Auf vielen Höfen wird nur ungern über finanzielle Dinge gesprochen, zum Beispiel, ob das Girokonto stark überzogen ist, zu welchen Preisen der Junior die Schweine, Ferkel oder Bullen verkauft hat oder welche Rechnungen bei der Warengenossenschaft oder dem Lohnunternehmer noch offen sind. Gerät der Betrieb im Laufe der Zeit in eine Schieflage, holen Betroffene Rudolf Schüller von der Westfälisch-Lippischen Versicherungs- und Unternehmensberatung GmbH (WVU) ins Boot.
Eine Familie kann an vielen Schrauben drehen, um ihre Lage zu verbessern. Darauf wies Schüller die Teilnehmer eines Seminares im Grünen Zentrum in Saerbeck hin. Es ging um das Thema: „Über Geld spricht man nicht ...“
Zahlungsfähig bleiben
Erstes und wichtigstes Ziel muss sein, die eigene Zahlungsfähigkeit zu sichern. „Wer unter Druck steht, kann nicht mehr mit dem Händler oder seiner Hausbank über Rabatte oder bessere Zinsen verhandeln.“ Grundsätzlich empfiehlt Schüller allen Familien, ein Haushaltsbuch zu führen (Wo bleibt jeden Monat das Geld?), regelmäßig die Versicherungen checken zu lassen und größere Anschaffungen eventuell zu verschieben. „Wichtig ist, dass sich eine Familie, die Geldsorgen hat, rechtzeitig an einen seriösen Berater etwa der Kammer oder WVU wendet. Alles wird schwieriger und teurer, wenn das Kind schon im Brunnen liegt.“
Bauen ist momentan extrem teuer, weil die Firmen stark ausgelastet sind und hohe Preise bei Ausschreibungen durchsetzen können. Was tun? Schüller rät, den geplanten Stall- oder Hausbau eventuell zu verschieben. „Wer ohnehin knapp bei Kasse ist, sollte überlegen, einen Stall von einem Berufskollegen, der in Rente geht, zu pachten oder den eigenen Stall zu sanieren und länger zu nutzen.“
Erfahrungen, Ratschläge
Schüller berät regelmäßig Landwirte, die Geldsorgen haben oder die zum Beispiel mit ihrer Bank über eine Finanzierung oder eine Umschuldung verhandeln. Dabei hat der gelernte Banker, 58, viele Erfahrungen gesammelt. Beispiele: Banken und Sparkassen gehen heute fast kein Risiko mehr ein. Sie ziehen die Schrauben an, wenn der Landwirt zum Beispiel seine Kreditlinie überzieht. Bei geduldeten Überziehungen berechnen sie im Schnitt 10% und mehr Zinsen.
Schüller: „Viele Landwirte haben in den vergangenen Jahren beim Abschluss eines Darlehensvertrages zu hohe Tilgungsraten vereinbart. Das gefährdet ihre Liquidität. Sie sollten die Tilgung strecken oder aussetzen und eventuell ein neues Darlehen über eine Grundschuld absichern. Der Kredit kostet dann nur noch bis zu 2 % Zinsen.“
Verkaufen oder verpachten?
Bei Engpässen sollten Landwirte überlegen, ob sie zu viel Geld in teure Maschinen investiert haben, die nicht ausgelastet sind. Wäre es nicht besser, wenn der Lohnunternehmer oder Nachbar bestimmte Arbeiten erledigt? Nicht betriebsnotwendiges Vermögen kann man auch veräußern. Mitunter müssen hoch verschuldete Landwirte Flächen veräußern. Schüller: „Es ist besser, einmal zum Beispiel 5 ha zu verkaufen, wenn ein sauberes Betriebskonzept für die nächstenJahre vorliegt, anstatt fortlaufend nur 1 ha.“Wer eine Fläche mit Einschränkungen („Rückpacht erwünscht“) etwa im Wochenblatt anbietet, sollte bedenken, dass der Käufer im Schnitt 1 bis 1,50 €/m2 weniger zahlt.
Zahlungsziele vereinbaren
Kreditinstitute bieten mitunter Darlehensverträge mit zehnjähriger Zinsbindung plus Zinsoption für weitere zehn Jahre an (dann kostet das Darlehen für die nächsten zehn Jahre nur etwa 2 bis 2,5% Zinsen). Doch die Zinsoption ist nicht gerade billig. Sie lohnt sich für die Bank, selten für den Landwirt, meint Schüller.
Warengenossenschaften, Landhändler und Lohnunternehmer gewähren den Bauern gern Lieferantenkredite und weisen selten darauf hin, wie viel Zinsen sie dafür berechnen. Schüller: „Vereinbaren Sie Zahlungsziele von etwa zwei bis drei Monaten und stellen Sie sicher, dass Sie zu diesem Termin zahlen können.“
Freies Geld wie anlegen?
Doch es gibt auch Bauernfamilien, die ihre Produktion und Finanzen im Griff haben und in schlechten Zeiten ordentliche Gewinne erzielen. Wo sollen sie ihr Geld anlegen, wenn Acker, Grünland oder Wald in ihrer Region zu utopischen Preisen angeboten werden oder die mit Immobilien (Mietern), Aktien, Aktienfonds, Lebensversicherungen oder anderen Wertpapieren bereits schlechte Erfahrungen gesammelt haben?
Die Zinsen im Euroraum werden laut Schüller mittelfristig kaum steigen. Erste Banken fordern jetzt bereits Minuszinsen bei höheren Spareinlagen. Der Banker gab den Seminarteilnehmern zwei Tipps:
- Zeichnen Sie Anteile an einem Bürgerwindpark, sofern der Park von vertrauenswürdigen Personen (Berufskollegen) geplant und betrieben wird.
- Verleihen Sie Ihr Geld für etwa 2 % Zinsen an ein Familienmitglied, Bekannte oder Nachbarn, die zum Beispiel ein Wohnhaus oder einen Stall bauen wollen. Das aber geht nicht per Handschlag, warnt Schüller: „Der Darlehensvertrag muss schriftlich aufgesetzt sein und einem Fremdvergleich standhalten. Dazu gehört eine Absicherung etwa im Grundbuch. Und vergessen Sie nicht, die eingenommenen Zinsen beim Finanzamt anzugeben.“
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