Haben Sie sich auch an den vielen Zwischenfruchtflächen erfreut, wo noch bis zum ersten strengen Frost Mitte November Sonnenblumen, Senf, Phacelia und Co. blühten? Insbesondere die üppige lila Blütenpracht der Phacelia dienten manchem (Hobby-)Fotografen als Motiv. Für Imker sind jedoch gerade spät blühende Zwischenfrüchte Fluch und Segen zu gleich.
Füttern für den Winter
Nach der Ernte der sogenannten Sommertracht, in der Regel Mitte Juli, müssen Imker ihre Bienenvölker zufüttern. Denn nur durch einen anhaltenden Futterstrom werden in den Völkern ausreichend Winterbienen aufgezogen. Hauptsächlich setzen Imker dabei invertierten Zuckerrübenzucker als Sirup oder als Futterteig ein. Aber auch andere Futterarten, beispielsweise auf Maisstärkebasis, sind im Handel erhältlich. Im September findet dann die eigentliche Auffütterung der Bienen statt, bei welcher der Futtervorrat für den Winter angelegt wird.
Bei passender Witterung sind spät blühende Zwischenfrüchte wie Phacelia, Ölrettich oder Gelbsenf ein guter Lieferant für Pollen und Nektar. Gerade an sonnig-warmen Herbsttagen, wie wir sie in den vergangenen Wochen hatten, kamen dadurch beträchtliche Mengen an Futter in die Völker.
Reiches Angebot im Herbst
Die Bienenvölker werden durch die spät einsetzende Tracht noch einmal ordentlich zur Brutpflege angeregt und die Brutnester wachsen. Dies kommt vor allem schwachen aber gesunden Völkern zugute, da die Aufzucht vitaler Winterbienen für diese einen Aufschwung bedeutet und zur guten Überwinterung beiträgt. Vor allem durch eine bunte Mischung verschiedener Pflanzenarten wird die Biodiversität gefördert, und auch die Honigbienen bekommen eine abwechslungsreiche Nahrungsquelle geboten. Ohne den Anreiz einer Tracht schrumpft das Brutnest im Oktober normalerweise sehr stark und spätestens Anfang November beginnt für die Bienen die Winterruhe.
Allerdings kann sich der Feind Nummer eins, die Varroamilbe, in der neu angelegten Brut stark vermehren. So können auch Bienenvölker, die lange gegen die Milbenpopulation ankämpfen konnten, stark geschädigt werden. Dies gilt im Besonderen, wenn die Winterruhe durch lang anhaltend gutes Wetter verkürzt oder, wie in diesem Jahr, zeitlich nach hinten geschoben wird.
Hunger trotz viel Honig
Wurden die Völker bereits vom Imker mit ausreichend Winterfutter versorgt, kann es durch den teils massiven zusätzlichen Nektareintrag zu Platzproblemen im Bienenvolk kommen. Die Völker „verhonigen“ und es ist kein Platz mehr, um Brut anzulegen und aufzuziehen. Auch kann es bei der Kombination mancher Futterarten mit dem glukosehaltigen Nektar von Gelbsenf vorkommen, dass das Futter in den Waben auskristallisiert. Die Bienen können dies unter Umständen nicht verflüssigen und verhungern dann möglicherweise trotz voller Vorratswaben.
Sind sich Imker anstehender Tracht aus Zwischenfrüchten bewusst, wird dies bei der Fütterung mit eingeplant. Allerdings besteht die Gefahr, dass vermeintlich gute Trachtquellen im Spätherbst aufgrund launischer Wetterbedingungen nicht von den Bienen genutzt werden können.
Bereits von Varroamilben geschädigten Bienenvölkern kann die verlängerte Saison zum Verhängnis werden.
Fluch oder Segen? Kommt drauf an...
Je eher Zwischenfrüchte gesät werden, desto mehr Segen bringen sie Insekten und Imkern. Letztere können früher auf kritische Zustände im Bienenvolk reagieren. Und auch andere bestäubende Insekten profitieren vom reichen Nahrungsangebot der Zwischenfrüchte.
Den optimalen Aussaatzeitpunkt zu benennen, ist schwierig, da immer ein guter Kompromiss für Bienen und Landwirte gefunden werden sollte. Werden Zwischenfrüchte zu früh gesät, könnten diese im Herbst noch Samen bilden, die unter Umständen dem Landwirt in Folgekulturen Probleme bereiten. Wird zu spät gesät, kann es passieren, dass die Zwischenfrüchte gar nicht blühen oder erst dann, wenn es für Honigbienen zu kalt ist, um auszufliegen.
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