Krank sein früher

Kernseife gegen Karies

Mehl auf Brandwunden? Ja. Zahnbürste zu Hause? Nein. Für Hanne Große Kleimann, geboren im Jahr 1948, war das Alltag. Sie erzählt vom Kranksein und Gesundwerden vor 70 Jahren.

Mit müden Augen und zerwühlten Haaren vor dem Spiegel stehen, die Zahnbürste gezückt: Das ist Alltag in deutschen Badezimmern, zumindest heute. Doch die alltägliche Zahnhygiene ist noch gar nicht so lange selbstverständlich. „Das erste Mal die Zähne geputzt habe ich mir im Teenageralter“, erinnert sich Hanne Große-Kleimann. Sie ist auf einem Hof in Emsdetten im Kreis Steinfurt aufgewachsen und heute 75 Jahre alt. Ihre Kindheit und Jugend fand also in den 1940er- und 1950er-Jahren statt. Hygiene und ärztliche Versorgung hatten einen anderen Stellenwert als heute. „Bei uns aus der Familie hatte nur meine Großmutter eine Zahnbürste“, erzählt Große Kleimann. „Die putzte sich ihre Zähne allerdings mit Kernseife, das hat uns nicht besonders gereizt.“

Bemüht ums Putzen

Die Familie aus Emsdetten war ­damals keinesfalls ein Einzelfall. In einem Wochenblatt-Artikel aus dem Jahr 1967 heißt es: „Auch bei uns (in Deutschland) bemühen sich seit über 10 Jahren verantwortliche Persönlichkeiten der Gesund­heits- und Schulbehörden um das regelmäßige Zähneputzen.“ Dafür erhielten Schulkinder in ­einigen Bundesländern eine Grundausstattung zur Zahnpflege und Hinweise zur Benutzung von ihren Lehrern. „Aber der Erfolg entspricht noch immer nicht den Bemühungen“, heißt es abschließend in dem Artikel.

Damals war es ebenfalls nicht üblich, als Einzelperson jedes Jahr zum Zahnarzt zu gehen....