Grabgestaltung

Mehr Natur auf dem Friedhof

Der Trend zu kleinen, pflegeleichten Grabstätten sorgt auf Friedhöfen für viel Rasen, Schotter- und Brachflächen. In Bad Rothenfelde steuert die Kirchengemeinde um. Hier entstehen naturnahe Inseln.

Ein Kleiner Feuerfalter rastet auf blau blühenden Astern. Susanne Pohlmann schaut auf den rostbraunen Schmetterling und freut sich. „Es ist erstaunlich, wie schnell die Tiere die neu angelegten Staudenflächen annehmen“, sagt sie. Die Astern wachsen im Schmetterlingsgarten des Friedhofs von Bad Rothenfelde. Das mit Stauden wie Storchschnabel, Steinquendel und Königskerze bepflanzte Areal ist eine der neuen Gemeinschaftsgrabflächen. Ein Findling mit Namensinschrift weist darauf hin, dass hier bereits eine Beisetzung stattgefunden hat. „Beim Ortstermin mit Angehörigen, die ein Wahlgrab wollten, blieben diese hier stehen und waren sich ganz sicher, dass dieser Garten zu ihrer verstorbenen Mutter passt. Sie suchten hier einen Platz aus“, berichtet die Mitarbeiterin der Friedhofsverwaltung. Der Schmetterlingsgarten ist ein Ergebnis des vor einigen Jahren eingeführten Flächen- und Umweltmanagements. Was hinter dem sperrigen Wort steckt, berichtet Susanne Pohlmann beim Rundgang über den einzigen Friedhof des 8000-Einwohner-Ortes im Landkreis Osnabrück.

Die Bestattungsgewohnheiten wandeln sich. Für den 116 Jahre alten Friedhof in Bad Rothenfelde heißt das: Für Begräbnisse wird weniger Fläche gebraucht. (Bildquelle: Laarmann)

Zu viel Schotter und Stein auf Gräbern

Auf den ersten Blick sieht er aus wie viele Friedhöfe. Auf den zweiten Blick fallen frisch gepflanzte Bäume, junge Sträucher und einige Baustellen auf. „Hier bauen wir Trockenmauern und schaffen Sitzgelegenheiten, damit Friedhofsbesucher beim Schmetterlingsgarten eine Pause machen können“, berichtet Susanne Pohlmann. Etwa 80 Begräbnisse finden pro Jahr in Bad Rothenfelde statt. Träger des Friedhofes ist die evangelisch-lutherische Jesus-Christus-Kirchengemeinde. Die Zahl der Urnenbeisetzungen steigt. Der Wunsch nach Grabstätten, die wenig Pflege erfordern, ist hier ebenso ausgeprägt wie auf anderen Friedhöfen. Anders ist jedoch der Umgang damit: Statt gesellschaftlichen Trends einfach nur zu folgen, macht die Friedhofsverwaltung Trauenden innovative Angebote und setzt Grenzen. Etwa beim Versiegeln des Bodens. „Auch auf unserem Friedhof finden Sie Grabstellen, die weitgehend von Ziersplitt oder Steinplatten bedeckt sind. Das lassen wir inzwischen nicht mehr zu. Maximal ein Drittel der Grabfläche darf mit Stein bedeckt sein“, erklärt Susanne Pohlmann. Kirchenvorstand und Friedhofsausschuss verabschiedeten entsprechende Leitlinien.

Freie Grabstellen bepflanzen

Wie sich umsteuern lässt, erfuhr die Kirchengemeinde, als sie an einem Projekt namens „Biodiversität auf kirchlichen Friedhöfen“ teilnahm – angestoßen und finanziell gefördert von der evangelischen Landeskirche Hannover und mit EU-Mitteln. So kam Astrid Lahmann nach Bad Rothenfelde. Die für das Friedhofsprojekt angestellte Landschaftsarchitektin vermittelte dem Friedhofsteam das nötige Handwerkszeug für einen klugen Umgang mit Ressourcen. Dabei ging es beispielsweise um folgende Fragen:

  • Wann und wo laufen Nutzungszeiten für Grabstellen ab?
  • Wie lassen sich Lücken zusammenlegen, um sie zu naturnahen Flächen umzugestalten?
  • Wie viel Friedhofsfläche wird in den nächsten Jahrzehnten für Grabstellen benötigt?
  • Wo lassen sich Schotterwege in Rasenwege mit festem Unterbau umwandeln, um Pflegeaufwand zu reduzieren und Kosten zu sparen?

Nicht nur Rasengräber

Der Friedhof umfasst rund 2,8 ha Fläche. Aufgrund der geänderten Bestattungswünsche wird ein Teil dieser Fläche auf absehbare Zeit nicht für Begräbnisse benötigt. Der neue Entwicklungsplan für den Friedhof hilft dabei, die Vergabe der Grabstellen so steuern, dass größere, zusammenhängende Flächen entstehen, die neu gestaltet werden können. Landschaftsarchitektin Astrid Lahmann schlug vor, solche Flächen beispielsweise zum Anpflanzen heimischer Sträucher zu nutzen. Ein erstes Feld mit Pfaffenhütchen, Schneeball und anderen Wildgehölzen rahmt die Grabflächen ein. Rasen ist zwar ökologisch wertvoller als Steinflächen. Aber zu viel davon wird zur Ödnis. Das bahnte sich auch in Bad Rothenfelde an. Die Gartenplanerin zeigte, dass Staudenpflanzungen auf Gemeinschafts-Grabflächen genauso wenig Pflege erfordern wie Rasen. Sie machte Vorschläge für Pflanzungen mit Zwiebelblumen, Kräutern und Stauden, die nacheinander blühen und heimische Insekten nähren. Auf eine saisonale Wechselbepflanzung wird verzichtet. Das spart Kosten, Torf und den Plastikmüll der Töpfe. Zudem müssen die Staudenflächen nach der Anwachsphase nicht mehr bewässert werden. Bäume gehören ebenfalls ins naturnahe Pflanz­konzept: Hainbuchen, Eichen, Linden, Vogelkirschen. „Die Gemeinschaftsgrabflächen sollen sich parkähnlich entwickeln und im Laufe der Jahre eine Art Bestattungswald ergeben“, erklärt Susanne Pohlmann. Die erste Fläche dieser Art ist bereits komplett belegt – ein Anzeichen dafür, dass naturnah gestaltete Gräber dem Wunsch vieler Angehöriger entsprechen. Friedhofsgärtner legen die Staudenbeete an und pflegen sie rund ums Jahr.

Wildstauden statt Wechsel­bepflanzung und Rasen­wege statt Schotterbelag verringern den Pflegeaufwand. (Bildquelle: Pohlmann)

Pflanzpläne für Grabstätten

Die Landschaftsarchitektin Astrid Lahmann hat im Rahmen des Projekts „Mehr Biodiversität auf kirchlichen Friedhöfen“ einige Pflanzpläne für naturnah gestaltete Grab­stätten entwickelt. Die Abbildung zeigt, welche insektenfreundlichen Pflanzen sie für ein 2,5 x 2,5 m großes Grab am sonnigen Standort empfiehlt. Weitere Pflanzpläne, zum Beispiel auch für den schattigen Standort, und viele Anregungen für mehr Umwelt- und Naturschutz auf Friedhöfen sind auf der Website der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover zu finden.