Bei der Fütterung von Pferden, die an Atemwegserkrankungen oder an EMS (Equines Metabolisches Syndrom) leiden, wässern die Besitzer oft das Heu. Und das, obwohl bekannt ist, dass das Einweichen auch Nachteile hat. Zum Beispiel gehen Mineralien verloren. Wissenschaftlerinnen an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg haben jetzt weitere Nachteile entdeckt und geben praktische Tipps für die Fütterung.
Bisher fehlt Blick auf Eiweiß
In der Fütterungspraxis wird das Einweichen bzw. Wässern von Heu für Pferde, die an Equinem Asthma oder EMS leiden, angewendet, um hygienisch minderwertige Grobfutterqualitäten bzw. mikrobiell belastetes Heu (Schimmelpilze oder Bakterien) "aufzuwerten". Für Pferde mit EMS ist der Auswaschungseffekt entscheidend, um den Anteil wasserlöslicher Kohlenhydrate zu reduzieren. Bisher blieben allerdings sehr wesentliche Nährstoffe wie das Rohprotein bzw. die den Bedarf noch genauer beschreibenden, praecaecal (vor dem Dickdarm) verdaulichen Anteile von Rohprotein und wichtigen Aminosäuren unberücksichtigt.
Einfluss des Wässerns aufs Protein
Daher wurde in dieser Studie sowohl der Einfluss verschiedener Einweichzeiten auf den Gehalt an diversen Nährstoffen (Rohprotein, Rohfett, Rohfaser und andere Gerüstsubstanzen, wasserlösliche Kohlenhydrate, Mengen- und Spurenelemente) und Energie im Heu untersucht, als auch der Einfluss des Wässerns auf den Anteil an praecaecal verdaulichem Rohprotein und praecaecal verdaulichen Aminosäuren.
Vor allem bei der Gestaltung von Rationen ist es wichtig, Auswaschungseffekte im Blick zu haben. Beispielsweise müssen die durch Wässern reduzierte Energie- und Nährstoffkonzentrationen ausgeglichen werden. Es kommt auch vor, dass Heuwässern durch eine geringere Akzeptanz von behandeltem Heu zu einer verminderten Heuaufnahme führt.
Wie wurde untersucht
Die Studie umfasste folgendes Design: Es wurden insgesamt vier verschiedene Heuchargen verwendet. Dabei handelte es sich um Wiesenheuproben aus Mitteldeutschland. Diese wurden bei 20 °C über 15, 30 oder 60 Minuten und zwölf Stunden gewässert und anschließend 20 Minuten lang abgetropft.
Dabei führte die Einweichzeit von 15 Minuten zu einer bereits signifikanten Reduktion aller untersuchten Nährstoffe. Vor allem Fruktane und andere wasserlösliche Kohlenhydrate sowie Mengen- und Spurenelemente gingen verloren.
Durch diesen Auswaschungseffekt reicherten sich Rohfaser und andere Gerüstsubstanzen relativ an.
Der Gehalt an Umsetzbarer Energie verringerte sich um 5 bis 15 % (je nach Heucharge), der Anteil an praecaecal verdaulichem Rohprotein und praecaecal verdaulichen Aminosäuren sogar um 35 %.
Längere Einweichzeiten verstärkten den Auswaschungseffekt nicht, zumindest nicht nach statistischer Beurteilung.
Was bedeutet das für die Fütterung?
Der Auswaschungseffekt nach bereits 15 Minuten war für die wasserlöslichen Kohlenhydrate für Pferde mit metabolischer Insuffizienz ausreichend, allerdings wiesen alle Heuproben dieser Studie vor Auswaschung vergleichsweise geringe Anteile (25 bis 120 g wasserlösliche Kohlenhydrate/kg Trockenmasse) auf, sodass das Wässern lediglich eine weitere Reduktion verursachte.
Dies ist jedoch abhängig vom Heu selbst und kann nicht als pauschale Empfehlung gelten. Hier empfiehlt es sich, eine Analyse im Vorhinein zu veranlassen, um Aufschluss über die entsprechend kritischen Nährstoffe zu erhalten. Ähnlich verhält es sich mit den Mineralstoffen. Auch hier führte die Behandlung zu einer signifikanten Reduktion, deren Umfang im Einzelfall jedoch schwer vorhersagbar ist.
15 % mehr Heu einweichen
Besonders drastisch war der Effekt für Energie sowie den praecaecal verdaulichen Anteil an Rohproteins und Aminosäuren. Zur Deckung des Energiebedarfes müssten demnach 15 % mehr Heu eingeweicht werden, damit die Versorgung laut Empfehlung der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie der Haustiere (GfE, 2014) sichergestellt ist.
Dies würde bei einem 600 kg schweren Freizeitpferd statt rund 11 kg Heu täglich etwa 13 kg Heu bedeuten. Da der Auswaschungseffekt beim praecaecal verdaulichem Rohprotein noch höher war, ist dieses Defizit möglicherweise nicht durch höhere Heumengen auszugleichen, und es empfiehlt sich die Zufütterung passender Mengen eines proteinreichen Futters oder die Zulage eines mit Aminosäuren (Lysin, Methionin/Cystein, Threonin) angereicherten Ergänzungsfutters. Bei Pferden mit gestörter Insulinsensitivität sind zusätzlich stärkereiche Futtermittel allerdings kritisch zu sehen.
"Immer auch einen negativen Einfluss"
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass das Einweichen von Heu, ob aus Gründen der Stoffwechselgesundheit oder zur Reduktion von Staub- und Schimmelpilzen bei Equinem Asthma, immer auch einen "negativen" Einfluss auf den Energie- und Nährstoffgehalt hat.
Die Auswaschungseffekte für einzelne Nährstoffe reichen von gering bis hochgradig und können je nach Gehalt im unbehandelten Heu unterschiedliche Effekte haben. Jeder Pferdebesitzer sollte sich darüber im Klaren sein und nach entsprechend vorher veranlasster Analytik eine angepasste Rationskalkulation durchführen lassen. Nur so kann sichergestellt werden, dass es zu keiner Unterversorgung und evtl. Abnehmen der Pferde kommt.
Autorenhinweis: Die Studie wurde durchgeführt von Dr. med. vet. Mandy Bochnia, Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik, Studienverantwortliche in der Arbeitsgruppe von Prof. Annette Zeyner an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Die Studie ist erschienen unter "Bochnia M, Pietsch C, Wensch-Dorendorf M, Greef M, Zeyner A.: Effect of Hay Soaking Duration on Metabolizable Energy, Total and Prececal Digestible Crude Protein and Amino Acids, Non-Starch Carbohydrates, Macronutrients and Trace Elements". Veröffentlicht wurde sie im Journal of Equine Veterinary Science im März 2021, doi: 10.1016/j.jevs.2021.103452. Epub 2021 Mar 26. PMID: 33993927
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