Wie können unsere Schweinemäster Nährstoffe einsparen? Das war die zentrale Frage für die Erzeugergemeinschaft (EZG) für Schlachtvieh Bösel w. V., als sich 2017 die Folgen der neuen Düngeverordnung abzeichneten. Das gut laufende Schlacht- und Verarbeitungsunternehmen Böseler Goldschmaus aus dem südoldenburgischen Garrel ist für sein regionales Markenprogramm, aber auch für den Export auf die Schweine der angeschlossenen Erzeugergemeinschaften angewiesen.
Der Schlüssel liegt im Futter, war sich Dr. Gerald Otto sicher. Er kümmert sich bei der Goldschmaus Gruppe um Tierschutz und Forschung. Damit die Mitglieder nicht wegen stark steigender Güllekosten die Lust an der Mast verlieren, setzte die EZG Bösel auf nährstoffreduzierte Fütterungsalternativen.
Futter für 380 Betriebe
Da die Erzeugergemeinschaft das Futter für die über 380 angeschlossenen Betriebe ausschreibt, konnte der Hebel effektiv umgelegt werden. Bei der nächsten Ausschreibung im September 2017 sanken die Gehalte im Futter.
Positiv wirkte, dass über 90 % der Mäster auf Fertigfutter setzen. Standard ist die Trockenfütterung mit Breiautomaten. Eigenmischer gibt es nur wenige.
Nachdem die Absenkung um 0,5 Prozentpunkte Rohprotein und 0,05 Prozentpunkte Phosphor im September 2017 gut geklappt hatte, setzte die Einkaufsgemeinschaft die Werte bei der nächsten Runde im März 2018 noch einmal runter – um weitere 0,5 Prozentpunkte beim Rohprotein und rund 0,03 Prozentpunkte beim Phosphor. Bei der aktuellen Mischung sinkt der Phosphorgehalt von 0,47 % im Vormastfutter auf 0,38 % in der Endmast. Beim Rohprotein geht der Gehalt von 16,0 % in der Vormast auf 13,0 bis 13,5 % in der Endmast zurück.
Um sicherzugehen, dass die Werte nicht unterschritten werden, kann jeder Landwirt einmal jährlich eine Futterprobe auf Kosten der Erzeugergemeinschaft untersuchen lassen. Die Mischgenauigkeit ist ziemlich optimal, so die Erfahrung von Dietz Wiechers. Er berät die Betriebe der Erzeugergemeinschaft im Rahmen der eigens gegründeten Gesellschaft NLW.
In der Ausschreibung hat der Landwirt die Wahl zwischen drei verschiedenen Futtern in der Vormast, zwei in der Mittelmast und zwei in der Endmast, die sich geringfügig im Gehalt an Energie, Rohprotein, Aminosäuren und Phosphor unterscheiden. Zudem können die Landwirte zwischen fünf verschiedenen, gelisteten Futtermühlen wählen.
Sinkende Rohproteingehalte verschlechtern die Fleischbildung, befürchten viele Mäster. Denn eine Unterversorgung mit Aminosäuren schlägt sich direkt in der Klassifizierung nieder. Deshalb warfen Dr. Gerald Otto und Dietz Wiechers ein waches Auge auf die Schlachtergebnisse. Innerhalb der Goldschmaus-Gruppe kein Problem, da alle Schweine am Schlachthof in Garrel geschlachtet werden. Beim Fleischmaß hat sich in den zweieinhalb Jahren überhaupt nichts getan – von saisonalen Einflüssen abgesehen. Das Speckmaß ist tendenziell sogar um einen halben Millimeter gesunken. Entsprechend ist der Magerfleischanteil sogar leicht gestiegen.
Keine Fundamentprobleme
Auch die zweite Befürchtung erwies sich als unbegründet. Denn bei Absenkung des Phosphorgehalts wird jedes Humpeln eines Schweins schnell als Unterversorgung gedeutet. Keine unbegründete Angst, da Phosphor an der Knochenbildung beteiligt ist. Deshalb haben Otto und Wiechers die Befunddaten des Schlachthofs hinsichtlich Knochenbrüchen ausgewertet. Dabei zeigte sich eine sehr stabile Tendenz bei den Fundamenten. Die geringere Phosphorversorgung hatte keinen Einfluss. Als einige Mäster ihren Nährstoffsaldo noch weiter senken wollten, hat die Einkaufsgemeinschaft ein Endmastfutter mit einem extrem abgesenkten Nährstoffgehalt entworfen.
Zunächst wurde das Futter auf einem Mitgliedsbetrieb in einem Fütterungsversuch getestet. Denn Dietz Wiechers und Gerald Otto wollten sicher sein, dass die Mast- und Schlachtleistungen auch bei stark reduzierten N/P-Gehalten stabil bleiben. Der Rohproteingehalt dieses Futters ist mit 12,5 % ab 75 kg Lebendgewicht sowie 11,5 % ab 90 kg ambitioniert niedrig. Er wird durch steigende Gehalte bei den limitierenden Aminosäuren aufgefangen. Auch beim Phosphor geht das Konzept mit 0,30 % ab 90 kg an die untere Grenze. Gut 1000 Ferkel wurden in Versuchs- und Kontrollgruppe aufgeteilt und ab 75 kg Lebendgewicht unterschiedlich gefüttert.
Die Unterschiede in der Leistung waren marginal. So hatte bei der Futterverwertung die Versuchsgruppe mit 1 : 2,77 leicht die Nase vorn, während bei den Verlusten die Kontrollgruppe mit 0,65 % etwas besser abschnitt. Bei der Klassifizierung lag die Kontrollgruppe vorn – etwas mehr Schinken, ein Hauch weniger Fettauflage, etwas mehr Fleischmaß und unterm Strich 0,5 % mehr Magerfleischanteil.
Allerdings waren alle Unterschiede nicht statistisch absicherbar. Im Gegenzug war die Nährstoffeinsparung beachtlich. Mit dem sehr stark N/P-reduzierten Futter sank der N-Saldo um 0,52 kg und der Phosphor-Saldo um 0,37 kg pro Tier. Das spart bei einem Durchgang mit 1000 Mastschweinen 6 ha Nachweisfläche beim Phosphor oder 3 ha beim Stickstoff.
Ein überzeugendes Argument im veredlungsintensiven Oldenburger Münsterland. Deshalb hat die Einkaufsgemeinschaft die beiden Endmastfutter mit extrem reduziertem N/P-Gehalt seit März letzten Jahres in ihr Programm aufgenommen. Sie richten sich in erster Linie an Betriebe mit sehr guten Mastleistungen. Auf diesem Weg können sie ihr Nährstoffkonto entlasten, ohne sich in der Mast nennenswert zu verschlechtern. Etwa 10 % der Mäster ordern diese extrem reduzierte Endmastfutter. Die meisten tasten sich erst mal mit der Endmastmischung ab 90 kg Lebendgewicht an das Niveau heran. Wenn das gut klappt, setzen sie das Futter im nächsten Durchgang Schritt für Schritt früher ein.Um das Bewusstsein der Mäster für die Nährstoffausscheidung zu schärfen, wird eine neue Kennzahl in die Mastauswertung aufgenommen: Wie viel Gramm Stickstoff bzw. Phosphor brauchen die Schweine pro kg Zuwachs?
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