Silke Wolf traut sich wieder: Mit ihrem E-Rollator ist die 52-Jährige mobil genug, um allein Strecken von bis zu 20 km zu bewerkstelligen. Möglich macht das eine flexible Mobilitätshilfe, die speziell für sie entwickelt wurde. Denn seit einem Schlaganfall und einer MS-Erkrankung ist die Sauerländerin aus Neuenrade-Küntrop zunehmend motorisch eingeschränkt.
Körperlich ist Silke Wolf eingeschränkt
Es ist Mittagszeit als wir Silke Wolf für ein Interview treffen. Die Geschäftsfrau ist noch gut zu Fuß. Zumindest ist ihrem Gangbild nichts Sonderliches anzusehen. Noch nicht. Sie berichtet von ihrem Schlaganfall 2014, von dem sie sich nur mühsam erholt habe. „Seither knickt mein rechtes Bein immer wieder mal weg und auch mein Kurzzeitgedächtnis hat gelitten“, erzählt sie.
Bei den Untersuchungen im MRT, einem bildgebenden Verfahren, seien damals schon Läsionen, also entzündungsbedingte Gewebeveränderungen im Hirn, auffällig gewesen, die auf eine Multiple Sklerose (MS) hindeuteten.
„2016 habe ich dann die Diagnose PPMS erhalten“, erklärt Silke Wolf. Hinter dieser Form der MS steht ein fortschreitender Verlauf der Erkrankung mit einer Zunahme körperlicher Beeinträchtigungen.
Was ist MS?
MS steht für Multiple Sklerose. Bei der chronischen, bislang nicht heilbaren Erkrankung des Zentralen Nervensystems ist der Informationsfluss zwischen Gehirn und Körper gestört. Ursache sind Entzündungsprozesse an den Nervenhüllen, die verhindern, dass Nervenfasern Reize richtig weiterleiten können.
Je nachdem welche Nervenzellen und Regionen betroffen sind, unterscheiden sich die Beschwerden und der Verlauf der Erkrankung. Es kann beispielsweise zu schmerzhaften Spastiken in den Beinen, Schwindel, Gang-, Seh-, Schluck- und Gefühlsstörungen kommen. Auch anhaltende Müdigkeit, schnelle Erschöpfbarkeit, Konzentrationsprobleme sowie Störungen der Blasenentleerung und der sexuellen Funktionen können auftreten.
Mediziner unterscheiden zwischen drei Verlaufsformen:
- Die häufigste Form ist die schubförmige remittierende (wiederkehrende) MS (RRMS), bei der sich plötzlich auftretende Symptome mehr oder weniger vollständig zurückbilden. Zwischen den einzelnen Schüben können mehrere Wochen, Monate oder sogar Jahre liegen. Bei
- der primär progredienten MS (PPMS) schreitet die Erkrankung ohne klare Schübe von Beginn an schleichend voran.
- Bei der sekundär progredienten MS (SPMS) beginnt die Erkrankung mit Schüben und nimmt dann einen fortschreitenden (progredienten) Verlauf.
Die vierfache Mutter berichtet von Schluckbeschwerden, Blasenentleerungsstörungen und einer nachlassenden Feinmotorik in den Händen.
Große Probleme bereiten ihr zunehmend Spastiken in der Muskulatur. Ihr Tag beginnt deshalb schon um 4.30 Uhr mit Bewegungsübungen im Bett, um die Daueranspannung im Körper erst einmal zu lösen. Ohne diese Übungen, die sie in der Physiotherapie erlernt habe, komme sie einfach nicht hoch.
Beim Aufstehen früh morgens sei ihr immer leicht schwindelig. Schwierigkeiten bereiten ihr aber auch Gleichgewichtsstörungen. „Oft streife ich mit der Schulter Türrahmen“, erklärt sie. Sicher und schmerzfrei gehen kann sie nur kurze Strecken. Früher sei sie mit ihrem Mann viel gewandert. Daran ist seit ihrem Schlaganfall und der MS-Diagnose nicht mehr zu denken.
Bei MS oft unsicher auf den Beinen
Anfang 2018 habe sie maximal 500 m weit allein gehen können, ohne Schmerzen oder Spastiken in den Beinen zu bekommen, die sie am Weitergehen hindern. „Ich musste mich dann abholen lassen oder konnte die Strecken einfach nicht allein gehen“, berichtet Silke Wolf.
Sie wollte wieder unabhängiger werden, auch ohne Begleitung ihre Lauffähigkeit weiter trainieren. Doch die auf dem Markt angebotenen Mobilitätshilfen nutzen ihr wenig. Mit dem Rollator konnte sie sich nur etwa 250 m entfernen, um dann wieder umzukehren, argumentiert sie. Mit einem Scooter hätte sie nur fahren können.
„Ich brauchte etwas dazwischen. Ein sportliches und wendiges Gefährt, mit dem ich unterstützt gehen kann. Mit dem ich aber auch bei Bedarf mittels elektrischer Unterstützung wieder zurückfahren kann“, erzählt Silke Wolf.
Auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten wird E-Rollator entwickelt
Wie gut, dass Ehemann Gerhard als gelernter Werkzeugmacher und Sohn Carsten handwerklich versiert sind. Mit einem befreundeten Ingenieur entwickeln sie für Silke Wolf einen Prototypen: einen E-Rollator mit dem sie gehen, aber auch sitzend oder stehend zurückfahren kann, wenn sie die Kräfte verlassen sollten. Mittlerweile ist der E-Rollator aus dem Entwicklungsstadium heraus und auf dem freien Markt erhältlich.
Als Silke Wolf zum Ende unseres Interviews die Funktionsweise des E-Rollators demonstrieren möchte, ist ihr Gang plötzlich wackelig. Ihr rechtes Bein schwenkt immer wieder unkontrolliert nach außen weg. „Gegen 14 Uhr signalisiert mir mein Körper, dass ich eine Pause einlegen muss. Dann bin ich erschöpft und das selbstständige Gehen wird schwierig“, berichtet sie. Für solche Fälle ist sie froh, den Elektroantrieb ihres E-Rollators nutzen zu können.
E-Rollator mit vielen Funktionen
Der E-Rollator „EWO life quality“ eignet sich für viele Erkrankte, die ihre Lauffähigkeit trainieren möchten und die Sicherheit benötigen, mit elektrischem Antrieb sitzend oder stehend wieder zurückzukehren, wenn die Kräfte nachlassen.
Die Mobilitätshilfe ist ausgestattet mit einer Berganfahrhilfe, drei Geschwindigkeitsstufen, Rückwärtsgang, Tempomat, Hupe, Sattel, 350-Watt-Elektromotor, Scheibenbremse, Federgabel, Scheinwerfer für Nachtfahrten, blinkendes Rücklicht und einem 36-Volt-Akku mit etwa fünfstündiger Ladezeit und einer Laufleistung von etwa zehn Stunden sowie einer Reichweite von etwa 20 km. Das Standardmodell kostet etwa 3200 €.
Lesen Sie mehr: