Die Hämorrhagische Krankheit, auch bekannt als „RHD“ (englisch: Rabbit Haemorrhagic Disease) oder „Chinaseuche“ ist nicht neu: In Europa trat sie erstmals in den 1980er Jahren auf und ist in Nordrhein-Westfalen mittlerweile weit verbreitet.
Die Bezeichnung „Chinaseuche“ erhielt die Krankheit 1984 aufgrund ihres erstmaligen Auftretens bei Angorakaninchen in China. In Europa trat die Erkrankung dann bereits zwei Jahre später auf und führte zu vermehrten Todesfällen bei gehaltenen Kaninchen sowie Wildkaninchen. Die RHD wird von Viren aus der Familie der Caliciviren hervorgerufen.
Auch Feldhasen betroffen
Seit 2010 breitet sich eine neue Virusvariante (RHDV-2) in Europa aus. Während das ursprüngliche „Rabbit Haemorrhagic Disease Virus“ (RHDV-1) lediglich bei 7–10 Wochen alten Kaninchen eine Erkrankung auslöste, erkrankten durch RHDV-2 nun auch jüngere Kaninchen und zudem Feldhasen.
Seit der erstmaligen Erwähnung der neuen Virus-Variante bei Feldhasen im Fallwildbericht 2014/15 wird es mittlerweile regelmäßig bei Langohren in NRW nachgewiesen. Dabei schwankt der Anteil der an Calicivirus-Infektionen verstorbenen Feldhasen pro Jagdjahr zwischen 2–12 %. Somit hat die RHD derzeit auf die Bestände des Feldhasen (noch) keinen so großen Einfluss wie auf die Bestände des Wildkaninchens. Jedoch muss das Auftreten dieser Viruserkrankung genau beobachtet werden: So könnte eine neue Virusvariante mit einer höheren Infektionsrate beim Feldhasen einhergehen, was verheerende Auswirkungen auf die Population haben könnte.
Krankheitsverlauf
Beim Wildkaninchen werden verschiedene Krankheitsverläufe beobachtet: Beim perakuten Verlauf kommt es zu plötzlichen Todesfällen ohne weitere Krankheitsanzeichen. Beim akuten Verlauf werden Symptome wie Mattigkeit, Atemnot, blutiger Nasenausfluss und Krämpfe beobachtet, bevor die Tiere nach wenigen Stunden versterben. Chronische Krankheitsverläufe sind selten, können aber dazu führen, dass Kaninchen, die die Krankheit überlebt haben, eine Immunität ausbilden, die sie langfristig vor Neuerkrankungen schützt.
Während beim Auftreten der ursprünglichen RHD (ausgelöst durch RHDV-1) bereits bis zu 90 % der betroffenen Kaninchenpopulation verstarben, kann die neue Variante der RHD (RHDV-2) ein vollständiges Verschwinden lokaler Kaninchenpopulation zur Folge haben.
Viele Übertragungswege
Infizierte Kaninchen scheiden das Virus mit sämtlichen Sekreten und Exkrementen aus, sodass der Hauptübertragungsweg der direkte Kontakt zwischen den Tieren darstellt. Der Mensch kann den Erreger jedoch ebenfalls durch Gegenstände, Kleidung oder Schuhwerk von Revier zur Revier übertragen. Es gibt außerdem Belege, dass Beutegreifer nach dem Verzehr infizierter Kaninchen kurzzeitig lebensfähiges Virus ausscheiden können. Bei kalter und trockener Witterung kann das Virus über mehrere Wochen und Monate infektiös in der Umwelt überdauern.
Eine Therapie gegen die RHD existiert bislang nicht. Hauskaninchen lassen sich mittels einer Impfung gegen RHDV-1 und RHDV-2 schützen. Jedoch sollte bei der Haltung von Hauskaninchen stets darauf geachtet werden, dass kein Kontakt zu Wildkaninchen oder deren Ausscheidungen besteht (zum Beispiel durch das Verfüttern von Wild- und Gartengrün).
Wildkaninchen auch in Deutschland bald bedroht?
Während das Wildkaninchen in Spanien und Portugal durch die IUCN (International Union for Conservation of Nature) bereits als „bedroht“ eingestuft ist, wird es in Deutschland seit 2009 noch auf der Vorwarnliste der Roten Liste geführt. Doch der Rückgang der Bestände ist deutschlandweit spürbar. Sogar in der ehemaligen „Kaninchen-Hochburg NRW“ gehen die Jagdstrecken des Wildkaninchens nach einem kurzen Hoch im Jagdjahr 2010/11 mit einer Jahresstrecke von fast 142 000 Stück kontinuierlich zurück (Jagdjahr 2022/23: knapp 24 200 Wildkaninchen, davon rund 5000 Stück Fallwild).
Faktoren, die dem Wildkaninchen in den vergangenen Jahrzehnten zugesetzt haben, waren neben der intensiven Nutzung der Lebensräume durch die Landwirtschaft sicherlich ebenso die fortschreitende Bebauung in Siedlungsbereichen. Gleichzeitig nahm die Bandbreite an natürlichen Prädatoren (zum Beispiel Erholung der Uhu-Bestände, Zuwanderung von Neozoen) zu. Insbesondere setzen Wildkaninchen aber die Seuchenzüge der Myxomatose und der RHD zu.
Schutzmaßnahmen
Eine der wichtigsten Schutzmaßnahmen gegen einen Ausbruch der RHD im eigenen Revier ist die Vermeidung eines Virus-Eintrags! Hygienemaßnahmen wie das Wechseln der Kleidung sowie die Reinigung und Desinfektion des Schuhwerks sind daher bedeutsam. Ebenso sollte der Einsatz von Jagdfrettchen oder von „Schleppkaninchen“ für die Hundeausbildung nur streng revierbezogen erfolgen.
Verendete Tiere untersuchen lassen
Im Revier verendet aufgefundene Wildkaninchen sollten an eines der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter in NRW gebracht werden. Ein positiver Virusnachweis schafft Klarheit über die Verlustursache. Die Ergebnisse tragen außerdem zur landesweiten Dokumentation der Ausbreitung des Erregers bei. Die Kosten für die Untersuchung werden durch die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung übernommen. Weitere verendete Kaninchen sollten unschädlich beseitigt werden, um einer Ausbreitung der RHD vorzubeugen.
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