Auf den ersten Blick scheint es ein Widerspruch zu sein: Madeleine Henze steht an der Spitze einer Bruderschaft. Die 29-Jährige führt als Brudermeisterin die Schützen in Marienmünster-Löwendorf im Kreis Höxter. Seit inzwischen vier Jahren.
In die Wiege gelegt
Damals 2020 wählten die Mitglieder der St. Patrokolus Schützenbruderschaft sie auf den Posten – einstimmig. Es gab keinen Gegenkandidaten und Madeleine Henze trat die Nachfolge ihres Vaters Rolf an. In dem Dorf mit seinen 220 Einwohnern ist und war es kein Thema, dass erstmals eine Frau den Verein leitet.
Denn die junge Frau wuchs mit dem Schützenwesen auf. Ihr Vater führte 20 Jahre mit Unterbrechung den Verein. Schon als Kind begleitete Madeleine Henze ihre Eltern auf Schützenfeste in der Umgebung und half früh beim Fest im Dorf, das alle zwei Jahre stattfindet. Doch nicht nur das Feiern überzeugte die junge Frau, sondern vor allem die Bedeutung der Schützenbruderschaft für den Ort, in dem es nur drei Vereine gibt. „Die Schützen stehen für den Zusammenhalt im Dorf“, betont sie. Vom Kinderkarneval bis zum Seniorennachmittag bieten sie für alle Generationen etwas an. Mittlerweile liegt ein erfolgreiches Schützenfest unter ihrer Regie hinter ihnen.
Außerdem ist der Verein Anker für viele ehemalige Löwendorfer. „Sie kommen zur Versammlung und zum Fest zurück“, sagt die Brudermeisterin. Auch sie lebt seit dem Studium nicht mehr im Dorf. Der Job verschlug die Sozialarbeiterin zunächst ins nahe Niedersachsen. Mittlerweile ist sie in den Kreis Lippe gezogen – etwas näher an das Heimatdorf. Ihre Vorstandsaufgaben hat sie aber nie vernachlässigt. Einmal im Monat trifft sich der zehnköpfige Vorstand. Auch außer der Reihe engagiert sich die Vereinsvorsitzende im Ort. Am Wochenende ist sie fast immer da. Ihr Partner, selbst kein Schütze, respektiert ihr Ehrenamt.
Neues Leben eingehaucht
In die Bruderschaft eingetreten ist Madeleine Henze 2015. Damals hatte der Verein seine Satzung geändert. Während zuvor nur Männer ab 16 Jahren Mitglied werden durften, darf es seitdem jede natürliche Person. Sechs Frauen traten sofort ein. Aktuell sind es 15.
Der damalige Vorstand ging aktiv auf die Mitbürgerinnen zu. Nur so lasse sich auf Dauer die Mitgliederzahl halten, lautete das Hauptmotiv. Für Kassierer Dietmar Haneke passt ein Ausschluss von Frauen nicht mehr in die Zeit. „Wir wollen das ganze Dorf mitnehmen und nicht nur die Hälfte der Einwohner. Der Entschluss hat die Bruderschaft neu belebt“, sagt das langjährige Mitglied.
2018 wählten die Schützen Henze zur stellvertretenden Brudermeisterin. Dieses Amt bekleidet nun die 26-jährige Leonie Tappe. Auf Bezirksebene sind die beiden Frauen eine Ausnahme. Bei Versammlungen ernteten sie zunächst komische Blicke. „Wir hätten nicht gedacht, dass ihr euch das traut“, erinnert sich Henze an die Worte. Viele wollen nun aber wissen, worauf man bei der Satzungsänderung achten müsse.
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