BZfE-Forum

Twitter statt Poster

Das Wissen um eine gesunde Ernährung ist enorm. Das Problem ist nur: Es kommt nicht bei den Menschen an. Herkömmliche Kommunikationswege wie Flyer oder Poster erreichen heute nur noch wenige. Neue Wege sind gefragt.

Viel Wissen nützt nichts, wenn es nicht bei den Menschen ankommt. Wie kann es gelingen, fundiertes Ernährungswissen an die Menschen heranzubringen? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) in dem 2. BZfE-Forum Ende September in Bonn Bad-Godesberg. Es stand unter dem Motte: „Ich kann. Ich will. Ich werde! Ernährungskompetenz früh fördern, lebenslang begleiten“.

Ernährungswissen fehlt

„Früher war nicht alles besser, aber anders“, sagt Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, in ihrer Eröffnungsrede. Wir würden heute nicht mehr über das Ernährungswissen verfügen, das früher von einer Generation zur anderen weitergegeben wurde. Die Frage sei deshalb, wie Ernährungskompetenz heute gefördert werden kann.

Speziell für Senioren hat das Ministerium das Projekt „Im Alter IN FORM“ auf den Weg gebracht. Beispielsweise sollen Botschafter für gesunde Ernährung im Alter ausgebildet werden, die anschließend Ernährungswissen in die Kommunen tragen.

Digitale Kanäle nutzen

„Wir haben keine Qualitätskrise sondern eine Vertrauenskrise“ sagt Prof. Dr. Gunter Hirschfelder, Professor für vergleichende Kulturwissenschaften an der Universität Regensburg. Die Menschen sind auf der Suche nach Sicherheit und Orientierung.

Die Zeit der Schautafeln und Ernährungskreise sei jedoch vorbei, erklärt er. An die Stelle etablierter Institutionen als Informationsquelle sind heute digitale Medien wie Twitter, YouTube oder Instagram getreten. Junge Menschen finden bei „YouTubern“ oder „Instagrammern“ Informationen, die sie in ihrer Lebensideologie bestätigen. Diese so genannten Influencer äußern sich oft ohne fachlichen Hintergrund zu Ernährungsfragen. Damit Kinder und Jugendliche richtig und falsch voneinander unterscheiden können, müssen sie mit der nötigen Fachkompetenz ausgestattet werden.

Wer junge Menschen erreichen will, muss lernen, ihre Kommunikationswege für die eigenen Botschaften zu nutzen. Hier gilt es, sich vorsichtig an ihre Bedürfnisse heranzutasten, ohne sich anzubiedern, so Prof. Hirschfelder.

Eltern sind überfordert

Eine ganz wichtige Rolle bei der Ernährungsbildung spielen die Eltern. Mattea Dallacker vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung bezeichnet Eltern als Türsteher der Ernährung. Sie entscheiden, welche Nahrung zuhause zur Verfügung steht. In dieser Rolle sind Eltern aber häufig überfordert. Deshalb ist es wichtig, sie in der Ernährungsbildung stärker mit ins Boot zu holen. Dafür brauchen aber auch die Eltern zuerst die nötige Ernährungskompetenz.

Dieser Aufgabe hat sich das bundesweite Netzwerk Gesund ins Leben verschrieben. Kernelement des Netzwerks sind bundesweit einheitliche Handlungsempfehlungen, die in Form von einfachen Botschaften jungen Familien Orientierung geben sollen, erklärt Maria Flothkötter, die das Netzwerk leitet. Um möglichst viele Familien zu erreichen, hat das Netzwerk Akteure qualifiziert, die mit den Eltern in engem Kontakt stehen, zum Beispiel Kinderärzte.

Ernährungskompetenz im Alter

Ernährungskompetenz ist aber zunehmend auch im Alter gefragt. Senioren falle es oft schwer, vertrauenswürdige Ernährungsinformationen zu finden, sagt Prof. Dr. Holger Hassel, Leiter des Instituts für angewandte Wissenschaften an der Hochschule Coburg. Die damit verbundenen Probleme sind vielfältig: Neben Mangelernährung und einer unzureichenden Trinkmenge zeichnet sich ein deutlicher Trend zu Übergewicht und Adipositas bei Hochbetagten ab.

Hier sind Fachkräfte gefragt, die alten Menschen Orientierung in Ernährungsfragen geben können. Diese Aufgabe könnten die Botschafter für Ernährung im Alter übernehmen, die im Rahmen des Projekts „Im Alter IN FORM“ ausgebildet werden sollen.


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