Kommentar

Kälber im politischen Fokus

Rund um die Kälberhaltung ist viel los: Es gibt einige Neuerungen in der Gesetzgebung und die Ansprüche von Politik und Gesellschaft steigen. Was kommt auf Landwirte zu?

Nie zuvor standen Kälber mehr im Fokus als jetzt. Während Praxis und Wissenschaft die Haltung und Fütterung optimieren, steigen die gesellschaftlichen und politischen Anforderungen – in Deutschland und auf EU-Ebene:

  • Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung: Ab Februar 2024 muss Kälbern jünger als sechs Monate eine trockene und weiche oder verformbare Liegefläche zur Verfügung stehen. Das erfüllen nur Stroh oder Spalten mit Gummiauflage. Nicht geregelt ist, wie groß die Liegefläche sein soll. Fest steht nur: Alle Kälber einer Bucht müssen gleichzeitig liegen können. Betroffen von der Gesetzesänderung sind vor allem Kälbermäster und Fresseraufzüchter. Aber auch Bullenmäster sowie Milchviehhalter, die ihr Jungvieh momentan auf Vollspalten aufziehen, bleiben von einer Investition nicht verschont.
  • Änderung der Tierschutztransportverordnung: Nach aktuellem Stand dürfen Kälber von Januar 2023 an nicht mehr wie bisher mit 14 Tagen, sondern erst mit 28 Tagen transportiert werden. Das gilt allerdings nur für innerdeutsche Transporte. Nach EU-Recht dürfen Kälber weiter vom zehnten Lebenstag an verbracht werden. Das bringt die Gefahr des „Kälbertourismus“ mit sich: Kälber werden mit 14 Tagen direkt ins EU-Ausland transportiert, statt auf deutschen Betrieben aufgezogen zu werden – das kann doch nicht Sinn der Sache sein! Einige Bundesländer drängen auf eine Verlängerung der Übergangszeit, bisher aber erfolglos.
  • ANIT-Ausschuss: Der sogenannte ANIT-Ausschuss des EU-Parlaments geht bei Kälbertransporten noch einen Schritt weiter und fordert: Tiere erst vom 35. Lebenstag an zu transportieren. Zudem sollen nicht abgesetzte Kälber nicht länger als zwei Stunden transportiert werden.Das Parlament hat sich aber mehrheitlich für ein Transportverbot für Kälber unter 28 Tagen ausgesprochen. Trotzdem wäre es sinnvoll, die Übergangszeit in Deutschland zu erhöhen und abzuwarten, was endgültig auf EU-Ebene passiert. Warum im Alleingang handeln?
  • Über allem schwebt die Initiative „End of the Cage Age“, ebenfalls auf EU-Ebene. Diese will die Käfighaltung von Tieren verbieten, unter anderem auch die Einzelhaltung von Kälbern. Mehr als 1,4 Mio. Menschen haben die Initiative unterschrieben. Deshalb hat die EU-Kommission ihre Unterstützung zugesagt. Eine entsprechende Verordnung könnte 2027 auf Tierhalter zukommen.

Verdammt schwierige Themen, die Milchvieh­halter und Rinder- sowie Kälbermäster nur gemeinsam lösen können. Denn – und das ist sicher – höhere Kosten dürfen nicht nur nach unten durchgereicht werden. Klare Absprachen sind erforderlich, wie die Tiere auf dem Herkunftsbetrieb gehalten und versorgt werden. Vielleicht entsteht daraus sogar eine neue Art der Interaktion. Denn eine wirtschaftliche Kälbererzeugung auf dem Milchviehbetrieb und eine rentable Rinder- sowie Kälbermast hängen unmittelbar zusammen.

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