade Standorte auf den von Dürre und Borkenkäfern geschädigten Waldflächen. Mit den Erlösen lässt sich die Wiederaufforstung finanzieren und die Flächen können langfristig gesichert werden. Die Waldbauern sind dabei auch Mitbetreiber und erzielen nachhaltig Einkünfte aus den Windenergie­anlagen. Zusätzlich können sich die Bürger vor Ort beteiligen.

Klimaleistung vergüten

Waldbewirtschaftung ist aktiver Klimaschutz. Denn Wälder sind eine bedeutende Kohlenstoffsenke, da Kohlenstoff in Bäumen und Waldböden langfristig gebunden ist. Diese Leistung ist für den Klimaschutz und die gesteckten Klimaschutzziele unverzichtbar. Es fehlt jedoch an einer ausreichenden Honorierung. Daher ist eine Vergütung der Senkenleistung nötig.