Wer heute 75 Jahre oder älter ist, kann sich noch an die Zeit erinnern, als Fleisch ein knappes Gut war und sich die Kinder die eine Wurst im Eintopf teilen mussten. Nach dem Wirtschaftswunder kam Fleisch dann fast jeden Tag auf den Tisch, es war ein Zeichen des Wohlstands. Heute gewinnen Gesundheits- und Klimaaspekte bei der Ernährung immer mehr an Bedeutung. Das zeigt sich an der Entwicklung des Fleischkonsums, der im Jahr 2021 bei 55 kg pro Kopf und Jahr lag. Im Jahr 2000 waren es noch 61,5 kg.
Fleisch ja, aber wenig
Fleisch gehört zu einer gesunden Ernährung dazu. Das bestätigt die Eat Lancet-Kommission, der 37 internationale Forscher aus Landwirtschaft, Klimaforschung und Medizin angehören. Doch die Deutschen essen zu viel davon. Das ist schlecht für die Ernährung und das Klima – auch das erklärt die Kommission. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt maximal 600 g Fleisch pro Woche, etwa 31 kg pro Jahr.
Die Auswirkungen des Fleischkonsums auf das Klima lassen sich anhand der für die Erzeugung entstehenden Treibhausgasemissionen vergleichen:
- 1 kg Rindfleisch verursacht im Durchschnitt 13,6 kg CO2,
- 1 kg getrocknete Linsen verursacht etwa 1,2 kg CO2.
Dabei handelt es sich um Berechnungen des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu). Je nachdem, welcher CO2-Rechner verwendet wird, können die Werte stark variieren.
Ernährung nach und nach umstellen
Auch ältere Menschen machen sich Gedanken, wie sie ihrer Ernährung gesünder und nachhaltiger gestalten können. Doch viele Senioren hängen an lieb gewonnenen Ernährungsmustern. Diese müssen sie aber nicht aufgeben. Oft reichen kleine Veränderungen, um aus einer fleischlastigen eine pflanzenbasierte Kost zu machen. Was aber ist eine pflanzenbasierte Kost? Dabei geht es nicht darum, Fleisch und andere tierische Produkte vom Speiseplan zu verdammen, erklärt Selina Wachowiak von der Vernetzungsstelle Seniorenernährung in Niedersachsen anlässlich eines digitalen Aktionstages zum Tag der Seniorenernährung. Die Basis sollen aber pflanzliche Produkte, wie Obst, Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte sein. Ergänzt werden diese durch Fleisch, Fisch, Milch, Milchprodukte und Eier.
Eine besondere Bedeutung kommt den Hülsenfrüchten zu. Sie sind nährstoffreich, vielseitig einsetzbar und bieten eine Alternative zu Fleisch. Bei manchen Gerichten lässt sich der Fleischanteil reduzieren, indem ein Teil davon durch Hülsenfrüchte ersetzt wird. Möglich ist das zum Beispiel bei Chili con carne oder Frikadellen.
Das rät die DGE
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Qualitätsstandards für die Verpflegung in Senioreneinrichtungen formuliert. Diese können auch für die gesunde und nachhaltige Ernährung zu Hause eine Orientierung bieten. Für einen Ein-Wochen-Speiseplan, der alle Mahlzeiten einschließt, empfehlen die Experten:
- 21-mal Getreide, Getreideprodukte oder Kartoffeln, davon mindestens 14-mal Vollkornprodukte,
- 21-mal Gemüse, davon mindestens 7-mal Rohkost/Salat und 2-mal Hülsenfrüchte,
- 14-mal Obst, davon mindestens 7-mal frisch oder tiefgekühlt ohne Zucker und Süßungsmittel und mindestens 2-mal Nüsse oder Ölsaaten,
- mindestens 14-mal Milch- und Milchprodukte,
- maximal 3-mal Fleisch/Wurst in der Mittagsverpflegung,
- 1- bis 2-mal Fisch, davon 1-mal fettreicher Fisch,
- maximal 2-mal frittierte und/oder panierte Produkte,
- Rapsöl ist Standardöl.
Klimaschonend sind außerdem regionale Produkte. Auch hier lohnt jedoch ein genauer Blick. Beispielsweise hat ein regional geernteter Apfel, der über viele Monate kühl gelagert wurde, unter Umständen eine schlechtere Klimabilanz als ein Apfel, der per Schiff importiert wird. Bevorzugt sollten deshalb saisonale Produkte gegessen werden.
Speiseabfälle vermeiden
Neben der Auswahl der Lebensmittel gibt es weitere Stellschrauben, die Einfluss auf die Klimabilanz der Ernährung haben. Beispielsweise spielt der Transport, die Zubereitung und die Lagerung eine Rolle. Doch selbst, wenn an all diesen Stationen auf Nachhaltigkeit geachtet wird, nützt das alles nichts, wenn die Speise am Ende nicht gegessen wird, sondern im Müll landet. Das Vermeiden von Lebensmittelverschwendung ist der beste Klimaschutz.
Mehr Pflanzen in den Speiseplan
Wer ältere Menschen verpflegt, sollte diese auf jeden Fall mit einbinden, wenn die Kost nach und nach pflanzenbasierter werden soll. Vorlieben, Wünsche, Ernährungsgewohnheiten, aber auch Abneigungen und Unverträglichkeiten müssen berücksichtigt werden.
Ein erstes Ziel kann es sein, den Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln zu erhöhen. Dabei geht es nicht nur um das Mittagessen. Hier sind einige Vorschläge für Mahlzeiten mit viel Pflanzlichem und weniger Fleisch:
Frühstück: vegetarische Aufstriche, Frischkäse mit Kräutern, Gemüsesülze, Gemüsesticks, Müsli, Trinkmüsli, Porridge mit Obst.
Mittagessen: Bei Fleischgerichten das Fleisch zum Teil durch Hülsenfrüchte ersetzen, Suppen auf Gemüsebasis, dazu Fleisch als Topping anbieten, Kartoffelpüree mit Erbsenpüree verfeinern, Aufläufe; als Nachtisch Rote Grütze, Apfelmus mit Vanillesoße, Birnenkompott.
Zwischenmahlzeit: Zucchini- oder Karottenkuchen, Gemüsemuffins, Gemüsesticks oder -spieße, Smoothies, Obst, Saft.
Abends: herzhafte kleine Gerichte wie Quiche, Pizzahappen, Gemüsemuffins, Ofengemüse mit Kräuterdip oder Hummus, Pfannkuchen mit Gemüse, herzhafte Waffeln mit Möhren- oder Zucchiniraspeln.
Ganz wichtig ist: Es ist nichts verboten! Die Speisen sollten sich an bekannten Geschmäckern orientieren, rät Anja Köchermann von der Landesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft Niedersachsen. Gute Erfahrungen hat die Diplom-Ökotrophologin damit gemacht, Senioren neue Speisen zunächst in kleinen Portionen zum Probieren anzubieten, zum Beispiel einen Smoothie im Schnapsglas.
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