Die Voraussetzungen könnten besser nicht sein: Strahlender Sonnenschein, milde Temperaturen und zwölf gut gelaunte Frauen, ausgestattet mit Wanderschuhen, Rucksack und viel Vorfreude auf das, was sie an diesem Nachmittag erwartet. „Indian Summer – mit allen Sinnen genießen“, so ist die Kneipp-Wanderung durch das Elpetal bei Olsberg im Sauerland angekündigt, zu der sie sich angemeldet haben.
Eine der Frauen hat eine blaue Gießkanne dabei. „K“ für Kneipp steht darauf. Damit ist klar: Sie wird uns durch das Elpetal führen. Jutta Vorderwülbecke ist Motopädin und zertifizierte Kneipp-Gesundheitstrainerin SKA (Sebastian Kneipp Akadamie).
Infos am Wegesrand
Wir starten an der St.-Maria Magdalena Kirche in Gevelinghausen. Vor uns liegen rund 7 km auf dem Kneipp-Wanderweg. Schon nach wenigen Hundert Metern hält Jutta Vorderwülbecke an. Sie hat Brennnesseln entdeckt und nutzt die Gelegenheit, den Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Brennnesseln zu erklären. Bei den männlichen Pflanzen befinden sich die Samen an waagerechten Trieben. Die Samen der weiblichen Pflanzen sind dicker und hängen, dicht an dicht, an Rispen herunter. „Sie sind ein gutes Stärkungsmittel“, verrät die Gesundheitsführerin. Sie gibt sie getrocknet zum Beispiel als Topping über Salat.
Solche Stopps mit Infos oder Bewegungsübungen machen Gesundheitswanderungen wie diese aus.
Gesundheitswandern
Beim Gesundheitswandern werden kurze Wanderungen mit wirksamen Bewegungs- und Entspannungsübungen und kurzen Informationen zu einem gesunden Leben kombiniert. Der Deutsche Wanderverband (DWV) bietet zertifizierte Gesundheitswanderungen an. Diese werden angeleitet von speziell ausgebildeten DWV-Gesundheitswanderführern.
Das DWV-Gesundheitswandern entwickelte der Deutsche Wanderverband zusammen mit der Universität Osnabrück. Das Programm erfüllt die Anforderungen an Gesundheitssport. Die meisten gesetzlichen Krankenkassen erkennen DWV-Gesundheitswandern als Präventionskurs an. Für Präventionskurse können Teilnehmer einen Teil der Kursgebühren von ihrer gesetzlichen Krankenkasse zurückbekommen.
Nähere Informationen zum Gesundheitswandern bietet der DWV auf seiner Homepage.
Weiter geht es auf unserem Wanderweg. Rechts unterhalb des Wegs schlängelt sich das Flüsschen Elpe durch den Wald. „Ich mache gerne geführte Wanderungen“, erzählt mir Dorothea Vollmer aus Marsberg. Auf solchen Touren fühlt sich die Rentnerin sicher. Außerdem genießt sie es, beim Wandern Näheres über den Ort und die Natur zu erfahren. Für sie bedeutet Wandern Entspannung.
Wassertreten und Arm- oder Knieguss
Bei der Wanderung heute steht Pfarrer Sebastian Kneipp im Vordergrund. Am nächsten Stopp erzählt Jutta Vorderwülbecke über das Leben und Wirken des berühmten Heilers. Die Teilnehmer erfahren, was die Stadt Olsberg mit dem Pfarrer Kneipp verbindet. Olsberg ist eine der ältesten Kneipp-Kurorte in Deutschland.
Praktisch wird es beim nächsten Halt an einem Kneipp-Tretbecken. Zwar sind die Temperaturen für einen Oktobertag mild. Dennoch ist es eine Überwindung, Schuhe und Strümpfe auszuziehen und in das Tretbecken zu steigen. Einige Frauen trauen sich trotzdem. Vorab gibt Jutta Vorderwülbecke Anweisungen. Beispielsweise ist es wichtig, mit dem rechten Fuß zuerst in das Wasser zu steigen, denn er ist am weitesten vom Herzen entfernt. Mehr als eine Runde macht heute niemand. „Kühl“ sei es, „aber sehr angenehm“, berichtet Margret Eickholt aus Westbevern, die im Sauerland Urlaub macht.
Wer nicht ins Becken möchte, für den bietet die Wanderführerin einen Arm- oder Knieguss an. Der Armguss ist der „Kaffee des Kneippianers“, verrät sie. Er wirkt anregend und bringt den Kreislauf in Schwung. Dagegen sorgt der Knieguss am Abend für einen guten Schlaf.
Für alle Kneipp-Anwendungen gibt es jedoch Kontraindikationen. Deshalb sollte niemand auf eigene Faust damit beginnen, sondern nur unter fachkundiger Anleitung oder nach Rücksprache mit dem Arzt. Wichtig ist, dass die Anwendungen kurz und knackig sind. Der Körper darf nicht auskühlen.
Grün ist eine Heilfarbe
Gestärkt durch einen Kneipp-Trunk, bestehend aus Holunder, Honig und einem Schuss Wodka, geht es weiter. Dabei erzählt Jutta Vorderwülbecke, warum der Wald eine entspannende Wirkung hat. „Die Farbe Grün ist eine Heilfarbe. Sie beruhigt und fördert die Kreativität.“ Ein Spaziergang durch den Wald helfe dabei, die innere Balance zu finden.
Nach etwa drei Stunden sind wir gut gelaunt und mit vielen neuen Eindrücken an unserem Ausgangspunkt zurück. Viel besser hätte man diesen goldenen Oktobertag, oder wie er in Nordamerika heißt, den „Indian Summer“, nicht verbringen können.
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