Die EU-Kommission hat beschlossen, dass es auch im Jahr 2024 Ausnahmen der verpflichtenden Stilllegung im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geben wird. Diese regelt die Kommission mit einer sogenannten Durchführungsverordnung, die sie am Dienstag dieser Woche beschlossen hat.
Eigentlich sind Landwirte, die GAP-Gelder erhalten wollen, dazu verpflichtet, 4 % ihres Ackerlandes stillzulegen. Das regelt der GLÖZ-Standard 8 (guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand von Flächen). Laut der Ausnahme für das Jahr 2024 können Landwirte GLÖZ 8 erfüllen, indem sie auf 4 % ihrer Ackerflächen
- Brachen anlegen und/oder
- Leguminosen anbauen und/oder
- Zwischenfrüchte anbauen.
Zwischenfrüchte und Leguminosen müssen Landwirte ohne Einsatz von Pflanzenschutzmitteln anbauen. Einen geringeren Gewichtungsfaktor für Zwischenfrüchte gibt es nicht. Den hatte die EU-Kommission in einem vorherigen Vorschlag zur Ausnahme bei der Stilllegung vorgesehen.
Das sieht der nachgebesserte Kommissionsvorschlag vor
Am Mittwoch vergangener Woche hatte die EU-Kommission die Vorgaben für die nicht produktiven Flächen aus dem GLÖZ-8-Standard der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) für 2024 nochmals aufgeweicht. Der nachgebesserte Vorschlag sieht vor, dass 2024 Zwischenfrüchte und Leguminosen auf nur noch 4 % der Ackerfläche ausreichen sollen, um die Vorgabe der nicht produktiven Flächen (GLÖZ 8) zu erfüllen. Zuvor hatte die Kommission dafür noch einen Flächenanteil von 7 % veranschlagt. Sowohl bei den Leguminosen als auch bei den Zwischenfrüchten sollen allerdings keine Pflanzenschutzmittel verwendet werden dürfen. Auch der ursprünglich für die Zwischenfrüchte verlangte Gewichtungsfaktor von 0,3 ist im neuen Kommissionsvorschlag auf den Faktor 1 geändert worden. Das bedeutet, dass die vollen 4 % Zwischenfrüchte zur Erfüllung von GLÖZ 8 reichen. Ein 100-ha-Betrieb müsste also nur 4 ha Zwischenfrüchte ohne Pflanzenschutz anbauen und hätte dann GLÖZ 8 bereits erfüllt. Zuvor hätte ein solcher Betrieb 23 ha Zwischenfrüchte gebraucht.
Anstatt verpflichtend 4 % ihres Ackerlandes stillzulegen, könnten Landwirte dann auf 4 % ihres Ackerlandes:
- „nicht produktive“ Bereiche (Stilllegung/Brache) anlegen und/oder
- Leguminosen anbauen und/oder
- Zwischenfrüchte nach der Hauptfrucht etablieren.
Landwirte müssten sich nicht für eine der Maßnahmen entscheiden, sondern können sie kombinieren.
Betroffen von den Änderungen wären auch die freiwilligen Ökoregelungen. Diese können Landwirte nämlich bislang nur dann beantragen, wenn sie die GLÖZ-Standards wie Stilllegung (GLÖZ 8) oder Fruchtwechsel (GLÖZ 7) einhalten. In Deutschland betreffen die Änderungen vor allem die Ökoregelung 1a (Aufstockung der nicht produktiven Flächen über 4 %). Die sieht vor, dass Landwirte für alle Flächen, die über die verpflichtende Brache hinausgehen, eine höhere Prämie erhalten. So können Betriebe in Deutschland mit mehr als 10 ha Ackerland für einen ganzen Hektar zusätzliche Brache eine Prämie von 1300 €/ha beantragen.
Bisher galt das nur für die Brache, die über den verpflichtenden Anteil von 4 % Stilllegung an der Ackerfläche hinausgeht. Mit den Änderungen der EU-Kommission könnten Betriebe die Prämie aber auch einstreichen, wenn sie die GLÖZ-8-Vorgaben mit Zwischenfrüchten erfüllen.
Ohne Mehrheit der Länder
Die EU-Kommission traf ihre Entscheidung ohne die Rückendeckung der Mitgliedstaaten. Die verpassten am Freitag vergangener Woche eine qualifizierte Mehrheit für die Vorschläge der EU-Kommission.
Vorausgegangen war, dass die EU-Kommission ihren ursprünglichen Vorschlag mehrmals kurzfristig geändert hatte. Ursprünglich hatte sie vorgeschlagen, dass Landwirte anstatt 4 % ihres Ackerlandes stillzulegen auf 7 % ihres Ackerlandes Leguminosen oder Zwischenfrüchte anbauen können.
Umsetzung noch unklar
Ob und wie Deutschland die Ausnahme umsetzen wird, ist noch unklar. Bei der letzten Abstimmung über den Vorschlag in der vergangenen Woche hatte sich Deutschland enthalten. Laut Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir war dies „die Quittung für den aktuellen Zick-zack-Kurs der Kommission“. Die wiederholt nachgebesserten Vorschläge der Kommission seien laut Özdemir „kein gutes Politikhandwerk“. Die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen hatte die deutsche Enthaltung als Votum gegen die heimische Land- und Ernährungswirtschaft kritisiert. „Es ist zu hoffen, dass die EU-Kommission trotzdem die Aussetzung der Stilllegungsverpflichtung auf den Weg bringt“, so Gorißen Ende vergangener Woche. Dies hat die Kommission nun getan.
Die Mitgliedstaaten, die die Ausnahmen nutzen wollen, müssen der Kommission innerhalb von 15 Tagen – bis zum 29. Februar – melden, wie sie diese umsetzen.