Rinder werden in öffentlichen Diskussionen gerne als Klimakiller dargestellt. Das ärgert Landwirte. Sind Klimaschutz und Rindermast in Kombination möglich, Frau Labonte?
Natürlich! In jedem Bereich der Landwirtschaft ist Klimaschutz möglich. Es ist wichtig, dass Auswirkungen und Bedeutung bekannt sind.
Wie können Rindermäster den CO2-Fußabdruck ermitteln?
Der CO2-Fußabdruck ist immer produktbezogen. Es können für einen Betrieb allerdings auch mehrere Produkte bilanziert werden.
Was genau bedeutet produktbezogen? Können Sie Beispiele nennen?
Im Unterschied zu den Betriebsbilanzen wird für den CO2-Fußabdruck in der Bullenmast das Produkt Rindfleisch betrachtet. Alles was für die Produktion von Rindfleisch entlang der gesamten Lieferkette nötig ist, wird betrachtet und miteinbezogen.
Welche Daten sind für die Ermittlung notwendig?
Landwirte müssen Tierbestände, Fütterung, Strom- und Dieselverbrauch erfassen sowie allgemeine Angaben zum Stallsystem und der Wirtschaftsdüngerlagerung machen. Zusätzlich kann auch der eigene Futterbau gerechnet werden. Dafür werden Daten aus der Düngedokumentation, Erträge, Pflanzenschutzeinsatz und Dieselverbrauch erfasst.
Das heißt, die Daten aus der Betriebszweigauswertung (BZA) genügen nicht?
Wenn eine BZA vorliegt, sind fast alle Daten in ausreichender Qualität vorhanden. Aber auch ohne BZA lassen sich alle Werte zusammentragen.
Der Futterbau ist fast komplett über die Dokumentationspflichten der Düngeverordnung vorhanden.
Wie viele Betriebe haben sich die CO2-Bilanz bereits errechnen lassen?
In Nordrhein-Westfalen haben wir mehrere Hundert Bilanzen berechnet, verteilt über die verschiedenen Produkte. Dabei sind einige Produkte erstmals und andere schon über mehrere Jahre gerechnet worden.
Wer hat Interesse an den Ergebnissen?
An erster Stelle steht das Eigeninteresse der Betriebe, die gerne ihre Produktion aus Sicht des Klimaschutzes beurteilen lassen wollen. In der gesellschaftlichen und politischen Diskussion sind diese Betriebe gut aufgestellt.
Molkereien und Schlachtbetriebe stellen den zweiten großen Interessentenkreis dar. Für die betrieblichen Klimaschutzziele werden auch Ziele für den vorgelagerten Bereich formuliert. Diese können nur erreicht werden, wenn die Daten aus der Milch- und Fleischproduktion erfasst werden. Ein einheitliches Vorgehen über alle Produkte aus der Rinderhaltung gibt es derzeit nicht.
Welchen CO2-Fußabdruck hinterlassen Bullen also?
Das ist betriebsindividuell und kann sogar jährlich schwanken. Den „einen“ CO2-Fußabdruck gibt es nicht.
Da die Standortbedingungen und regionale Besonderheiten in die Bilanz einfließen, ist ein Vergleich nur zwischen Betrieben einer Region möglich. Das bedeutet konkret, Betriebe im Münsterland sind miteinander vergleichbar. Jedoch nicht ein deutscher mit einem argentinischen Mastbetrieb.
Was hat den größten Anteil an den Emissionen aus der Rindermast?
Die Futterproduktion hat mit den Methanemissionen aus der Verdauung die größten Anteile. Der Energieverbrauch hat mit Abstand den geringsten Beitrag. Dies unterscheidet die landwirtschaftlichen Bilanzen vor allem von anderen Wirtschaftsunternehmen.
Welche Stellschrauben gibt es in der Bullenmast, um den CO2-Fußabdruck zu verbessern?
Vor allem geht es um die Frage: Welches Futter wird eingesetzt und wie gut ist die Futterverwertung?
Der CO2-Fußabdruck betrachtet Input und Output und beschreibt eine effiziente Produktion. Klimaschutzmaßnahmen sind daher häufig durch die Steigerung der Effizienz auch aus ökonomischer Sicht positiv zu beurteilen. Für investive Maßnahmen gibt es Fördermittel, die die teuren Maßnahmen aus Sicht des Klimaschutzes unterstützen.
Was ist bei der Fütterung wichtig? Geht es um Soja?
Der Einsatz und Ersatz von Soja ist eine große Stellschraube, um in der vorgelagerten Lieferkette CO2-Emissionen zu vermindern. Der Ersatz von Soja bringt aber wieder andere Emissionen mit sich und kann im gesamten Kontext der Fütterung und der Zusammensetzung gesehen werden.
Welche Maßnahmen können sich Landwirte fördern lassen?
Die Abdeckung von Wirtschaftsdüngerlagern und dadurch Verminderung der Ausgasung von Ammoniak, Lachgas und Methan ist eine Möglichkeit. Zusätzlich sind Förderungen für emissionsarme Gülle-Ausbringtechnik möglich.
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