Liegen meine Flächen im roten Grundwasserkörper? Diese bange Frage mussten Landwirte bislang für etwa die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche in NRW mit Ja beantworten. Mit gravierenden Auswirkungen: In roten Gebieten soll die Stickstoffdüngung auf 20 % unter Pflanzenentzug reduziert werden.
Nach Auswertung der aktuellen Messreihen können viele Landwirte aufatmen: Bei einem Drittel der roten Grundwasserkörper haben die Messwerte sich so stark verbessert, dass diese Gebiete künftig als „grün“ eingestuft werden können. Doch auch für Flächen in den verbleibenden roten Gebieten gibt es Hoffnung. Hier will sich die Landesregierung durch Binnendifferenzierung innerhalb der Grundwasserkörper auf die Hotspots konzentrieren, die für die Herabstufung verantwortlich sind. Nur im Einflussbereich dieser Hotspots sollen verschärfte Düngungsauflagen gelten.
Diese gute Nachricht verkündete Dr. Sabine Bergmann bei einer Tagung der Landwirtschaftskammer NRW auf Haus Riswick. Die Mitarbeiterin des Landesumweltamts LANUV ist verantwortlich für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Es gibt in NRW 275 Grundwasserkörper. An 1500 Messstellen wird überwacht, ob die Grundwasserkörper mengenmäßig und chemisch in einem guten Zustand sind. Diese Messbrunnen unterstehen größtenteils dem LANUV, teilweise auch Dritten wie den Wasserwerken.
Rot oder grün?
Das Ergebnis der Proben entscheidet darüber, wie ein Grundwasserkörper eingestuft wird. Ist mehr als ein Fünftel der Fläche belastet, wird der Grundwasserkörper als „rot“ eingestuft. Dabei geht es nicht nur um Nitrat, sondern auch um andere Stoffe, die dem Grundwasser gefährlich werden können wie Pflanzenschutzmittel, Schwermetalle oder Chlorkohlenwasserstoffe.
Die Düngeverordnung (DÜV) zielt allerdings nur auf nitratbelastete Gebiete. Sind andere Stoffe für die Einstufung als roter Grundwasserkörper verantwortlich, verursacht das keine Zusatzauflagen bei der Stickstoffdüngung.
Dass es jetzt zur Neubewertung der Grundwasserkörper kommt, hat nichts mit den Diskussionen über die DÜV zu tun, sondern richtet sich nach dem Turnus der Wasserrahmenrichtlinie. Diese schreibt alle sechs Jahre eine Neueinstufung vor. Die jetzige Karte der roten Grundwasserkörper basiert auf „historischen“ Messwerten aus den Jahren 2007 bis 2012.
Jetzt beginnt ein neuer Zyklus, dem die Messreihen aus dem Zeitraum 2013 bis 2018 zugrunde liegen. Die Zahl der Messstellen, die den Wert von 50 mg Nitrat/l Wasser überschreiten, hat signifikant abgenommen. Die Bewertung innerhalb des LANUV ist abgeschlossen, ebenso die Stellungnahme der Bezirksregierung, berichtete Sabine Bergmann. Die Messdaten fallen in Bezug auf Nitrat deutlich positiver aus, sodass ein Drittel der roten Grundwasserkörper in NRW sich aus dem Belastungsbereich verabschiedet. Doch gilt die Neubewertung offiziell erst ab 2022. Auch diesen Termin gibt die Wasserrahmenrichtlinie vor.
„Das Land NRW setzt sich dafür ein, dass die neuen Ergebnisse im Rahmen der Düngeverordnung schon jetzt verwendet werden dürfen“, erklärte die LANUV-Mitarbeiterin. Ob das klappt, hängt davon ab, ob sowohl Deutschland als auch die EU zustimmen.
Die Hotspots finden
Zusätzlich will das NRW-Landwirtschaftsministerium innerhalb der verbleibenden roten Gebiete differenzieren. Denn Grundwasserkörper sind groß – durchschnittlich 12.400 ha. Oft sind nur Teilgebiete von erhöhten Nitratgehalten betroffen. Genau dort muss angesetzt werden.
Doch reichen die vorhandenen Messstellen nicht aus, um dieses Gebiet einzugrenzen. Zudem haben die Landwirte die Stickstoffdüngung aufgrund der DÜV von 2017 schon jetzt deutlich reduziert. Das schlägt sich in den offiziellen Zahlen erst 2025 nieder – nach Ende des nächsten Sechs-Jahres-Zyklus. Um aktuellere, reproduzierbare Werte zu bekommen, setzt die Landesregierung auf Modellrechnungen, um belastete Gebiete innerhalb der roten Grundwasserkörper einzugrenzen. Doch auch hier gilt: Die EU muss dieser Binnendifferenzierung zustimmen.
Erfolg durch Kooperation
Dass der Nitratgehalt durch systematische Beratung in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft sinken kann, zeigen die Wasserkooperationen im Land. Hier arbeiten Wasserwirtschaft und Landwirtschaft seit 30 Jahren Hand in Hand. Nach anfänglicher Verschlechterung der Werte ist seit dem Jahr 2000 die Trendwende eingeläutet. Die Nitratbelastung in den Kooperationsgebieten nimmt ab. Im Messzyklus 2014 bis 2018 war lediglich bei 12,7 % der Messstellen der Wert von 50 mg Nitrat überschritten. „Kooperationen bringen viel fürs Wasser“, ist das Resümee der Fachfrau. Deshalb will die Landesregierung künftig verstärkt auf Wasserkooperationen setzen.
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