Die Bundesliga wird in diesen Tagen 60 Jahre. Sie startete am 24. August 1963. Vom ersten Tor – geschossen vom Dortmunder Timo Konietzka – gibt es keine Filmaufnahmen. Nur ein Foto der jubelnden BVB-Spieler.
Das Schwarz-Weiß-Bild ist eines von mehr als 450 Fußballfotografien aus knapp 100 Jahren, die noch bis zum 4. Februar 2024 in der Kohlewäsche der Zeche Zollverein in Essen zu sehen sind. Das Ruhrmuseum und das Fußballmuseum in Dortmund spüren mit dieser Fotoausstellung dem Mythos des Fußballs im Revier nach.
Spiegel der Wirtschaft
Die Bilder verdichten den Fußball zwischen Dortmund und Duisburg: im Hintergrund rauchende Schlote und Fördertürme der Zechen, im Vordergrund Männer, die auf Asche und im Schlamm grätschen und Tore schießen. Lange war das Revier das Fußballherz Deutschlands und eng verbunden mit dem wirtschaftlichen Aufstieg und Fall des Ruhrgebiets.
Einst bürgerlich-elitär wurde der Fußball an der Ruhr nach dem Ersten Weltkrieg zum Massenereignis und sport. Die Zechen und Stahlwerke stellten den Arbeitern auf ihren Betriebsgeländen Plätze zur Verfügung und förderten die ansässigen Vereine. Die Spieler entstammten zumeist dem gleichen Milieu wie das Publikum. Legendär wurden Spieler wie Fritz Szepan und Ernst Kuzorra. Kuzorra soll selbst noch unter Tage gearbeitet haben. Gemeinsam mit seinem Schwager Szepan als Herzstück des Schalker Kreisels gewann er in den 1930er- und 1940er-Jahren sechs Mal die deutsche Meisterschaft. Von den Siegerfotos schauen Endzwanziger, deren Gesichter die Maloche früh altern ließ.
Schon damals neigte die Anhängerschaft zur Ekstase mit religiösen Zügen. König Fußball rückte die unterschätzte Region und ihre Bevölkerung bis in die 1960er-Jahre in ein positives Licht.
Parallel zur Bergbaukrise setzte mit Beginn der 1970er-Jahre die Tristesse bei den Ruhrgebietsvereinen ein. Wer kennt heute noch außerhalb des Reviers Westfalia Herne, den STV Horst-Emscher oder den SV Sodingen? Die Teams kickten vor Einführung der Bundesliga in der spielstarken Oberliga West und erreichten die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft. Auch der BVB und etwas später Schalke rutschten erstmals in die zweite Liga ab.
In den 1990ern setzten eine tief greifende Veränderung der Berichterstattung und eine Kommerzialisierung des Profifußballs ein. Der BVB oder Schalke gehörten wieder zu den Topadressen.
Vor allem Schalke bedient sich bis heute der Folklore des Bergbaus. Ihre Jugend bildet der Verein in der Knappenschmiede aus und ins Stadion schreiten die Spieler durch einen Tunnel aus Kohle.
Teil des Kommerzes
Die Ausstellung konfrontiert die alten Schwarz-Weiß-Fotos mit den Hochglanz-Farbaufnahmen moderner Fotoagenturen. In immer höherer Tiefenschärfe zeigen die Fotografien Tore und Zweikämpfe, aber auch die Selbstinszenierung der Spieler. Damit hat die Fotografie einen Anteil an der heutigen Kommerzialisierung des Sports.
Für den Besuch:
Ruhrmuseum, Gelsenkirchener Straße 181, 45309 Essen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag
10 bis 18 Uhr. Preise: Erwachsene zahlen 10 €, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schüler unter 25 Jahren haben freien Eintritt.
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