Zecken – sie sind winzig. Gerne halten sie sich im hohen Gras auf, von wo aus sie beim Hindurchgehen von den Beinen abgestreift werden. Auf der Suche nach einer geschützten Einstichstelle bewegen sich die etwa 2 mm großen Spinnentiere in Windeseile über die Haut von Mensch und Tier. Bevorzugt stechen sie in feuchtwarme Körperregionen wie Haaransatz, Hals, Achsel, Ellenbeuge, Bauchnabel, Kniekehle oder Genitalbereich. Beim Blutsaugen können sie vor allem die Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und die Erreger der Borreliose übertragen.
FSME wird durch Viren verursacht
Bei der FSME kann es zur Entzündung von Hirnhäuten und Gehirn kommen. Verursacher sind Viren, die von Waldmäusen auf Zecken übertragen wurden und über einen Zeckenstich dann den Menschen infizieren können. „Vom Stich bis zum Ausbruch der Krankheit dauert es meist zwischen 5 und 28 Tagen“, erklärt Dr. Heinz Ebbinghaus, Facharzt für Allgemeinmedizin aus Soest. Anlässlich einer Infoveranstaltung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) informierte der Hausarzt über durch Zecken übertragbare Infektionen.
Die FSME muss keine Beschwerden bereiten, sie kann aber einen schweren Krankheitsverlauf nehmen. In der ersten Phase der Infektion kann es zu grippeähnlichen Symptomen kommen wie Fieber, Erschöpfung, Kopf- und Gliederschmerzen. Diese mild verlaufende Phase dauert etwa eine Woche und betrifft etwa 70 % der mit FSME-Infizierten, informiert Dr. Heinz Ebbinghaus.
Bei etwa einem Drittel der Betroffenen zeigten sich jedoch nach einigen fieberfreien Tagen Symptome einer Gehirnhautentzündung (Meningitis). Es kommt zu Kopfschmerz, Erbrechen, Nackensteifigkeit, Koordinationsstörung und Bewusstseinsstörung. „Der Heilungsprozess kann oft langwierig sein“, erklärt der Mediziner.
Dramatischer wird der Krankheitsverlauf, wenn der Infekt von den Hirnhäuten auf das Gehirn (Enzephalitis) oder auf das Rückenmark (Myelitis) übergeht. Dies trifft etwa 10 % der an einer FSME Erkrankten und äußert sich etwa durch Koordinationsstörungen, Schläfrigkeit, Desorientiertheit, Lähmungserscheinungen, Seh- und Sprachstörungen.
Es gibt Risikogebiete für FSME
Bei Beschwerden sei es wichtig zu wissen, ob ein Zeckenbiss vorlag, um schnell die richtige Diagnose stellen zu können. Eine Antikörperbestimmung im Blut kann Hinweise auf den Virusinfekt geben. Behandeln lassen sich nur die Beschwerden der FSME. Aber eine Impfung ist möglich. Sie wird generell empfohlen bei Forst- und Landwirten oder Aufenthalten in Risikogebieten. Mit FSME infizierte Zecken kommen in Deutschland nur in bestimmten Risikogebieten vor. „Aber auch dort sind lediglich 0,1 bis 5 % der Zecken Träger des Virus“, erklärt Dr. Heinz Ebbinghaus.
Infos zu FSME
Laut Robert Koch-Institut sind aktuell 178 Kreise als FSME-Risikogebiet ausgewiesen. Diese liegen in Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen, im südöstlichen Thüringen, in Sachsen und im südöstlichen Brandenburg. Einzelne Risikogebiete sind in Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen und in NRW. 2022 wurden dem RKI 546 FSME-Erkrankungen übermittelt. 98 % der Erkrankten war nicht oder unzureichend geimpft. Weiteres unter: www.rki.de/fsme-karte
Borreliose wird durch Bakterien verursacht
Die häufigste durch Zecken bzw. den gemeinen Holzbock übertragene Infektionserkrankung ist jedoch die Borreliose. Sie kann vielgestaltig und unterschiedlich schwer verlaufen und betrifft überwiegend die Haut, aber auch das Nervensystem, die Gelenke und das Herz können betroffen sein. Im Frühstadium ist oft eine ringförmige, nach außen wandernde Hautrötung zu erkennen.
Näheres über Borreliose
In Deutschland infizieren sich mit Borrelien geschätzt jährlich bis zu 100 000 Menschen neu. Im Gegensatz zu den FSME-Erregern sind die für das Auftreten der Borreliose verantwortlichen Bakterien nicht auf bestimmte Gebiete beschränkt. Das Robert Koch-Institut schätzt, dass über 30 % der Zecken mit Borrelien infiziert sind. Das nationale Referenzzentrum für Borreliose bietet Informationen für Ärzte und Patienten an unter https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/borreliose/lyme.htm
Unbehandelt kann es im weiteren Verlauf der Infektion zu schmerzhaften Nerven- und Hirnhautentzündungen mit Lähmungen – vorwiegend der Gesichtsnerven – kommen. Auch Herzmuskelentzündungen sind möglich, ebenso wie Entzündungen der Gelenke etwa am Knie- und Sprunggelenk. Für die Wahrscheinlichkeit, nach einem Zeckenstich an einer Borreliose zu erkranken, spielt vor allem der Zeitfaktor beim Saugprozess eine Rolle.
Dazu erklärt Dr. Andreas Pennekamp, Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie aus Soest: „Zecken saugen sich voll, überfressen sich und dann erbrechen sie. Dieses Erbrechen führt zur Übertragung der Bakterien. Bei einer Zeitdauer des Blutsaugens unter 24 Stunden ist die Übertragung von Borrelien sehr unwahrscheinlich.“
Eine Gefahr der Übertragung der Bakterien bestehe aber auch, wenn die Zecke bei der Entfernung so gequetscht werde, dass die Borrelien dabei aus dem Verdauungstrakt auf den Menschen übertragen werden. Wichtig ist es daher, die Zecke frühzeitig und vorsichtig herauszuziehen, die Stelle zu desinfizieren und weiter zu beobachten.
Gegen die Borreliose gibt es bislang keine Impfung. Die bakterielle Infektion ist jedoch heilbar, wenn frühzeitig antibiotisch behandelt wird. Eine vorsorgliche Gabe von Antibiotika nach jedem Zeckenstich wird jedoch nicht empfohlen. Das Tragen langer schützender Kleidung und die Anwendung von Vergrämungsmitteln gilt bisher als wichtigster Schutz.
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