Wirtschaftswoche
Das ist eine gelungene Marketingaktion, zweifellos. Ohne große Kampagne verschafft der Rewe-Ableger sich so ein nachhaltiges Image. Ein bisschen verlogen aber ist die Masche dennoch.
Dabei ist gegen die Berechnung der „wahren Kosten“ zunächst kaum etwas einzuwenden. Viel wichtiger ist die Frage, welche Botschaft Aktionen wie die von Penny grundsätzlich vermitteln. Der Konzern wird schon nächste Woche wieder zu den alten, niedrigen Preisen zurückkehren. Und bedient damit letztlich wieder mal das Bild vom sparsamen deutschen Kunden, der einfach nicht bereit ist, für Essen viel Geld auszugeben. Was in der Schlussfolgerung heißen soll, dass den Konzernen wie Penny letztlich die Hände gebunden sind: Solange der Deutsche knausert, können auch sie nicht die Welt retten.
Aber sind es wirklich die Kunden allein, die die richtige Entscheidung treffen müssen? Nein, damit machen die Konzerne es sich zu einfach. Dem Klima nützt es kaum, wenn statt einem Prozent aller Konsumenten plötzlich 1,2% ihre Lebensmittel im Hofladen kaufen. Und umso mehr, wenn die Mindeststandards in der konventionellen Landwirtschaft erhöht werden.
Noch mehr Regeln, mögen Landwirte und Landwirtinnen stöhnen. Ihre Branche leidet schon jetzt unter enormem Preisdruck. Doch das muss nicht so sein. Mehr Nachhaltigkeit ist finanzierbar, nur der Wille der Politik fehlt. Im europäischen Topf für die Landwirtschaft steckt viel Geld, 387 Milliarden für die Jahre 2021 bis 2027, das sind 31% des gesamten EU-Haushalts. Genug, um Europas Landwirte bei der ökologischen Transformation unter die Arme zu greifen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Das Experiment schafft Aufmerksamkeit: Kunden sehen im Supermarkt zwei Preisschilder und auf einem steht der deutlich teurere „wahre Preis“. Das ist sichtbarer als Modelle, die den CO2-Ausstoß je Kilogramm oder den Wasserverbrauch je Liter im Kleingedruckten auszeichnen.
Die Debatte ist in vollem Gange: Denn obwohl vor allem die Produkte teurer werden, je „tierischer“ sie sind, also etwa Wurst oder Milch und Käse, betonen Supermarktkette und beteiligte Wissenschaftler, dass sie keine Schuldzuweisungen anstellen wollen.Das kommt allerdings nicht an, was auch an der plakativen Darstellung liegt. Der Bauernverband ist erzürnt und vermutet ein Greenwashing-Projekt. Auch der Markenverband sieht bloß einen „PR-Stunt“. Die Aktion kann nur ein Debattenanstoß sein, für eine seriöse Rechnung bleiben zu viele Faktoren unberücksichtigt.
Berliner Morgenpost
Kunden der Supermarktkette Penny werden sich diese Woche wohl erst einmal mächtig ärgern. Denn die Preisschilder an einigen Produkten wie Joghurt oder Käse zeigen exorbitant hohe Werte an. Es ist eine Mahnung zum verantwortungsvolleren Umgang mit den natürlichen Ressourcen.
Die „wahren Kosten“ beinhalten auch jene Posten, die sonst verborgen bleiben. Dazu gehört zum Beispiel die Beseitigung von Umweltschäden durch die landwirtschaftliche und industrielle Produktion. Diese Kosten werden sonst entweder von den Steuerzahlern übernommen oder erst einmal durch Nichtstun auf die nächsten Generationen verlagert. Letzteres ist der übliche Weg.
Es sind die nachwachsenden Generationen, die für diese Versäumnisse aufkommen müssen. Wer das bestreitet, lügt sich nur in die eigene Tasche.
Focus
Die „Wahre Kosten“-Kampagne von Penny mag auf den ersten Blick als ein lobenswerter Schritt in Richtung Nachhaltigkeit erscheinen, doch bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass es sich hierbei um einen simplen Marketing-Gag handelt.
Ein Blick auf die beworbenen Produkte im aktuellen Prospekt zeigt, dass viele Produkte zum Ramschpreis verkauft werden. Darunter etwa Entenschenkel und Schweinebauch. Das steht im klaren Widerspruch zu dem, was Penny eigentlich mit seiner Werbekampagne „Wahre Preise“ bewirken will.
Neue Osnabrücker Zeitung
Die Aktion ist nicht nur nicht neu, sie ist auch in etwa so mutig wie jemand, der sich auf einen Marktplatz in Deutschland stellt und bekundet, er sei grundsätzlich für Frieden. Ja, wer denn nicht? Wer nicht gerade den Klimawandel leugnet, hat ein Interesse daran, ihn aufzuhalten. Und ja, die Lebensmittelindustrie ist ein relevanter Faktor. Aber das Kundeninteresse bewirkt bisher ganz offensichtlich nicht, dass in den Regalen keine klimaschädlichen Produkte mehr liegen. Daran wird auch ein temporär teureres Wiener Würstchen nichts ändern.
Der Discounter tritt einmal mehr als Oberlehrer auf, der meint, seine Kunden erziehen zu müssen. Wirklich mutig wäre es, alle Produkte dauerhaft für den angeblich wahren Preis zu verkaufen und mit dem Erlös klimafreundliche Projekte zu fördern. Oder das Unternehmen könnte seine Marktmacht nutzen und nur noch bei regionalen Anbietern einkaufen. Aber das wird Penny wohl nicht wagen.
Stattdessen werden nun wohl neun Produkte eine Woche lang unangetastet im Regal liegen – um in der Folgewoche dann mit Rabatt verkauft zu werden? Hoffentlich wird die Ware anschließend wenigstens nicht sinnlos entsorgt.
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