Zuckermarkt: Rübenanbauer unter Druck

Der Zuckermarkt bereitet den Anbauern große Sorgen. Landwirte und Verbandsvertreter fragen sich, wie es mit dem Rübenanbau weitergehen kann.

Viele Landwirte machen sich keine Illusionen, die Rübenabrechnung der vergangenen Kampagne und die aktuellen Marktberichte geben hinreichend negative Signale. Die Stichworte Klimawandel, Verbot von Pflanzenschutzmitteln oder Düngeverordnung sorgen für zusätzlichen Gesprächsstoff bei den Anbauern. Vor diesem Hintergrund diskutierten die Mitglieder des Verbandes der Rübenanbauer im Lippe-Weser Raum e.V. am vergangenen Dienstag in Blomberg über die Zukunft des Rübenanbaus.

Bessere Preise zu erwarten

Uwe Schöneberg. (Bildquelle: Borgmann)

Die Mitglieder des Rübenanbauerverbandes liefern ihre Rüben an die Zuckerfabrik in Lage, die zum Kölner Zuckerhersteller Pfeifer & Langen gehört. Dessen geschäftsführender Gesellschafter Uwe Schöneberg beklagte die historisch tiefen Zuckerpreise, geht aber davon aus, dass die Erzeugerpreise in der nun startenden Kampagne höher liegen werden als im Vorjahr. Als Grund für die positive Prognose nannte er eine Unterdeckung der weltweiten Zuckerbilanz von etwa 4 Mio. t Zucker.

Er berichtete, dass die Zuckerläger in Europa leer sind und die Kampagne bereits jetzt beginnen musste, damit die Zuckerhersteller Lieferverpflichtungen gegenüber Kunden nachkommen können.

Experten sehen die aktuelle EU-Zuckerproduktion etwa auf Höhe des Vorjahres, sodass die Vorräte weiter sinken werden.

Blick über den Tellerrand

Um die eigene Situation richtig einschätzen zu können, kann das Urteil von außenstehenden Experten helfen. So hatte der Rübenanbauerverband Interessenvertreter aus anderen Regionen eingeladen, um mit ihnen darüber zu diskutieren, wie sie persönlich die Zukunft der Rüben einschätzen.

Dr. Christian Lang, Dr. Antje Ramm, Dr. Heinrich-Hubertus Helmke und Peter-Eric Froböse (v.l.). (Bildquelle: Borgmann)

Dr. Heinrich-Hubertus Helmke, Dachverband Norddeutscher Zuckerrübenanbauer e.V. vertrat fünf Thesen:

  • Die von den Zuckerunternehmen initiierte Ausdehnung der Anbaufläche, um die Stückkosten in den Werken zu reduzieren, hat nicht funktioniert, da der Zuckermarkt die Mehrproduktion bei weitem nicht aufnehmen konnte.
  • Die Spielregeln sind nicht in allen EU-Ländern gleich. In elf Ländern gibt es nach wie vor Prämien für den Rübenanbau, in einigen Staaten sind die Auflagen im Pflanzenschutz nicht so streng.
  • Wegen des niedrigen Preises ist der Weltmarkt zur Verwertung von Überschüssen nicht attraktiv. Der Zucker muss also auf dem EU-Binnenmarkt Käufer finden.
  • Die EU-Politik hat kein Interesse an Zucker und vertritt deshalb beispielsweise Industriegüter mit einem ganz anderen Einsatz.
  • Die gesellschaftliche Stimmung ist gegen Zucker eingestellt, die Politik folgt dieser Entwicklung. Helmke glaubt, dass die Anbauer offensiv dagegen antreten müssen.

Diskussionsleiter Tillmann Vetter, Vorstandsmitglied des gastgebenden Rübenanbauerverbandes fasste die Thesen zusammen: „Die Politik ist schlimmer als das Wetter.“ Dafür erntete er kräftigen Applaus.

Die Politik ist schlimmer als das Wetter." (Tillmann Vetter)

Dr. Christian Lang, Verband der hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer e.V., bemerkte, dass die Weinbauern in der Politik viel besser vernetzt sind als Rübenproduzenten. Er erläuterte, dass der Wein in den Anbaugebieten geradezu kulturprägend ist, was die Rüben nur begrenzt schaffen.

Lang erklärte, dass Wein wie Zuckerrübe relativ gut mit dem Klimawandel zurecht kommen. Aus den seit 60 Jahren erhobenen Daten seines Verbandes geht hervor, dass die Rübensaat nun etwa zwei Wochen früher erfolgt und die Ernte indes später. Daraus resultieren Extragszuwächse, die andere Kulturen nicht mehr aufweisen.

Dr. Antje Ramm, Anklamer Anbauverband für Zuckerrüben e.V., betonte, wie wichtig es ist, die Rübe möglichst vollständig zu verwerten, um so die Wirtschaftlichkeit des Anbaus zu verbessern. Das Werk der Suiker Unie in Anklam, Mecklenburg-Vorpommern, produziert nicht nur Zucker, sondern nach einem Fabrikausbau auch E–thanol. Die Anbauer müssen allerdings ein Nachhaltigkeitszertifikat beantragen, was mittlerweile sehr aufwendig ist.

Da nennenswerte Tierbestände in wirtschaftlich erreichbarer Nähe fehlen, vergärt eine betriebseigene Biogasanlage die Schnitzel zu Bio-Methan. Ramm fragt sich, ob aus dem Rübenblatt nicht weitere Einnahmen kommen könnten.

Anbauversuche mit Biorüben haben Lieferanten der Fabrik in Anklam wieder aufgegeben, da die geringe Flächenleistung der Hacke nicht zu den Betriebsstrukturen der Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern passen.

Zukünfige Baustellen

Die Gesprächspartner der Diskussionsrunde sind sich darüber einig, dass der europäische Rübenzucker einen ausreichenden Außenschutz benötigt, da kein Rübenanbauer hier zu Weltmarktpreisen produzieren kann.

Eine Baustelle sehen die Teilnehmer in der Kommunikation der Zuckerindustrie und der Verbände. Nach Ansicht von Dr. Lang reicht es nicht, die besseren Argumente zu haben. Für ihn gehört für die Zukunft auch dazu, dass die Beteiligten die Meinung in den sozialen Netzwerken mit beeinflussen.

Für Dr. Helmke ist der Wegfall der Quote nicht die größte Herausforderung, die zuküftigen Erwartungen von Politik und Gesellschaftwiegen für ihn viel schwerer.