Flächenstilllegung

Stilllegung mit Ausnahmen

Das bisherige Hin und Her bei der Stilllegungsverpflichtung lässt Landwirte wie Berater ratlos zurück, doch langsam wird klar, wie es gehen soll.

Bund und Länder haben sich für das Jahr 2023 auf Ausnahmen zu Fruchtwechsel und Stilllegung geeinigt. Mittlerweile liegt ein Entwurf der Verordnung vor, der die Ausnahmen genauer beschreibt. Darüber soll der Bundesrat am 16. September abstimmen. Da die Herbstaussaat ansteht, beschreiben wir vorab, was Bund und Länder für kommendes Jahr planen:

Kein Fruchtwechsel

Die Fruchtwechsel-Regelung (GLÖZ Nr. 7 – Guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand) wird für das Jahr 2023 nicht angewandt, das heißt, die Regelungen zum Fruchtwechsel gelten erst ab 2024. Ein Anbau von Stoppelweizen ist demnach möglich und auch Mais in Selbstfolge darf 2023 angebaut werden. Ab 2024 wird allerdings die Fruchtwechsel-Regelung wieder schlaggenau gelten.

Für Ackerbaubetriebe ist dies in der Regel kein Problem. Milchviehbetriebe und Biogasanlagenbetreiber sollten deshalb aber nicht zu viel Mais in Selbstfolge anbauen. Ein vorheriger Zwischenfruchtanbau ist zum Beispiel nur im Rahmen des Greenings oder in roten Grundwasserkörpern notwendig.

Stilllegung mit Ausnahmen

Die Flächenstilllegung wird 2023 nicht ausgesetzt. Allerdings wird die Regelung zur Flächenstilllegung (GLÖZ 8) für den Anbau von bestimmten Kulturen freigegeben. Demnach kann die Konditionalitätenbrache auch erfüllt werden, indem auf den Brachflächen Getreide, Leguminosen oder Sonnenblumen angebaut werden. Körnermais zählt dabei ausdrücklich nicht zum Getreide und Sojabohnen zählen nicht zu den Leguminosen. Auch dürfen auf den Brachflächen keine Zuckerrüben, Kartoffeln, Gemüse, Raps oder Gehölze zum Kurzumtrieb angebaut werden.

Eine wichtige Einschränkung gibt es im bisherigen Gesetzestext bezüglich alter mehrjähriger Stilllegungsflächen: Brachen, die sowohl im Jahr 2021 als auch 2022 bereits stilllagen, dürfen nicht wieder in Produktion genommen, wenn man die Freigabe zur Erzeugung nutzen möchte. Betriebe, die auch nur ­eine mehrjährige Brache umbrechen, müssen im Jahr 2023 die 4%-Konditionalitätenbrache ohne Erzeugung tatsächlich erfüllen.

Nach bisherigem Stand fallen da­runter die Flächencodes 590, 591, 594 und 595. Flächenfaktoren, wie wir sie bislang aus dem Greening kennen, gibt es nicht mehr. Unsicher ist noch die Stellung von ÖVF-Pufferstreifen (Code 56). Alte Brachen aus Agrarumweltmaßnahmen (AUM) fallen laut aktuellem Verordnungsentwurf nicht darunter und könnten umgebrochen werden.

Stilllegungen lassen sich auch gut als Pufferzone zu angrenzenden empfindlichen Kulturen nutzen. (Bildquelle: Dr. Böcker)

Ein generelles Umbruchverbot von mehrjährigen Altbrachen besteht nicht. Durch die Einschränkung bei der Produktionsfreigabe werden aber in den meisten Fällen die bestehenden Brachen als Konditionalitätenbrache ohne Produktion 2023 fortgeführt werden.

Was müssen Antragsteller beachten?

Antragsteller müssen im Jahr 2023 auch weiterhin die 4%-Konditionalitätenbrache erfüllen. Sie können aber alle Ackerflächen, auf denen Getreide-, Leguminosen- und Sonnenblumen angebaut werden, als Konditionalitätenbrache mit Erzeugung angeben, sofern diese Flächen nicht 2021 und 2022 stillgelegt waren. Waren Flächen bereits 2021 und 2022 stillgelegt, können sie natürlich ebenfalls als Konditionalitätenbrache geltend gemacht werden – dann jedoch ohne Erzeugung.

Die Freigabe der Konditionalitätenbrache zur Produktion ist dabei als eine freiwillige Option formuliert, die man wahrnehmen kann, aber nicht muss. Zum Status Quo (= Erbringung von 4 % Brachflächen) wird aus Sicht des Gesetzgebers somit niemand schlechter gestellt, sondern alle besser oder zumindest gleich.

Entweder Konditionalität oder freiwillig

Wenn im Betrieb Flächen für die Konditionalitätenbrache 2023 der Erzeugung dienen, ist eine gleichzeitige Teilnahme an der freiwilligen Stilllegung im Rahmen der Ökoregelung im Jahr 2023 nicht möglich. Diese Einschränkung beinhaltet auch die Anlage von Blühstreifen und -flächen im Rahmen der Ökoregelungen. Wer also 4 % tatsächliche Konditionalitätenbrache hat, der kann auch weitere Flächen im Rahmen der Ökoregelungen stilllegen (z. B. ein 5. Prozent der Fläche mit einer Prämie von 1300 €/ha). An den Stilllegungsprogrammen im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen und des Vertragsnaturschutzes kann auch weiterhin teilgenommen werden.

