Es gibt kaum jemanden, der sich zurzeit keine Gedanken macht, wie der Heizungskeller der Zukunft aussieht. Schließlich gehören zum novellierten Gebäude-Energiegesetz (GEG) jede Menge Vorgaben. Bis spätestens 2045 sollen bei jeder Heizung mindestens 65 % erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. Zusätzlich lässt die steigende CO2-Bepreisung Öl und Gas immer teurer werden.
Die alternativen Möglichkeiten sind vielfältig und nicht jede Technik eignet sich für jedes Gebäude. Dabei spielen auch Baujahr und Dämmung eine Rolle.
Aus der Werkstatt in den Wohnraum
Als Alternative bringen Hersteller von Infrarotheizungen ihre Produkte in Stellung. Schließlich firmieren sie als sogenannte „Stromdirektheizung“ und lassen sich grundsätzlich mit 100 % Ökostrom betreiben. Was vor allem aus Werkstätten und Hallen bekannt ist, hält so zunehmend auch in Wohnräumen Einzug. Das Angebot scheint verlockend: Einfach Gerät an Wand oder Decke montieren, den Stecker einstecken und fertig ist die neue Heizung, ganz ohne aufwendige Technik im Keller. Auch Wasseranschluss und Heizungsrohre sind überflüssig, genauso wie ein Schornstein.
So funktioniert die Technik
- Eine Infrarotheizung nutzt das Prinzip der Strahlungswärme. Sie wird mit elektrischer Energie betrieben und sendet langwelli-ge elektromagnetische Strahlen aus. Diese wärmen vergleichbar mit der Sonnenstrahlung. Zuerst wirkt eine Infrarotheizung auf feste und flüssige Stoffe. Diese geben die Strahlungswärme nach und nach wieder ab. Deshalb muss die Heizung nur zeitweise laufen.
- Materialien speichern die Strahlung unterschiedlich gut. Glas lässt die Infrarotstrahlung ungehindert durch, massive Wände, Böden und Möbel sind dagegen gute Speicher. Problem bei Metall: Es absorbiert die Strahlung und gibt sie nicht wieder ab.
- Technisch sind Infrarotheizungen einfach aufgebaut. Meistens handelt es sich um mehrschichtige Platten. Der Heizleiter, ein stromdurchflossener Draht, erwärmt die Frontplatte auf Temperaturen zwischen 75 und 200 °C. Wandheizelemente arbeiten dabei mit niedrigeren Temperaturen als Deckenelemente. Die Frontplatten können die Hersteller mit hitzebeständigen Deko-Folien beschichten. Nach hinten schirmt eine Isolierschicht die Heizung ab, damit Strahlungswärme ausschließlich nach vorne abgegeben wird.
- Ein wichtiges technisches Merkmal ist der Infrarot-Strahlungsanteil. Mindestens 50 % sind Pflicht, viele Modelle erreichen Werte zwischen 60 und 80 %. Infrarotheizungen gibt es mit Leistungszahlen von wenigen bis 2000 Watt. Der Hersteller Vaillant empfiehlt, pro Quadratmeter Wohnfläche 40 bis 80 Watt Leistung zu installieren. Die Familie aus unserem Praxisbeispiel setzt auf Werte von rund 100 Watt, um die Laufzeiten möglichst kurz zu halten.
Das sagt die Verbraucherzentrale
„Wer eine Infrarotheizung hat, muss höllisch aufpassen“, betont Thomas Weber, Energieberater bei der Beratungsstelle Münster der Verbraucherzentrale NRW. Er meint damit vor allem die Stromkosten. Denn: Deren Entwicklung hält er für schwer kalkulierbar und damit auch die Kosten für Betreiber einer Infrarotheizung. Er stellt folgende Beispielrechnung an:
- Für einen Komplettumstieg auf Infrarotheizung in einem durchschnittlichen Einfamilienhaus setzt er etwa 8000 € an, inklusive Kosten des Elektrofachbetriebs. Zum Vergleich: Eine Wärmepumpe kann schnell 30 000 € kosten, ohne Abzug der Förderung. Bei einem niedrig angesetzten Stromverbrauch von 12 000 kWh/Jahr für den Betrieb der Infrarotheizung und einem aktuellen Preis von rund 30 Cent/kWh kommen pro Jahr 3600 € für den Elektrobetrieb der Infrarotheizung zusammen. Durch diese Betriebskosten schmelze der finanzielle Vorteil zum Beispiel gegenüber der Wärmepumpe innerhalb weniger Jahre ab, so Weber. Zumal es für Warmwasser noch eine zusätzliche Lösung brauche und es für eine Infrarotheizung aktuell keine Förderung gibt. Nach dem GEG darf sie als Stromdirektheizung zwar eingebaut werden, aber nur, wenn das Gebäude besonders gut gedämmt ist.
So funktioniert Heizstrom
Oft bieten Netzbetreiber günstigere Heizstromtarife an. Um diese zu nutzen, sind allerdings getrennte Zähler für Heiz- und Allgemeinstrom erforderlich, wie auch eine Sprecherin des Versorgers E.ON auf Anfrage bestätigt. Bei einer Nachrüstung ist das günstigste die Installation eines sogenannten Doppeltarifzählers. Er erfasst die Stromflüsse nicht getrennt, wechselt aber nachts in einen günstigeren Niedertarif. Ein Knackpunkt: Netzbetreiber behalten sich vor, die Versorgung von Heizstromkunden bei einer Überlastung des Netzes zu unterbrechen. Bei einer Infrarotheizung gibt es dann keinen Puffer.
Gleichwohl sieht Weber Stellen, an denen eine Infrarotheizung sinnvoll sein kann:
- Für die kurzzeitige Beheizung einzelner Räume.
- Als Heizung in perfekt gedämmten Neubauten mit Passivhausstandard.
Vor- und Nachteile kompakt
Infrarotheizungen arbeiten ganz anders als konventionelle Heizkörper, die vor allem die Luft aufheizen. Das bringt einige Vorteile:
- Eine Infrarotheizung setzt die Raumluft nicht in Bewegung und wirbelt damit keinen Staub auf.
- Auch beim Lüften geht wenig Wärme verloren, weil diese in Wänden und Möbeln gespeichert ist.
- Die Raumtemperatur kann um 2 bis 3 °C geringer ausfallen, weil die Strahlungwärme intensiver wahrgenommen wird.
- Der Aufwand für Material, Installation und Wartung ist deutlich geringer als bei anderen Heizungen.
Auf der anderen Seite gibt es Nachteile, die auch für andere Heizungen mit hohem Strombedarf gelten:
- Die Kosten hängen unmittelbar von der Entwicklung der Strompreise ab. In einem schlecht gedämmten Haus mit schlecht geplanter Infrarotheizung können diese die finanziellen Vorteile in der Anschaffung zügig wieder auffressen. Zumal die CO2-Bepreisung weiter ansteigen soll und bei der Bildung des Strompreises weiter das Merit-Order-Prinzip gilt. Danach bestimmt der Lieferant der teuersten nötigen Stromart den Marktpreis für alle.
- Einige Stromanbieter haben Heizstromtarife im Angebot. Diese sind allerdings teilweise an den Einbau eines separaten Zählers gekoppelt. Das verursacht zusätzliche Kosten, die allerdings überschaubar sind.
Eine Photovoltaikanlage zur Eigenstromversorgung kann das Risiko etwas abmildern. Allerdings gilt: An kurzen Wintertagen, wenn viel Strom für die Heizung benötigt wird, steht eher wenig Strom zur Verfügung.
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