Weidehaltung trotz Wolf?

Nicht nur Schafe, sondern auch Rinder und Pferde auf der Weide sind für Wölfe potenzielle Beute. In Südwestfalen sorgen sich die Landwirte um die Sicherheit ihrer Tiere. Fördermittel für Zäune gibt es in der Regel für sie nicht.

Das Thema Wolf beschäftigt die Tierhalter in Südwest­falen sehr. In den Grünlandregionen ist Weidehaltung von Milchkühen, Mutterkühen und Pferden Standard. Und seitdem im benachbarten Westerwald eine Wölfin sesshaft geworden ist, liegen Teile des Kreises Siegen-Wittgenstein und die Gemeinde Wenden im Kreis Olpe in einer „Pufferzone“ zum Wolfsgebiet Stegskopf.

Zäune können helfen

Am Montagabend informierten sich rund 100 Gäste auf einer Veranstaltung der beiden betroffenen WLV-Kreisverbände über mögliche Schutzmaßnahmen und die Arbeit des Wolfsberaters. In Kreuztal berichtete der Herdenschutzbeauftragte der Landwirtschaftskammer, Moritz Specht, dass vor allem Kälber gefährdet sind.

Zäune können Wolfsrisse zwar nicht verhindern, aber das Risiko senken. Zwei stromführende Litzen sollen zumindest verhindern, dass Kälber die eingezäunte Fläche verlassen. Wirklich sicher sind nur Bereiche, die mit Knotengitter, einer breiten Außenlitze und Untergrabeschutz ausgerüstet sind – insgesamt aber eher unrealistisch. Wichtig zu wissen: Zuschüsse für den präventiven Herdenschutz gibt es in der Regel nur für die Halter von Schafen, Ziegen und Gehegewild. Rinder- und Pferdehalter gehen normalerweise leer aus. Abgesehen davon: Gefördert wird nur das Material, nicht die Arbeit.

Für Pferde empfiehlt Specht bei Bedrohung durch Wölfe die Nachtaufstallung oder einen besonders gesicherten Nachtpferch.

Ebenfalls wichtig: Das Jagdverhalten der Wölfe und ihr „Drang“ zu den Nutztieren ist individuell unterschiedlich. Außerdem sind Rudel wesentlich gefährlicher für die Weidetiere als Einzelwölfe.

Besonderer Schutzstatus

Was den Wolf für die Tierhalter problematisch macht, ist sein besonderer Schutzstatus. Antonius Klein, der im Kreis Olpe als Wolfsberater arbeitet, betonte, nach geltender Gesetzeslage sei nicht einmal erlaubt, den Wolf zu stören.

Für den „Fall der Fälle“ rät Klein dazu, einen mutmaßlichen Wolfsriss sofort dem nächsten Wolfsberater, gegebenenfalls auch dem Veterinäramt zu melden. Um den für die Entschädigung notwendigen Nachweis zu führen, kommt es darauf an, möglichst keine Spuren zu verwischen oder zu zerstören. Das kann schnell unabsichtlich geschehen, wenn der „Tatort“ begangen und untersucht wird. Bei starkem Regen sollte der Tierkörper abgedeckt werden. Menschen und vor allem Hunde sind von dem gerissenen Tier fernzuhalten, bis der Wolfsberater die „Spurensicherung“ abgeschlossen hat.

Klein wies auch darauf hin: Nicht jedes tot aufgefundene Tier, das Fraßspuren aufweist, ist von einem Wolf gerissen worden. Mal sind Hunde die „Täter“, mal verendet ein Tier an einer Krankheit und wird dann von einem Fuchs oder Wildschweinen angefressen. Letzte Sicherheit gibt immer nur der Nachweis der Wolfs-DNA.

Vorschriften ändern!

Selbst wenn Tierverluste unproblematisch entschädigt werden sollten, bleibt doch manches unklar. Michael Richard, WLV-Kreisvorsitzender in Olpe, erinnerte daran, dass von Wölfen beunruhigte Mutterkuhherden schwer zu handhaben sind, Ponys oder Pferde unvermittelt scheuen und für Kinder nicht mehr zu reiten sein könnten. Der eigentliche Verursacher der „Störung“, nämlich der Wolf, sei dann aber nicht festzustellen.

Der WLV fordert eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften. WLV-Vizepräsident Wilhelm Brüggemeier dazu: Wir wollen, dass der Schutzstatus des Wolfs geändert wird. Er ist nicht mehr so schutzbedürftig, wenn die Population jährlich um ein Drittel wächst. Das jedenfalls ist klar: Wenn der Wolf kommt, dann geht die Weidewirtschaft!

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