Hinsichtlich der Umsetzung dieser Regelungen im nächstjährigen Antragsverfahren werden Antragsteller ihre Konditionalitätenbrachen mit und ohne Erzeugung im Flächenverzeichnis kennzeichnen. Es ist zu prüfen, ob mindestens 4 % der Ackerfläche als Stilllegung vorhanden ist, auch wenn auf der Fläche zum Beispiel Getreide angebaut wird. Die Prüfung, ob eine Fläche 2021 und 2022 bereits stillgelegt war, hat flächenscharf unabhängig vom Bewirtschafter zu erfolgen, das heißt, auch bei einem Bewirtschafterwechsel bleibt der Status der Stilllegung 2021 und 2022 für eine Fläche erhalten.

Fünf Betriebsbeispiele

Da die Regelungen kompliziert ausgestaltet sind, haben wir einige Betriebsbeispiele vorbereitet, die genauer auf verschiedene Einzelfälle eingehen:

Betrieb 1 – Keine mehrjährige Stilllegung 2021 und 2022 vorhanden, Greening bislang komplett über Zwischenfrucht:

Der Betrieb muss 2023 keine Flächen stilllegen, sondern kann auf den geplanten Konditionalitätenbrachen Getreide, Leguminosen oder Sonnenblumen erzeugen.

Betrieb 2 – Mehrjährige Brachen 2021 und 2022 auf 1 % der Ackerfläche; Flächen nicht umgebrochen:

Der Betrieb sollte die mehrjährigen Stilllegungen auch 2023 weiterhin stilllegen. Damit erfüllt er 1 % der Konditionalitätenbrache. Die übrigen 3 % der Konditionaiätenbrache können mit Erzeugung von Getreide, Leguminosen oder Sonnenblumen erfüllt werden.

Alternativ könnte der Betrieb auch weitere 3 % der Flächen als Brache ohne Erzeugung stilllegen.

Betrieb 3 – Mehrjährige Brachen 2021 und 2022 auf 1 % der Ackerfläche; Flächen bereits umgebrochen:

Wenn mehrjährige Brachen für die Herbstaussaat umgebrochen wurden, muss der Betrieb die Konditionalitätenbrache ohne Erzeugung 2023 tatsächlich auf 4 % der Fläche erfüllen. Es besteht laut des bisherigen Verordnungsentwurfs keine Möglichkeit, eine Ersatzfläche bereitzustellen. Allein ein Pflegeumbruch mit anschließender Neuansaat der begrünten Brache wäre nach den geltenden Vorschriften in diesem Herbst möglich! Da Brachen häufig mehrjährig stillliegen, dürfte es sich bei vielen Betrieben auch um einen solchen Pflegeumbruch mit Nachansaat gehandelt haben – auch um die 4 % in den kommenden Jahren zu erfüllen.

Betrieb 4 – Mehrjährige Stilllegung 2021 und 2022 auf 5 % der Ackerfläche, davon 3 % ÖVF- und 2 % AUM-Brache; bislang keine Flächen umgebrochen:

Der Betrieb sollte die bestehenden ÖVF-Brachen auf 3 % der Ackerfläche auch weiterhin stilllegen und als Konditionalitätenbrache ohne Erzeugung anrechnen. Das übrige Prozent zur Erfüllung der Konditionalitätenbrache könnte ­eine Fläche mit Erzeugung von ­Getreide usw. sein. Die bisherigen 2 % AUM-Brachen könnten in neue AUM-Programme oder in Konditionalitätenbrachen umgewandelt werden. Auch könnten die AUM-Brachen umgebrochen werden, sofern der Vertrag ausläuft.

Der Betrieb könnte auch die bestehenden ÖVF-Brachen durch die Neueinsaat einer Blühmischung in eine fünfjährige geförderte AUM-Brache umwandeln, sofern ein Grundantrag gestellt wurde. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass zum Jahr 2024 die 4%-Konditionalitätenbrache ohne Erzeugung erbracht werden muss. Diese sollten in der Flächenplanung berücksichtigt werden.

Betrieb 5 – Mehrjährige Stilllegung 2021 und 2022 auf 5 % der Ackerfläche, davon 3 % ÖVF- und 2 % AUM-Brache; bereits ein Teil umgebrochen zur Herbstaussaat 2022:

Falls der Betrieb eine Fläche mit dem Nutzungscode 590, 591, 594 oder 595 (Ackerland aus der Erzeugung genommen oder Brachen mit Honigpflanzen) umgebrochen hat, müsste dieser die 4%-Konditionalitätenbrache ohne Erzeugung erfüllen. Diese könnte sich aus der übrigen Brachfläche im Betrieb zusammensetzen (egal ob bislang ÖVF oder AUM). Kommt der Betrieb durch den Umbruch mit den übrigen Flächen nicht mehr auf die 4%-Konditionalitätenbrache ohne Erzeugung, müsste der Betrieb zusätzliche Brachen anlegen.

Der Bundesrat stimmt am 16. September über die Verordnung ab. Somit haben Sie bald Planungssicherheit für das kommende Jahr. Die wichtigste Empfehlung ist, auf den Umbruch von mehrjährigen Altbrachen mit den Nutzungscodes 590, 591, 594 und 595 zu verzichten. Es sei denn, Sie haben auch nach dem Umbruch noch mehr als 4 % Brachflächen im Betrieb.

Die Stellung von ÖVF-Pufferstreifen (Nutzungscode 56) muss noch final geklärt werden. Bejagungsschneisen und Brachen von auslaufenden Agrarumweltmaßnahmen können laut Entwurf der Verordnung umgebrochen werden. Sie könnten aber auch in neue Agrarumweltmaßnahmen umgewandelt werden oder bereits planerisch zur Stilllegung im Jahr 2024 dienen.

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