Die Session ist rekordverdächtig kurz. Schon am 14. Februar ist Aschermittwoch und damit bekanntlich alles vorbei. Noch mehr sputen müssen sich die Narren in Ottmarsbocholt im Kreis Coesfeld. Hier rollt schon am Sonntag, 4. Februar, der Karnevalsumzug durchs Dorf. Folglich freuen sich Marion und Philipp Beckhove als Prinzenpaar auf einen mit vielen Festen vollgepackten Januar.
„Die Stalldienste an den Sonntagen sind schon verteilt“, berichtet der 51-jährige Agraringenieur und langjährige Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Ortsverbands lachend. Die Beckhoves bewirtschaften einen Betrieb im südlichsten Zipfel des Dorfes. Sie mästen Schweine und Hähnchen und setzen zusätzlich auf regenerative Energien mit Photovoltaik und Biogas. Zwei Mitarbeiter und drei Auszubildende sorgen mit dafür, dass alles läuft – auch in der anstehenden Karnevalszeit.
Im Karneval steht Otti-Botti Kopf
Zum Karneval zieht es die Familie schon seit Jahrzehnten ins Dorf. Der Umzug in „Otti-Botti“ ist einer der bekanntesten im Münsterland. Marion und Philipp Beckhove bilden seit 20 Jahren mit Freunden eine Fußgruppe. „Wenn man in Ottmarsbocholt groß wird, dann wird man mit dem Karneval groß“, erklärt Philipp Beckhove. Fast alle 3700 Einwohner gehören zu einer der sieben „Karnevalsecken“, die reihum das Prinzenpaar stellen. Vom Ortskern aus ziehen sich diese jeweils wie Tortenstücke bis an die Ortsgrenzen. Die Beckhoves sind Mitglieder der „Ecke Neustraße“, gemeinsam mit Alteingesessenen und Neu-Ottmarsbocholtern aus dem Dorf, einem Baugebiet und den Bauerschaften.
Ende März vergangenen Jahres klopfte die Findungskommission bei den Beckhoves an. „Wir haben nicht sofort Hurra geschrien“, berichtet Philipp Beckhove. Aber dann gaben sie sich doch schnell einen Ruck. „Es ist einfach eine Ehre, gefragt zu werden“, sagt er und nennt einen weiteren Grund: Die drei Kinder Isabell, Katharina und Leonard sind mit 20, 18 und 15 Jahren mittlerweile so groß, dass sie auch mitfeiern können.
„Vom äußersten Zipfel zum närrischen Gipfel"
Inzwischen stecken die Beckhoves mitten in den Vorbereitungen für die Session. Im Dezember haben sie bei einem Kostümverleih in Ahlen ihre Outfits abgeholt. Gerade arbeiten sie an den Reden für die vielen Auftritte. Die Herausforderung: Gereimt müssen sie sein. Das war auch schon die Antrittsrede bei der Prinzenvorstellung Ende November. „Vom äußersten Zipfel zum närrischen Gipfel“, titelten die beiden.
„Wir sehen es als unsere Mission, Alteingesessene und Neuzugezogene durch den Karneval zusammenzuführen“, betont Marion Beckhove. Deshalb gehören zum Elferrat aus der „Ecke“ auch Paare, die sie bisher nur vom Sehen kannten. Im September trafen sich alle zum Kennenlernen auf dem Hof.
Ottmarsbocholter Spezialitäten
Nach und nach steigen nun die einzelnen Eckenfeste, dann folgen das Prinzenwiegen, die Proklamation und kurz vor dem Umzug die Schlüsselübergabe am „Jallermann“, dem Karnevalsmaskottchen auf dem Dorfplatz. Am Tag zuvor gibt’s noch eine Ottmarsbocholter Spezialität. Beim „Eiersammeln“ ziehen die Narren von Haus zu Haus und verkaufen ihre Karnevalszeitung. Am Tag nach dem Umzug stehen Besuche bei der Gemeinde, in der Grundschule und in den Kindergärten an.
„Am meisten freuen wir uns auf den Umzug“, erklärt Marion Beckhove. Gemeinsam mit „ihrer Ecke“ bauen die Beckhoves seit August den Prinzenwagen, der am 4. Februar als Letzter durch Otti-Botti rollen wird. Parallel rattern die Nähmaschinen für die zum noch geheimen Thema passenden Kostüme. Tausende Papierrosen werden den Wagen schmücken. Gezogen wird er wie alle anderen von einem Oldtimer-Traktor. Denn statt großer Trecker sollen die liebevoll gestalteten Karnevalswagen die Blicke auf sich ziehen.
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