Den meisten Landwirten ist es egal, auf welcher Art und Weise sie ihre pflanzenbaulichen Probleme lösen. Die Hauptsache ist, es funktioniert. Gerade für eine anspruchsvolle Frucht wie die Kartoffel probieren offene, konventionelle Anbauer auch bewährte Rezepte aus dem Ökobereich auf den eigenen Flächen. Deshalb war auf der Fachmesse "Potato Europe" das "Special: Treffpunkt Ökokartoffeln" gut besucht. Besonders die kommentierten Vorführungen zur Hack- und Streigeltechnik fanden großen Anklang.
Nur mit Vorkeimen
Heinrich Grefe gab als langjähriger Biokartoffelanbauer in einem Podiumsgespräch seine reichhaltige Erfahrung weiter. Grefe (59) aus Wätzum in der nördlichen Hildesheimer Börde hat seinen Betrieb 2001 auf die biologische Wirtschaftsweise umgestellt. 2008 hat er sich mit fünf Gleichgesinnten zur BioBördeland zusammengeschlossen. Die Gemeinschaft bewirtschaftet insgesamt 360 ha, auf 65 ha wuchsen 2018 Kartoffeln. Die GbR vermarktet die Ernte an Biogroßhandel, Lebensmittelverarbeiter oder direkt.
Grefe berichtete auf der Fachmesse auch von herben Rückschlägen. Das nasse Jahr 2007 war so ein Fall, als er nur Drillinge ernten konnte.Deshalb lässt er die Pflanzkartoffeln für mittlerweile 25 ha von 65 ha gesamt intensiv vorkeimen.
Besonders die Sorte Belana ist dafür sehr dankbar. Sie kommt normalerweise sehr langsam aus dem Boden. Aber mit dem Vorkeimen verschafft der Kartoffelexperte ihr einen Vorsprung von etwa zwei Wochen.
Grefe verspricht sich davon nicht nur einen gleichmäßigen Feldaufgang mit im Herbst ausgeglichener Sortierung, sondern auch einen besseren Gesundheitsstatus der Kartoffeln. Das so erzielte frühe physiologische Altern der Kartoffelpflanze verringert die Empfindlichkeit für Krautfäuleinfektionen. Gleichzeitig sinkt die Attraktivität für den Kartoffelkäfer und andere Schadinsekten.
Hacken und Striegeln
Grefe legt sehr viel Wert auf ein akkurates Pflanzen der Kartoffeln. Nur so kann er sicher sein, dass er mit der mechanische Unkrautbekämpfung gut Erfolge erreicht. Eine Handhacke ist seiner Meinung nach für Kartoffeln viel zu teuer. Ein gleichmäßiger Bestand mit frühen Bestandsschluss unterdrückt von allein viel Unkraut. Durch die vermehrten Durchfahrten rieselt aber etwas mehr Erde von den Dämmen, dadurch liegt der Anteil an grünen Knollen bei 2 - 3 %.
Dauerthema Krautfäule
Um die Schäden durch Krautfäule zu begrenzen, setzt Grefe auf das Vorkeimen und auf den Einsatz von Kupfer. Er startet mit der ersten Behandlung, bevor die Kartoffeln die Bestände schließen, und setzt es zwei- bis dreimal pro Saison ein.
Die Trockenheit in diesem Jahr hat die Entwicklung der Krautfäule verhindert. Allerdings hat der Ansatz wegen der Hitze sehr gelitten, sodass die wenigen Knollen etwas größer ausgefallen sind. Trotz mehrmaliger Beregnung war es aber nicht möglich, die Erträge zu halten
Rhizoctonia, Drahtwurm
Probleme mit Rhizoctonia versucht Grefe durch den Einkauf von befallsfreiem Pflanzgut zu verhindern. Bisher ist ihm das gut gelungen. Ein Beizen des Pflanzgutes mit Chemie ist verboten.
Der Drahtwurm bereitet dem Biobauern bisher auf seinen Flächen keine großen Sorgen. Berater berichten aber in dem Zusammenhang, dass einige Biobetriebe ihr Getreide in einem Reihenabstand säen, der den Einsatz von Hackmaschinen ermöglicht. Das mehrmalige Hacken des Getreides behindert die Eiablage durch den Schnellkäfer, das Muttertier des Drahtwurms, das reduziert die Populationsentwicklung effektiv.
Vermarktung benötigt Lager
Nach Einschätzung von Grefe sind einträgliche Verkaufspreise nur zu erzielen, wenn ausreichend große Lagerkapazitäten einen Verkaufszwang direkt in der Ernte verhindern. So kann er seine Kunden, Großhändler, regionale Vermarkter oder die Direktvermarktung, ganzjährig Qualitätsware anbieten. So lassen sich die einzelnen Segmente optimal verwerten.
Berater betonten ausdrücklich, dass Umsteller ihre Lager nur dann für Bioware weiter benutzen können, wenn diese bisher nie mit Chlorpropham zur Verlängerung der Keimruhe begast worden sind.
Lebewesen im Boden aktivieren
Biolandwirte sind noch mehr als ihre konventionellen Kollegen davon abhängig, dass das Bodenleben in Ordnung und sehr aktiv ist. Um die bewährten ackerbaulichen Maßnahmen zu unterstützen, setzen alternativ wie herkömmlich wirtschaftende Ackerbauern vermehrt Biostimulantien ein, um damit die Fruchtbarkeit ihrer Böden zu steigern oder um den Gesundheitsstatus ihrer Pflanzen zu verbessern.
Diese Stoffe sollen nicht nur entsprechend ihres Nährstoffgehaltes wirken, sondern beeinflussen z.B. die Rotte so positiv, dass dadurch vorhandene Nährstoffe aus im Boden vorhandener organischen Substanz pflanzenverfügbar werden. Die für diese natürlichen Vorgänge notwendigen Bodenlebewesen sind dort in der Regel vorhanden, die Biostimulantien sollen deren Entwicklung in einem Ausmaß fördern, dass sich spürbare Effekte einstellen. Die Anwender solcher Produkte gehen davon aus, dass sie den Kohlenstoffkreislauf im Boden aktivieren und in der Folge der Humusgehalt langsam ansteigt.
Seriöse Anbieter der Biostimulantien, lassen die Wirkung ihrer Produkte von unabhängigen Stellen überprüfen. Der Industrieverband Agrar hat eine eigene Abteilung mit festen Regeln für diesen Bereich gegründet, um in dem wachsenden Markt für Verlässlichkeit zu sorgen.