Anfang nächsten Jahres kehrt Gerd Ahlert in seinen Vollzeitjob zurück. „Ich habe wieder Lust auf den Schreibtisch“, sagt der 54-Jährige lachend. Das Forschungs- und Beratungsunternehmen in Osnabrück, bei dem er arbeitet, hat er vor 25 Jahren mitgegründet. In den vergangenen sieben Jahren hat er seine Stelle immer mal wieder reduziert. Er brauchte Zeit für sein eigenes Projekt: Den Umbau des familieneigenen Hofes in Engter im Landkreis Osnabrück. Drei neue Wohneinheiten sind in den vergangenen Jahren entstanden. „Der Hof hat jetzt wieder eine Zukunft“, sagt Gerd Ahlert.
Wurzeln im 15. Jahrhundert
In Sichtweite des Dorfes führt eine Lindenallee auf den „Meyerhof“, dessen Wurzeln sich bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. Das imposante Zweiständer-Hallenhaus stammt aus dem Jahr 1706. Seit 1982 stehen Teile des Hofes unter Denkmalschutz. In alten Urkunden und Inschriften ist häufig vom „Meijerhof“ die Rede. Deshalb hat auch Gerd Ahlert diese Schreibweise übernommen.
Seine Eltern haben den Hof 1968 gekauft, inklusive 25 ha arrondiertem Ackerland. Dem Betrieb der Mutter in Lotte rückten damals der Bau der A 30 und die Flurbereinigung auf die Pelle. Luise und Erwin Ahlert gefiel das Ensemble in Engter mit dem Hallenhaus in der Mitte. Rundherum gruppierten sich drei weitere Stallgebäude und eine Scheune, ein moderner Bungalow und der etwas abseits stehende alte Kornspeicher. Die Wohnung im Haupthaus blieb vermietet. Die Familie zog in den Bungalow. Auf der Tenne standen 15 Milchkühe samt Nachzucht, 300 Mastschweine im Stallgebäude nebenan.
Flächen sind verpachtet
Heute gibt es auf dem Hof keine Landwirtschaft mehr, die Flächen sind verpachtet. „Ich wäre gerne Landwirt geworden“, sagt Gerd Ahlert. Aber wie bei seinem ein Jahr älteren Bruder Uwe sprach die Gesundheit dagegen. Beim älteren war es schwerer Heuschnupfen, beim jüngeren Asthma. Nach einem heftigen Anfall bei der Getreideernte – da war er gerade 13 – beschloss die Mutter: „Du wirst nicht Bauer.“
2002 gab die Familie die Landwirtschaft auf und verpachtete die Flächen. Bruder Uwe wohnte da bereits in einem Haus, das er an den Bungalow angebaut hatte. Vater Erwin blieb Besitzer des Hofes, bis zu seinem Tod mit 72 Jahren 2014.
Ein Masterplan muss her
„Jetzt muss etwas passieren“, dachte sich da die ganze Familie. Allein von den Pachteinnahmen ließen sich die großen Gebäude nicht unterhalten. Gerd, sein Ehemann Ralf, sein Bruder Uwe und seine Schwägerin setzten sich zusammen. Schnell waren sie sich einig: Wohnungen wären eine gute Möglichkeit zur Nutzung der vielen Gebäude. Gerd Ahlert erinnert sich an die Worte seiner Mutter, der damals alles gehörte: „Ihr könnt machen, was ihr wollt, aber ich will hier alt werden.“
Abruptes Ende der Planungen
Im November 2014 kam erstmals die Architektin Heike Heilig aus Bersenbrück auf den Hof. Die Planungen gingen vorwärts – und fanden im Dezember ein abruptes Ende. Uwe Ahlert starb ganz plötzlich, gerade einmal 47 Jahre alt. Die Pläne ruhten. Fünf Monate brauchte Gerd Ahlert, um sich zum Weitermachen ohne den Bruder vor Ort durchzuringen. Das Herz war dafür, der Verstand zunächst dagegen. Schließlich liegt sein Lebensmittelpunkt in Münster, wo sein Mann mit dem Café Classique eine große Konditorei betreibt. Doch beim Anblick des verschneiten alten Kornspeichers reifte der Entschluss, einen Fuß in Engter zu behalten.
Gerd Ahlert startete mit der Sanierung der bestehenden Wohnung im Haupthaus. In Absprache mit den zuständigen Behörden reiften parallel Pläne für eine Hundetagesstätte und weitere Wohnungen auf dem Hof: auf der Tenne, in der Scheune und dem Speicher. An seiner Seite wusste Gerd Ahlert zuverlässige Handwerker aus dem Ort und dem nahen Artland.
Vermietbare Einheiten
Platz war im Haupthaus und in der Scheune reichlich vorhanden. Gerd Ahlert wollte diesen aber nicht komplett ausschöpfen, sondern die Einheiten in einer gut vermietbaren Größe halten. Die beiden Wohnungen im Haupthaus, die ursprünglich bestehende und eine neue, sind etwa 170 und 140 m2 groß. In der geräumigen Bruchsteinscheune ist im Bereich des alten Kornbodens eine 90 m2 große Einheit entstanden. Der Speicher, den er zuletzt für sich selbst umgenutzt hat, bietet noch einmal 85 m2. Mit Kamin, Einbauküche und komfortablen Bädern sind alle Wohnungen gehoben ausgestattet. Als Kaltmiete sind etwa 7 €/m2 zu erzielen.
Den Einzug der ersten neuen Mieter im Sommer 2016 hat Gerd Ahlerts Mutter noch erlebt. „Dass wieder Leben auf dem Hof ist, das hat sie gefreut.“ Im Jahr 2018 starb sie mit 70 Jahren.
Zehn Erwachsene und fünf Kinder
Mittlerweile leben sechs Parteien auf dem Hof, zehn Erwachsene und fünf Kinder. Vier Wohnungen – darunter inzwischen auch der modernisierte Bungalow – sind vermietet. Im Wohnhaus nebenan lebt Gerd Ahlerts Schwägerin mit ihrem Ehemann. Den Speicher nutzt er selbst.
Umbau und Sanierung haben trotz viel Eigenleistung einen siebenstelligen Betrag gekostet. Um das finanzieren zu können, hat Gerd Ahlert auch einige Hektar Land verkauft. „Der Erlös ist gut investiert“, findet er. Jetzt könne der Hof sich wieder selbst tragen. Und warum sollte er sich übermäßig in Schulden stürzen? Eine nächste Generation gibt es in der Familie nicht. Irgendwann werde ein Verkauf des Objekts anstehen, erklärt er nüchtern.
Zwei Tage in Engter
Zwei Tage pro Woche ist er mittlerweile in Engter. Den Hof und auch seine Geschichte hat er in den vergangenen sieben Jahren intensiv kennengelernt. Er erzählt von den Holzfenstern nach historischem Vorbild, neuer Ver- und Entsorgung, seinen Lieblingsbaustoffen Holz, Kalk und Lehm und von der Obstwiese, die er selbst bewirtschaftet.
Sein Lieblingsort auf dem Hof ist inzwischen der alte Kornspeicher aus dem Jahr 1711. Seine Eltern hatten hier eine Garage. Heute geht es durch die Tür direkt in die Küche. Die Möbel lehnen sich an die bis zu 1 m dicken Bruchsteinwände. Auch im Giebelzimmer unter dem Dach ist viel Altes erhalten geblieben, zum Beispiel die 300 Jahre alten Bleiverglasungen. Gerd Ahlert: „Wenn ich heute hier aus dem Speicherfenster schaue, ist das Glückseligkeit pur.“
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www.meijerhof.de
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