Nach einem Sturm geht der Blick unweigerlich zu den Dächern: Hat sich irgendwo etwas gelöst? Dringt Wasser durch die Abdeckung? Bastian Kleinwechter, Dachdeckermeister aus Havixbeck im Kreis Coesfeld, empfiehlt, alle Dächer regelmäßig einem kritischen Blick zu unterziehen. So lassen sich frühzeitig Schwachstellen entdecken. Gefährdet sind vor allem ältere Dächer.
Dach- und Rinnen-Check
Hinweise auf Schäden sind zum Beispiel:
- verzogene Holzteile,
- abgerutschte Bleiverklebungen am Kamin,
- Wassertropfen und Laufspuren von Wasser an ungewöhnlichen Stellen,
- und innen Wasserflecken an der Zimmerdecke.
In solchen Fällen sollten Fachleute sich die Schäden anschauen. Immobilienbesitzer können aber selbst einiges tun, um ihre Dächer möglichst lange intakt zu halten.
- Dachrinnen sollten sie im Herbst nach dem Laubfall und im Frühjahr reinigen.
- Pflege brauchen dann auch die Ablaufrinnen rund um die Dachfenster. Diese sind 3 bis 5 cm breit und sorgen dafür, dass bei Starkregen das Wasser schnell abfließt und nicht ins Dach sickert. Sind die Rinnen dicht, kann Wasser unter die Eindeckung dringen. Deshalb: Stellen Sie die Fenster auf Putzstellung und räumen Sie Moos und Laub raus.
Hilfe aus der Luft
Alle paar Jahre sollte das Dach inspiziert werden, insbesondere First, Ortgänge, Dachfenster und Kaminabdichtungen. Das geht mit einer gut gesicherten Tour über das Dach, mit einem Hubsteiger oder auch per Drohne. „Die liefert haarscharfe Fotos“, berichtet Bastian Kleinwechter. Auf diesen sei der Alterungszustand des Materials gut zu erkennen.
Vorsicht bei Beschichtungen
Es klingt verlockend, was einige Unternehmen anbieten: Sie reinigen die alte Eindeckung mit Hochdruck und sprühen dann in ein bis zwei Arbeitsgängen eine neue Farbe auf. Das soll die Haltbarkeit des gesamten Daches erhöhen. Bastian Kleinwechter ist skeptisch. „Höhen- und Seitenüberdeckungen werden nicht behandelt“, erklärt er. An diesen Überlappungsbereichen blättere die Farbe dann nach einigen Jahren ab.
Wann ein neues Dach?
Von Schnellschüssen, zum Beispiel kurz vor einem Generationenwechsel, rät Bastian Kleinwechter ab. Wenn das Haus ein paar Jahre später grundlegend umgebaut werde, sei das der bessere Zeitpunkt.
Dabei die alte, intakte Eindeckung wiederzuverwenden, ist aus seiner Sicht nicht ratsam. „Von 100 m2 kommen nicht 100 m2 heil runter.“ Zudem fresse der höhere Arbeitsaufwand den Kostenvorteil auf. Neue Pfannen lassen sich effizienter verarbeiten. Außerdem kommen sie meist mit 30 Jahren Garantie aufs Material im Gepäck.
Das richtige Material wählen
Wer ein Dach erneuern möchte, denkt möglicherweise auch über eine andere Art der Eindeckung nach. Mit Platten lassen sich bei großen Flächen Kosten sparen, sagt Bastian Kleinwechter. Dachziegel aus Ton und Dachsteine aus Beton halten Stürmen aber besser stand und haben eine höhere Haltbarkeit. „Beschichtete Metallprofile können nach 30 Jahren abblättern.“ Dachziegel sind teurer als Dachsteine, halten aber in der Regel länger. Aus Ton gibt’s auch jede Menge Sonderformen, zum Beispiel Lüfterziegel. Bei der Wahl von Betonsteinen sind diese Elemente aus Kunststoff.
Bastian Kleinwechter empfiehlt, ein paar Pfannen – auch für First & Co. – für spätere Reparaturen oder Umbauten zur Seite zu stellen. Zwar ließen sich diese häufig nachkaufen. „Die Formen der Ziegelhersteller nutzen sich aber ab. Deshalb passen auch die gleichen Modelle nicht immer.“ Halten kann eine Eindeckung nach Erfahrung von Bastian Kleinwechter 50 bis 100 Jahre.
Pflichten bei der Sanierung
Wichtig: Wer mehr als 10 % der Dachfläche erneuert, muss das Dach energetisch sanieren. Dann lohnt auch eine Prüfung, ob es Zuschüsse gibt, zum Beispiel über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Ebenfalls zu berücksichtigen: Ab 2026 müssen in NRW bei der vollständigen Erneuerung der Dachhaut auch Altbauten mit einer Photovoltaik- oder Solarthermieanlage ausgestattet werden – sofern der vorhandene Dachstuhl die zusätzliche Last tragen kann.
Photovoltaik aufs Dach
Photovoltaik boomt, das spüren auch die Dachdecker. Zum einen, weil sie selbst häufig Halterungen für Anlagen installieren. Zum anderen, weil sie immer wieder Schäden beheben müssen, die bei Installationsarbeiten entstanden sind. Was Bastian Kleinwechter im vergangenen Jahr häufig aufgefallen ist: „Dachziegel waren nicht richtig reingehängt, gebrochen oder es war zu viel herausgeschnitten worden.“
Verhindern lässt sich das durch eine genaue Planung. Die Haken für die Halterungen der PV-Anlage müssen genau zur Höhen- und Seitenüberdeckung der Dachziegel passen. „Wer die Anlage plant, muss auch mal einen Zollstock ans Dach halten“, betont Bastian Kleinwechter. Die Trägerkonstruktion wird auf die Sparren geschraubt. Die verwendeten Schrauben müssen zur Dicke einer möglichen Aufdachdämmung passen.
Eindeckung und Statik prüfen
Die Statik des Daches selbst verträgt in der Regel die zusätzliche Last. Ein rechnerischer Grund: Die Schneelasten, die Dächer hierzulande aushalten müssen, wurden reduziert. Eine Prüfung von Eindeckung und Statik ist trotzdem Pflicht. Die Dacheindeckung sollte noch mindestens 20 Jahre halten. Denn: „Wenn PV auf dem Dach ist, kann man First oder Kamin nicht mehr so einfach erneuern.“ Zu Dachfenstern sollte der Abstand so gewählt werden, dass ein Austausch noch möglich ist.
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