Man darf Thinus Glitz mit Fug und Recht als einen Pionier des Smart Farmings bezeichnen. Der 41-jährige Betriebsleiter von Gut Rothehaus bei Bad Driburg beschäftigt sich schon seit langen Jahren intensiv mit Präzisionslandwirtschaft und digitalen Techniken für den Ackerbau.
Nach dem Agrarstudium in Soest arbeitete Glitz zunächst als Volontär-Verwalter in Mecklenburg, gründete aber schon damals ein „Start-up“ im Bereich Precision Farming: Gemeinsam mit einem Partner zog er unter anderem Bodenproben und arbeitete die Daten als Dienstleister auf.
Ein Koffer voll Elektronik
Später wechselte der Technik-affine Agrarier zum Landmaschinenhersteller Claas, wo er an der Entwicklung eines optischen Pflanzensensors mitarbeitete: Diese Sensoren ermitteln während der Überfahrt mit dem Schlepper teilflächenspezifisch den Stickstoffbedarf der Pflanzen und verteilen entsprechend viel oder wenig Dünger.
Nach der Zeit in der Industrie zog es Thinus Glitz jedoch zurück auf den elterlichen Betrieb mit rund 300 ha Ackerbau und Schweinemast – ohne das Faible für die Präzisionslandwirtschaft aufzugeben: „Direkt nach meinem Einstieg haben wir 2008 ein satellitengesteuertes Lenkssystem angeschafft“, erzählt der Landwirt und schmunzelt: „Mein Vater hat damals schon etwas geschluckt, als er vom Landtechnikhändler kam und als Gegenwert für die 8 t Stahl des in Zahlung gegebenen Gebrauchtschleppers lediglich einen Koffer Elektronik mit nach Hause brachte."
Heute ist die moderne Landtechnik zum Markenzeichen des ostwestfälischen Betriebes geworden: Thinus Glitz hat die Böden sämtlicher Flächen des Betriebes im 2-ha-Raster kartiert.
In Kombination mit Satellitenbildern und weiteren Daten erstellt er teilflächengenaue Applikationskarten, nach denen unter anderem die Aussaat und Kalkung erfolgt. Für Pflanzenschutz und Mineraldüngung werden – dort, wo diese zusätzlich zur Güllegabe notwendig ist – Vegetationssensoren genutzt.
Individuelle Bewirtschaftung
Sämtliche Arbeitsmaschinen des Betriebes sind dazu mit automatischen Lenksystemen ausgestattet und digital erreichbar. „Dieses Vorgehen ermöglicht uns eine sehr individuelle Bewirtschaftung aller Flächen, auch wenn deren Bodenqualität und Ertragskraft innerhalb des Schlages sehr heterogen ist“, erklärt Glitz.
Als Digital-Pionier war er prädestiniert zur Teilnahme am Projekt „Mobile SmartFarm OWL“. Seine langjährigen Erfahrungen bringt der Landwirt aber auch als professioneller Dienstleister in die Praxis ein. Seit einigen Jahren nutzt er zum Beispiel die Applikationskarten nicht nur für den eigenen Betrieb, sondern bietet die teilflächenspezifische Aussaat mit einer speziellen Striptill-Direktsaat-Technik auch im Lohn an.
Darüber hinaus erprobt Glitz regelmäßig neue Bearbeitungstechniken für schwierige Böden und vermittelt diese ausgewählte Landtechnik dann an Berufskollegen mit Interesse an der konservierenden Bodenbewirtschaftung. Er ist und bleibt halt ein Pionier!
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