Die Vorsteuerpauschale soll doch auf 8,4 % sinken, die Tarifglättung nur eingeschränkt gelten, keine Risikoausgleichsrücklage: Das Jahressteuergesetz verärgert Landwirte – weil es das Agrardiesel-Aus kaum ausgleicht.
Das Bundesfinanzministerium hat den Referentenwurf zum Jahressteuergesetz 2024 vorgelegt – und bekommt für die Inhalte scharfe Kritik vom Deutschen Bauernverband: „Aus Sicht der Landwirtschaft darf es nicht bei diesem steuerrechtlichen Placebo bleiben. Hier muss noch massiv nachgebessert werden“, sagt Präsident Joachim Rukwied.
In drei Schritten auf 0 Cent
Zur Erinnerung: Die Ampelregierung streicht die Steuerrückerstattung auf Agrardiesel schrittweise:
- Für Diesel, den Landwirte bis zum 29. Februar 2024 zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken verbraucht haben, können sie 21,48 Cent/l erstattet bekommen.
- Vom 1. März 2024 bis zum 31. Dezember 2024 sinkt die Steuerentlastung auf 12,89 Cent/l.
- Für das Wirtschaftsjahr 2025 beträgt die Steuerentlastung nur noch 6,44 Cent/l.
- Im Jahr 2026 entfällt das Agrardieselverfahren komplett.
Ampel bewegt sich wenig
Die Bundesregierung rechnet dadurch mit Steuereinnahmen von jährlich rund 453 Mio. €. Nach den massiven Protesten der Land- und Forstwirte hatte sie auch steuerliche Entlastungen für die Branche in Aussicht gestellt – unter anderem die Beibehaltung des Pauschalierungssatzes von 9 %, die Wiedereinführung der Tarifglättung sowie die Prüfung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage. Doch davon ist im Entwurf des Jahressteuergesetzes (Stand: 27. März) wenig bis nichts zu finden.
WLV: Anhebung der Vorsteuerpauschale angezeigt
Die Regierung pocht auf eine Absenkung des Umsatzsteuersatzes für pauschalierende Betriebe von 9 auf 8,4 %. Die Änderung soll direkt ab dem Tag gelten, an dem das Gesetz verkündet wurde. Das lehnt der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) ab. Zum einen, weil die Änderung des Steuersatzes im laufenden Jahr und dann vermutlich erneut zu Jahresbeginn 2025 sowie zu Jahresbeginn 2026 eine riesige Bürokratie bedeuten würde. Und zum anderen, weil der WLV den ermittelten Pauschalierungssatz ohnehin für „verfälscht“ hält.
„Schon nach dem aktuellsten statistischen Material ergibt sich, dass die Vorsteuerbelastung der Betriebe bis 600.000 € Umsatz im Kalenderjahr höher ist als 9,0 %. Im Schnitt der Jahre 2019 bis 2021 lagen laut Statistik die Umsätze für den Wirtschaftszweig Landwirtschaft, Jagd und verbundene Unternehmen pro Betrieb bei 188.000 € und die sektorale Vorsteuerbelastung bei rund 25.000 €, sodass statt einer Absenkung eine Anhebung der Vorsteuerpauschale auf mindestens 12,0 % angezeigt wäre“, sagt Steuerberater Arno Ruffer.
Kommt die Tarifglättung zurück?
Die Ampel plant, die Tarifglättung rückwirkend zum 1. Januar 2023 wieder einzuführen. Allerdings: Sie soll nicht unbefristet, sondern nur für zwei jeweils dreijährige Betrachtungszeiträume gelten und somit Ende 2028 erneut auslaufen. Und: Nach derzeitigem Stand sollen nicht alle Betriebe profitieren. Juristische Personen sind ausgeschlossen.
Den Entlastungseffekt durch die Tarifglättung schätzt die Ampel auf rund 50 Mio. € pro Jahr. Interessant ist, dass die Ampel die Wiedereinführung der Tarifglättung vor allem damit begründet, dass Landwirtschaft stärker als andere Branchen mit den Folgen des Klimawandels zu tun haben – aber nicht als Kompensation für das Agrardiesel-Aus. Steuerexperten halten den Effekt der Tarifglättung ebenfalls für eher gering. Grundsätzlich begrüßt der WLV aber, dass die Tarifglättung wieder kommen soll.
Keine Risikoausgleichsrücklage vorgesehen
Der Entwurf sieht auch keine Risikoausgleichsrücklage vor. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte Anfang des Jahres angekündigt, deren Einführung zu prüfen. Daneben vermisst Steuerberater Ruffer weitere angekündigte Entlastungen wie die Anhebung der Sonderabschreibungsmöglichkeiten. Sinnvoll wäre aus seiner Sicht auch, in Anlehnung an die neue Buchführungsgrenze von 800.000 € auch die Pauschalierungsgrenze von 600.000 auf 800.000 € anzuheben.
Noch handelt es sich um einen regierungsinternen Gesetzesentwurf, die Veröffentlichung könnte im Laufe des Frühjahrs erfolgen. Vermutlich dürfte das Bundeskabinett über den Regierungsentwurf noch vor der Sommerpause beraten. Fachleute gehen davon aus, dass sich dann die Beratungen im Deutschen Bundestag bis in den Herbst 2024 hinziehen.
Lesen Sie mehr: