Etwa 65 % der Bevölkerung in Deutschland haben zu hohe Cholesterinwerte im Blut. Allerdings sind keine genauen Daten bekannt, wie viele Menschen ein erhöhtes Lipoprotein (a), kurz Lp(a), haben. Experten wie Dr. Juliane Willecke, Lipidologin im HDZ NRW, gehen von knapp 20 % der Bevölkerung aus.
Welche Ursachen für erhöhte Lp(a)-Werte gibt es?
Eine Erhöhung ist genetisch verursacht, wird also vererbt. Mit dem Lebensalter steigt das Lp(a) leicht an. Hormone, insbesondere Östrogene, scheinen einen Einfluss auf den Lp(a)-Spiegel zu haben. Relevante Absenkungen lassen sich weder durch einen geänderten Lebensstil noch durch eine Hormontherapie in der Menopause erreichen.
Welche Aufgabe hat Lp(a) in unserem Körper?
Bislang ist die Funktion dieses Lipoproteins noch unklar. Möglicherweise hat es eine Funktion bei der Blutgerinnung bzw. Hemmung der Auflösung von Blutgerinnseln, eine Funktion im Bereich des Transportes von Fetten im Körper oder immunologische Effekte. Eine Rolle bei der Wundheilung wird ebenfalls diskutiert.
Lp(a)-Werte über 30 mg/dl bzw. 70 nmol/l im Blut gelten als erhöht. Ab wann muss behandelt werden?
Bei einem nur leicht erhöhten Lp(a)-Wert im Bereich von 30 bis 60 mg/dl lässt sich ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko nicht sicher nachweisen. Behandelt wird daher in der Regel ab einem Wert von über 60 mg/dl. Insbesondere bei stark erhöhten Werten von mehr als dem Sechsfachen geht man von einem stark erhöhten Risiko aus. Eine Therapie wird eingeleitet, wenn ein Progress im Bereich der Herzkranzgefäße, den Bein- und Beckengefäßen oder der Halsschlagader nachgewiesen wird.
Übrigens: Das Lp(a) kann unabhängig vom LDL-Cholesterin erhöht sein. Bei Patienten mit familiär erhöhten Cholesterinwerten gibt es allerdings statistisch gehäuft Patienten mit erhöhtem Lipoprotein (a). Eine Kombination dieser beiden Risikofaktoren ist entsprechend am gefährlichsten.
Wie werden erhöhte Lp(a)-Werte behandelt?
Cholesterinsenker wie Statine senken den Lp(a)-Spiegel nicht. Andere lipidsenkende Medikamente senken Lp(a) nur geringfügig. Der therapeutische Nutzen ist bisher nicht bewiesen. Aktuell werden neue medikamentöse Therapien in Studien untersucht. Zurzeit ist die einzige – durch klinische Studien belegte – Behandlungsoption eine Behandlung mittels Lipoprotein-Apherese.
Welche Patienten werden mittels Lipoprotein-Apherese behandelt?
Dies sind Patienten mit arteriosklerotischer Erkrankung – etwa nach einem Schlaganfall oder Herzinfarkt –, bei denen sich das „schlechte“ LDL-Cholesterin trotz maximaler medikamentöser Therapie nicht ausreichend senken lässt.
Des Weiteren werden Patienten mit arteriosklerotischer Erkrankung und erhöhtem Lp(a) von mindestens 60 mg/dl im Blut behandelt, wenn nachgewiesen werden kann, dass alle weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren bestmöglich behandelt wurden und die Erkrankung trotzdem fortschreitet.
Hierbei spielt das Alter der Patienten keine Rolle. Treffen diese Kriterien für ein Kind zu, werden auch Kinder mit Lipoprotein-Apherese behandelt.
Wer sollte seinen Lp(a)-Wert messen lassen?
Die Leitlinie der europäischen Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt, dass jeder Mensch einmal im Erwachsenenalter den Lp(a)-Wert messen lassen sollte – vor allem dann,
- wenn kardiovaskuläre Probleme vor dem 60. Lebensjahr auftreten oder trotz optimaler Behandlung rasch fortschreiten,
- erstgradige Angehörige wie Eltern, Geschwister, Kinder frühzeitig an Arteriosklerose erkranken,
- Patienten unter einer familiären Hypercholesterinämie leiden,
- aus anderen Gründen ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen besteht,
- Familienangehörige nachgewiesen ein erhöhtes Lp(a) haben.
Der Hausarzt kann den Lp(a)- Wert mittels Blutprobe bestimmen lassen. Da erhöhte Werte genetisch verursacht sind, reicht in der Regel eine einmalige Bestimmung.
Unter regelmäßiger Lipoprotein-Apherese soll der Lp(a)-Wert dauerhaft um 10 bis 20 % gesenkt werden können. Ist der Nutzen nicht vergleichsweise gering?
Nein, durchaus nicht. Während der Therapie werden die Lp(a)- bzw. LDL-Cholesterinwerte ja um mindestens 60 % gesenkt. Bis zur nächsten Therapie steigen die Werte zwar wieder an. In der Regel aber nicht ganz auf den Ausgangswert, sodass sich die Werte langfristig direkt vor der Therapie um 10 bis 20 %, in Einzelfällen auch deutlich mehr, senken lassen. Das spiegelt aber nicht den Hauptnutzen der Therapie wider, denn direkt nach erfolgter Therapie ist diese Absenkung ja viel höher.
Es heißt, dass erhöhte Lp(a)-Werte durch Ernährung nicht beeinflussbar sind. Warum sollten Patienten trotzdem auf die Ernährung achten?
Es geht darum, insgesamt das Risiko für kardiovaskuläre Er-krankungen wie Herzinfarkt, An-gina Pectoris oder Schlaganfall zu
minimieren. Eine entsprechend ballaststoffreiche und cholesterin-
arme Kost, in der insbesondere pflanzliche Fette und solche mit einem erhöhten Anteil an Omega-3-Fettsäuren, Vollkornprodukte, Gemüse, Salat und Hülsenfrüchte Vorrang finden, ist günstig.
Neben dem Ziel eines Idealgewichts sind auch regelmäßiges körperliches Ausdauertraining und ein konsequenter Nikotinstopp wichtig. Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und erhöhte Cholesterinwerte müssen kontrolliert bzw. behandelt werden.
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