Doppelbelastung durch Beruf, Haushalt, Kinder oder zu pflegende Angehörige, Streitereien, Geldsorgen, unerledigte Dinge oder bürokratische Hürden in der Landwirtschaft – es gibt zahlreiche Auslöser, um in Stress zu geraten. Viele Stressfaktoren haben etwas Positives. „Denn richtig dosiert ermöglichen sie optimale Leistungen und helfen dabei zu lernen und Fähigkeiten weiterzuentwickeln“, sagt Stressmedizinerin Dr. Helke Hesekamp aus Bielefeld.
Anders sieht das jedoch aus, wenn Belastungen anhalten, ohne dass der Körper sich erholen kann. „Langfristig führt chronischer Stress zu einem geschwächten Abwehrsystem und kann ernste gesundheitliche Schäden wie Bluthochdruck, häufige Infektionen oder Depressionen verursachen“, erklärt die Medizinerin. Doch es gibt Strategien, chronischem Stress vorzubeugen und ihn zu bewältigen, wie die Neurologin vor Landfrauen des Ortsverbandes Bielefeld berichtete.
Dauerstress macht krank
„Stress entsteht, wenn wir Anforderungen nicht gewachsen sind –und das unabhängig davon, ob das objektiv so ist oder ob wir das subjektiv so empfinden“, sagt Hesekamp. In jedem Fall schüttet der Körper Stresshormone aus, die ihn auf Hochtouren bringen, damit er die Situation möglichst gut bewältigen kann. Stresshormone stellen sicher, dass die Person aufmerksamer und energiegeladener ist. Sie steigern die Herzfrequenz und sorgen dafür, dass die Leber Zucker freisetzt und Muskeln schneller durchblutet werden, sodass dem Körper mehr Energie zur Verfügung steht.
Stresshormone
Als Reaktion auf Stress setzt der Körper Stresshormone frei.
- Noradrenalin und Adrenalin werden innerhalb weniger Minuten aus dem Nebennierenmark in den Blutkreislauf und so in den gesamten Körper ausgeschüttet. Ihre Wirkung lässt jedoch auch nach wenigen Minuten nach.
- Anders ist dies beim Cortisol. Es gelangt zwar erst nach etwa 10 bis 15 Minuten ins Blut. Seine Wirkung hält aber sechs bis acht Stunden an.
Hält Stress jedoch an, ohne dass der Körper die extra dafür freigesetzte Energie und das Stresshormon Cortisol ausreichend abbauen kann, wirkt sich das negativ aus. Menschen reagieren dann mit Bluthochdruck, Reizdarmbeschwerden, Kopf- und Rückenschmerzen oder Schlafstörungen. Häufig fällt es ihnen auch schwer, sich zu konzentrieren und aufmerksam zu bleiben. Während die einen antriebslos sind, agieren andere rastlos. Manche sind auch in ihrem logischen und planerischen Denken eingeschränkt. Entscheidungen werden überhastet getroffen. Betroffene reagieren oft auch reizbarer. Sie fühlen sich überfordert, fremdbestimmt und hilflos.
Stressfaktoren erkennen
Häufig lassen sich Stresssituationen verhindern, und es lässt sich ein besserer Umgang mit Belastungen erlernen. „Schauen Sie sich die Gesamtsituation der Stressbelastung an. Erkennen Sie Ihre Stressfaktoren, werden Sie sich eigener Denkmuster bewusst und reflektieren diese, um daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen“, rät Dr. Helke Hesekamp.
{{::tip::standard::Wer mit Stresssituation besser umgehen möchte, sollte damit gezielt anfangen und nicht alles auf einmal wollen. „Erstellen Sie eine Liste mit den Dingen, die Ihnen guttun und mit Dingen, die Sie ändern möchten. Davon suchen Sie sich drei Dinge aus, die Sie angehen – nicht mehr“, sagt Dr. Helke Hesekamp.::}}
Wer weiß, welche Faktoren belasten oder Stress auslösen, kann diese in vielen Fällen auch beeinflussen. Häufig spielen Zeitdruck, zu viel Arbeit, soziale Konflikte und Überforderung eine Rolle. Oft lassen sich äußere Belastungen und Anforderungen im beruflichen und privaten Bereich verändern oder verringern. Klare Zielvorstellungen sowie eine Zeitplanung im Einklang mit der persönlichen Leistungskurve helfen dabei.
Wer beispielsweise immer wieder unter Zeitstress gerät, dem kann es helfen, seine Aufgaben besser zu priorisieren. „Was dringend und wichtig ist, wird zuerst erledigt. Was wichtig, aber nicht dringend ist, sollte terminiert werden und nicht wichtige, aber dringende Aufgaben können sich delegieren lassen“, informiert die Stressmedizinerin. Nicht wichtige und nicht dringende Dinge könnten zunächst unerledigt blieben. Und nicht alles müsse sofort 100%ig erledigt werden. „Mit 20 % Aufwand lässt sich meist schon 80 % des Ergebnisses erreichen“, erklärt Dr. Helke Hesekamp.
Es könne auch helfen, Grenzen zu setzen und auch einmal „Nein“ zusagen. Möglicherweise lässt sich einiges umstrukturieren oder delegieren. Wer sich auf dem Laufenden hält und regelmäßig fortbildet, beugt ebenfalls Überforderungen vor. Und nicht zuletzt ist es wichtig, ein soziales Netzwerk aufzubauen und zu pflegen, um sich vertrauensvoll mit anderen Menschen über Stresssituationen austauschen zu können.
Eigene Stressverstärker
„Oft sind es aber auch eigene Einstellungen, die Stress erzeugen oder verschärfen“, sagt Hesekamp. Wer ungeduldig ist, alles kontrollieren oder perfekt erledigen möchte, gerät schneller unter Stress. Einzelkämpfertum oder Selbstüberschätzung tragen ebenfalls dazu bei. Wer sich dessen bewusst ist, kann stressige Situationen selbstkritisch bewerten und förderliche Einstellungen und Denkweisen entwickeln.
„Akzeptieren Sie die Situation wie sie ist. Fragen Sie sich jedoch, wie wichtig Ihnen das alles noch in einer Woche, in sechs Monaten oder fünf Jahren sein wird“, erklärt die Neurologin. Innerliche Stressverstärker ließen sich auch entschärfen, indem Schwierigkeiten als Herausforderung und nicht als Bedrohung gesehen werden. Hilfreich dabei sei es, den Blick auf das Positive zu richten und zuversichtlich zu sein, die Anforderung zu meistern.
Mit Stress besser umgehen
Langfristig geht es darum, die eigene Belastbarkeit zu erhalten, sich körperlich und psychisch abzuregen. Regelmäßige Bewegung und Sport stärken nicht nur das Immunsystem. Sie bauen auch Energie ab, die der Körper stressbedingt freigesetzt hat. Zur Stressbewältigung gehört vor allem auch Entspannung und Erholung, wie Hesekamp unterstreicht: „Planen und genießen Sie regelmäßige Pausen im Alltag, sorgen Sie für ausreichend Schlaf und gönnen Sie sich Urlaub.“
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