Die Rechnung ist grundsätzlich einfach – Milchviehbetriebe müssen von Januar an die Anzahl der Stallplätze für die Verkaufskälber verdoppeln. Das besagt die Änderung der Tierschutztransportverordnung. Trotzdem lohnt es sich, den genauen Bedarf noch einmal kritisch zu hinterfragen, damit auch bei saisonalen Kalbeschwerpunkten noch ausreichend Kapazitäten für Desinfektion und Leerstand bleiben.
Flexible Systeme ratsam
Ob Einzel- oder Gruppenhaltung, rechtlich sind bis zu einem Alter von acht Wochen beide zulässig. Entscheidend ist, dass die Maße und Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung eingehalten werden. Diese unterscheidet bei Einzelhaltung in zwei Gruppen: Kälber bis 14 Tagen und ab 14 Tage bis acht Wochen, für die beispielsweise größere Boxenmaße vorgeschrieben werden (Übersicht).
Eine frühe Umstellung der Kälber in die Gruppe bietet in Bezug auf die Sozialisierung nachweislich Vorteile. Aber gerade zum Anlernen der Kälber und im Hinblick auf die Übertragung von Krankheiten ist die Einzelhaltung in den ersten Tagen nach der Geburt das optimale Haltungssystem. Auf europäischer Ebene wird allerdings – ausgelöst durch die „End-the-Cage-Age-Bürgerinitiative“ – über ein generelles Verbot der Käfighaltung und damit auch der Einzelhaltung von Kälbern diskutiert. Aus diesem Grund sollte bei Neuanschaffung von Einzelhütten nur in flexible Systeme mit herausnehmbaren Trennwänden investiert werden. Bei Kälberiglus mit Auslauf besteht die Möglichkeit, durch Verbindung der Ausläufe eine nachträgliche Gruppenhaltung zu ermöglichen.
Mindestens 4,50 m²
Zu berücksichtigen ist, dass Kälbern von zwei bis acht Wochen bei Haltung in Kleingruppen mit bis zu drei Tieren laut Haltungsverordnung eine Grundfläche von mindestens 4,50 m² zur Verfügung stehen muss. Bei Einzelhütten mit einer Grundfläche von beispielsweise 1,60 m² ist es deshalb empfehlenswert, mindestens 3er-Module zu wählen.
Für die Einzelhaltung werden Einzelhütten oder Kälberiglus mit und ohne Auslauf angeboten. Einzelhütten haben arbeitswirtschaftliche Vorteile, wie beim Anlernen und Einstreuen. Geschlossene Kälberiglus mit Auslauf bieten mehr Bewegungsfreiraum.
Einzelhütten sind an drei Seiten geschlossen und für den Außenbereich mit einem isolierten Dach ausgestattet, das dem Kalb den gewünschten Kleinklimabereich und dazu Witterungsschutz bietet. Bei der Aufstellung in niedrigen Altgebäuden kann dagegen oft auf das Dach verzichtet werden. Alternativ gibt es nach oben geöffnete Iglus oder Stecksysteme, die arbeitswirtschaftliche Vorteile bieten und in Ställen mit geringer Deckenhöhe funktionieren.
Standorte der Kälberiglus sollten idealerweise überdacht werden. Die Ausläufe bleiben so trocken und der Strohverbrauch lässt sich reduzieren, zumal kein Regenwasser unter den Iglus in die Strohmatratze laufen kann.
Kleingruppensysteme
Die Einzelhaltung der zusätzlichen Verkaufskälber ist zunächst eine einfach umsetzbare Haltungsmöglichkeit mit vergleichsweise überschaubarem Kostenaufwand. Aber gerade im Hinblick auf die Arbeitswirtschaft sollten vor der Kaufentscheidung zusätzlich Gruppenhaltungsmöglichkeiten ins Visier genommen werden. Entscheidend ist, dass das System zum Betrieb und zu der wöchentlich anfallenden Kälberzahl passt.
Wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Gruppenhaltung sind:
- ein geringer Altersunterschied der Kälber innerhalb einer Gruppe von 2 bis maximal 4 Wochen;
- das Wirtschaften der Gruppen im Rein-Raus-System und
- die Möglichkeit des häufigen Entmistens.
Kleingruppensysteme für vier bis acht Kälber sind häufig ideal. Für Verkaufskälber eignen sich gesonderte Kleingruppen – so wird die feste Gruppenstruktur der im Betrieb verbleibenden Tiere nicht gestört. Großraumiglus bieten aufgrund ihrer geschlossenen Bauweise vor allem in der kalten Jahreszeit einen guten Schutz. Allerdings ist wie bei den Einzeliglus auch hier eine Überdachung zum Schutz von Tier, Futter und auch Mensch gegen Niederschlag und Sonne zu empfehlen. Iglus und Hütten müssen grundsätzlich auf befestigten Flächen aufgestellt und anfallende Jauche und Schmutzwasser aufgefangen werden.
Richtige Planung erforderlich
Bei Gruppeniglus, Gruppenhütten und Garagensystemen handelt es sich um Stallsysteme, die kleinere Gruppengrößen ermöglichen. Wenn der Standort passend ist, sind solche Konzepte ohne Weiteres flexibel erweiterbar. Bei der Planung sollte allerdings die komplette Logistik durchdacht werden. Unter anderem sind folgende Frage zu berücksichtigen:
- Wo befinden sich Stroh- und Futterlager sowie die Milchküche?
- Wie werden die Ställe eingestreut und entmistet?
- Wo verbleiben die Kälber während des Mistens?
- Welches Tränkesystem soll umgesetzt werden?
- Wie lässt sich das Stallsystem aus arbeitswirtschaftlicher Sicht, gerade bei Haltung der Kälber deutlich über der Tränkephase hinaus, beurteilen?
Erweiterungsmöglichkeiten
Zum Entmisten und Reinigen werden die Gruppensysteme mit dem Frontlader umgesetzt, wofür eine entsprechende Fläche einzuplanen ist. Bei diesen Kleingruppensystemen handelt es sich um Stallsysteme, die jederzeit durch einzelne Gruppen erweitert werden können. Diese Möglichkeit besteht auch bei Modulställen wie den sogenannten Garagensystemen. Hierbei handelt es sich um feste, zu drei Seiten geschlossene Stallabteile für etwa fünf Kälber. Die Einzelhaltung lässt sich durch flexiblen Aufbau der Einzelhütten in einem Stallabteil integrieren. Nach der Einzelhaltung werden die Elemente abgebaut, ein Fressgitter mit Trog wird eingebaut und die Kälber verbleiben als Kleingruppe im Abteil.
Standortwahl
Bei der Standortwahl ist zu berücksichtigen, dass Kälberstäl-le möglichst nicht im direkten Luftstrom eines anderen Rinderstalles positioniert werden sollten. So wird verhindert, dass Keime über die Luft übertragen werden. Zum Schutz der Kälber ist das Aufstellen der offenen Seite der Hütten bzw. Iglus von der Hauptwetterseite abgewandt sinnvoll. Gerade für Iglus sind beschattete oder einfach überdachte Standorte auch aufgrund der zunehmenden Temperaturen in den Sommermonaten zu empfehlen. Die vergangenen Hitzesommer haben gezeigt, dass sich die Systeme extrem aufheizen können. Flexibel zu öffnende Lüftungsklappen auf der Rückseite der Hütten bzw. Iglus lassen eine Luftzirkulation bei hohen Außentemperaturen zu. Ein zusätzliches Wasserangebot ist unabhängig von der Jahreszeit zu empfehlen und ab dem achten Lebenstag rechtlich auch verpflichtend.
Stimmt das Gesamtkonzept
Nicht allein die Beschaffungskosten sind entscheidend, sondern das Gesamtkonzept muss zum Betrieb und der anfallenden Zahl an Kälbern passen. Eine kleine Erweiterung mit mobilen Systemen ist nicht immer der richtige Ansatz und es sollte im Vorfeld die gesamte Kälberhaltung im Betrieb unter die Lupe genommen werden.
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