Rund 40 bemalte Holzklötze baumeln von der Decke. Einige sind bunt, andere filigran bemalt oder glitzern golden. Das soll eine Krippe sein? Das Motto der diesjährigen Krippenausstellung im Relígio in Telgte lautet „Geheimnis der Heiligen Nacht 2.0“. Die Zahlenkombination zum Schluss verweist darauf, dass diese Ausstellung im Grunde ein zweiter Anlauf ist. Im vergangenen Jahr musste sie schon nach drei Tagen schließen, jetztbekommt sie eine zweite Chance.
Das Wunder von Jesu Geburt lässt viele Geheimnisse offen. Und auch einige der Krippen müssen erst entschlüsselt werden. So wie die Holzklötze. Wer genau hinschaut, erkennt die Heilige Familie, eine bunte Maria, einen grob behauenen Josef – der Mann war schließlich Zimmermann – und ein Jesuskind, das eine glatte, blau-goldene Oberfläche hat. Dabei gilt blau im Christentum als himmlische Farbe. Und die golden bemalten Balken, die über der Krippe schweben? Das sind natürlich Engel.
Künstler aller Art
„Unter einer Krippenausstellung stellen sich die meisten Menschen etwas anderes vor“, verrät Museumsleiterin Anja Schöne. Nicht alle Kunstwerke sind so abstrakt wie jene Holzblockkrippe. Auch wer gern klassische Krippen bestaunt, kommt in Telgte auf seine Kosten.
Ein wichtiges Prinzip der Ausstellung: Jeder kann mitmachen. „Es gibt kein gut oder schlecht. Die Laienarbeiten haben eine ganz individuelle, kraftvolle Seite“, betont Anja Schöne. Wie in jedem Jahr haben sich Menschen jeden Alters und mit ganz unterschiedlichen Hintergründen beteiligt. „Im Grunde ist das Ganze jedes Jahr eine Wundertüte“, lacht Schöne.
Krippe aus Geweihstangen
Genauso vielfältig wie die Künstler sind auch die Krippen und die Materialien, aus denen sie gemacht sind. So kann eine Skulptur aus geschmolzenen Plastikverpackungen ebenso gut die Geburt Jesu repräsentieren, wie eine aus Holz oder Lehm.
Selbst abgeworfene Geweihe taugen als Material. Auf die Idee, daraus eine Krippe zu bauen, kamen Martin Brüggemann aus Telgte und seine Tochter Maren. Ihre „Hubertuskrippe“ ist benannt nach dem Schutzpatron der Jagd, dem heiligen Hubertus. Sie besteht fast nur aus Geweihen. Doch anstelle des Jesuskindes liegt ein goldener Schlüssel in der Krippe.
In neuem Licht
Im Jahr 1934 fand die erste Krippenausstellung in Telgte statt. Jedes Jahr gibt es Besonderheiten und Werke, die neue Perspektiven eröffnen. So auch die Skulptur „Schattendasein“, die Jens Henning, Diplom-Designer aus Münster, geschaffen hat. Zunächst scheint der Haufen Metallschrott, aus dem die Installation besteht, wirklich nicht mehr zu sein als Schrott. Wer allerdings dem Licht folgt, entdeckt den Schatten eines Kindes in der Krippe.
Viele Künstler nutzen die Chance, die Geschichte der Heiligen Nacht in neues Licht zu rücken. Aktuelle Themen wie Corona werden ebenso beleuchtet wie die Frage nach der Rolle der Frau. So können die drei Heiligen Könige klassisch aussehen, weiblich sein oder als Gaben Desinfektionsmittel, Kartoffeln und Klopapier bringen. Anja Schöne ist sich sicher: „Das macht die Ausstellung so besonders!“
Informationen für Besucher
Die Krippenausstellung im „Relígio – Westfälisches Museum für religiöse Kultur“ in Telgte (Herrenstraße 1–2) ist noch bis zum 23. Januar geöffnet.
Öffnungszeiten: Dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr, am 25. Dezember und 1. Januar jeweils von 14 bis 18 Uhr. Am 24. und 31. Dezember geschlossen.
Eintrittspreise: Erwachsene 5 €, Kinder und Jugendliche haben freien Eintritt.
Telefon: (0 25 04) 93 1 20
➤ www.museum-religio.de
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