Niederlande: Schüsse bei Demonstration von Landwirten

Heerenveen: Nach ausschreitenden Protesten einiger Landwirte auf der Autobahn hat die Polizei am Dienstagabend Schüsse abgegeben.

Die Demonstrationen niederländischer Bauern gegen die Stickstoffpolitik der Haager Regierung eskalieren weiter und haben jetzt eine neue Dimension erreicht: Offenbar hat die Polizei nun auch ihre Waffen genutzt und Schüsse abgegeben.

Am Dienstagabend versuchten Demonstranten nach Polizeiangaben auf der Autobahnausfahrt A32 bei Heerenveen mit einem Schlepper in Polizeibeamte und Dienstfahrzeuge zu fahren, berichten niederländische Medien. Die Beamten hätten zunächst Warnschüsse abgegeben und dann gezielt geschossen. Verletzt worden sei niemand. Drei Personen seien verhaftet worden. Nun ermittle die Kriminalpolizei in dem Fall.

Videos in den sozialen Medien

In den Sozialen Medien kursieren Fotos und Videos von dem Vorfall. In einem der Videos sind Beamte zu sehen, die mit gezogenen Waffen auf der Straße stehen, als ein Traktor an einer Polizeisperre vorbeifährt. Dann sind Schüsse zu hören. In dem Clip ist nicht zu sehen, dass der Traktor auf die Beamte zufährt. Außerdem veröffentlichte die Bauernprotestbewegung Agractie ein Foto von einem Schlepper mit einem Einschussloch an einer Fahrerkabinenstrebe.

Friedlich gestartet, schnell eskaliert

Die Bauernproteste waren vor etwa zwei Wochen friedlich gestartet. Ende vergangener Woche begann die Eskalation. Medienberichten zufolge errichteten die Demonstranten Autobahnblockaden an der Grenze zu Niedersachsen, türmten auf Straßen Heuballen auf und setzten diese in Brand oder entluden Gülle und Mist in der Innenstadt. Auch Polizeiautos wurden beschädigt. Landesweite Demonstrationen verursachten lange Staus. Am vorigen Donnerstag durchbrachen Demonstranten eine Polizeisperre vor dem Privathaus von der für Natur und Stickstoff zuständigen Ministerin Christianne van der Wal. Die Polizei sprach von einer „neuen Dimension der Gewalt“. Laut Medienberichten war die niederländische Farmers Defence Force (FDF) an den Protesten beteiligt.

Anfang dieser Woche dann die nächste Eskalationsstufe: Die Landwirte blockierten Zufahrten zu den großen Lagern der Supermärkte mit Traktoren. Die Lastwagen hatten keine Chance, das Lager zu verlassen. Allein am Montag waren mehr als 20 Distributionszentren der großen Supermarktketten betroffen, berichtet der WDR. Am Dienstag setzten die Demonstranten die Blockaden fortgesetzt.

Tierhalter bangen um Existenz

Auslöser der Proteste sind neue Regierungspläne. Diese sehen vor, dass landesweit regional unterschiedliche Stickstoffleitziele und Verringerungsvorgaben festgelegt werden, die in Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten zwischen 12 % und 70 % reichen. Davon wären vor allem Tierhalter betroffen. Für bis zu 30 % könnten die Pläne das Aus bedeuten.

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