Steigende Strompreise und Klimaschutz. Es gibt gute Gründe, über den Bau einer Photovoltaik-Dachanlage nachzudenken. „Schafft der Betreiber es, genug des erzeugten Stroms selbst zu verbrauchen, dann rechnet sich die Investition“, sagt Nils Seidel, Photovoltaik (PV)-Experte der Landwirtschaftskammer NRW. Der Bau einer reinen Einspeiseanlage lohnt zurzeit jedoch in aller Regel nicht.
Beispiel EEG-Förderung
Ein Beispiel (siehe Übersicht 1): Angenommen eine PV-Anlage mit einer installierten Leistung von 50 kWp und einem jährlichen Stromertrag von 47.000 kWh wurde im Januar 2022 in Betrieb genommen. Die EEG-Vergütung, also die über 20 Jahre festgelegte Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), liegt dann bei 6,38 Cent je eingespeister kWh Strom. Das summiert sich bei Volleinspeisung auf einen Ertrag von 61.235€.
Da die Kosten für die Anlage (980€/kWp, Vollfinanzierung über 10 Jahre; Zinssatz 1,1%) und die laufenden Kosten für Wartung, Messstellenbetrieb, Steuerberatung und Versicherung jedoch insgesamt über 74.000€ betragen, macht der Betreiber dieser Anlage innerhalb der 20-jährigen Laufzeit insgesamt knapp 13.000€ Verlust. Die Verzinsung liegt bei minus 2,1%. Da muss niemand lange überlegen: Die Einspeiseanlage rechnet sich nicht.
Anders bei Eigenverbrauch: Im Beispiel ist nun angenommen, dass bei gleicher Anlagengröße, gleichem Ertrag und gleichen Kosten ein Eigenverbrauch von 25.800 kWh pro Jahr möglich ist. „Dann sinkt zwar der Einspeiseerlös auf knapp 28.000€. Demgegenüber steht bei einem Strompreis von 22 Cent/kWh aber eine Ersparnis beim Bezugsstrom von insgesamt rund 133.000€“, rechnet Seidel weiter. Der Gewinn nach 20 Jahren liegt bei gut 86.000€, die Verzinsung bei 11,7%. Das rechnet sich.
Beispiel BLE-Förderung
Ein zweiter Weg, eine wirtschaftliche Dachanlage zu bauen, kann über das Bundesprogramm zur Förderung der Energieeffizienz und CO2-Einsparung in der Landwirtschaft und im Gartenbau der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) gehen. Mit diesem Programm fördert die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Investitionen, die zu einer Einsparung bei den CO2-Emissionen in landwirtschaftlichen oder Gartenbaubetrieben führen. Die gleichzeitige Inanspruchnahme von BLE- und EEG-Förderung ist nicht möglich.
Die BLE-Förderung erfolgt in Form eines Investitionszuschusses (900 €/t CO2-Einsparung, höchstens 40% des Investitionsvolumens). Knackpunkt ist also auch hier die Höhe des möglichen Eigenverbrauchs. Um die CO2-Einsparung und damit die gezahlte Förderung zu berechnen, ist das Gutachten eines bei der BLE-gelisteten Sachverständigen nötig. Überschussstrom darf in Direktvermarktung ins Netz eingespeist werden. Die Menge des mithilfe der geförderten Anlage erzeugten Stroms darf den Verbrauch bilanziell nicht übersteigen. Das Programm ermöglicht auch die Förderung von Windenergie. Solarthermie, Geothermie, Wärmepumpe, Speicher, Heizkessel und Biogasanlage.
Im oben genannten Beispiel „EEG-Förderung mit Eigenverbrauch“ verändert sich Folgendes: Die Investitionssumme sinkt durch die Förderung um rund 17.000€. Im Gegenzug steigen durch die notwendige Direktvermarktung des Überschussstroms die Kosten. Der Gewinn liegt nach 20 Jahren bei knapp 66.000€. Die Verzinsung beträgt 12,1% und die Amortisationsdauer 8,6 Jahre.
„Im Beispiel lässt sich also weder für die EEG- noch für die BLE-Förderung ein Vorteil ausmachen. Jeder muss für sich selbst rechnen und entscheiden. Eine Rolle kann zum Beispiel die Erwartung über die zukünftige Entwicklung der Strompreise spielen. Bei der BLE-Förderung ändern diese ja auch auf der Vermarktungsseite den wirtschaftlichen Erfolg. Zu beachten ist auch, dass die Bewilligung der BLE-Förderung bis zu 1,5 Jahre dauern kann“, sagt Seidel.
Natürlich sind die drei Rechnungen nur Beispiele. Betriebsindividuell können die Ergebnisse abweichen. Denn nicht nur der Ertrag der PV-Anlage kann je nach Ausrichtung der Anlage, Neigung des Daches und Globalstrahlung am Standort abweichen. Auch die Kosten von Anlage und Installation sind natürlich keine allgemeingültigen Festpreise. Betriebsindividuell sind selbstverständlich auch die Strommengen, die in den Eigenverbrauch fließen können (siehe auch „Den Eigenverbrauch steigern“). Wie hoch der eigene Eigenerzeugungsanteil sein kann, lässt sich abschätzen, indem man über das gesamte Jahr hinweg die im Tagesablauf erzeugte Strommenge mit dem Verbrauch vergleicht. Hilfreich hierbei sind Lastgangzähler.
Was bringt die Zukunft?
Insgesamt dauert es von der ersten Planung einer PV-Anlage bis zur Inbetriebnahme mehrere Monate. Handwerker und Module können knapp sein. In dieser Zeit sinkt die EEG-Vergütung.
Für den Sommer hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine Novelle des EEG angekündigt. Ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, sich jetzt zu beeilen, um die neue Anlage nach Vorgaben des EEG 2021 in Betrieb zu nehmen oder ob es besser ist, auf die Novelle zu warten, lässt sich zum heutigen Zeitpunkt nicht beantworten. 
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