Die schlechten Nachrichten bei Westfleisch reißen nicht ab: Im eigentlich lukrativen Chinaexport soll die Genossenschaft in den vergangenen Monaten Verluste in Millionenhöhe gemacht haben. Das berichtet die „WirtschaftsWoche“ in ihrer aktuellen Ausgabe. Dabei geht es um 25.000 t Fleisch, die über einen Zwischenhändler nach Shanghai verschifft wurden.
Mehr als 200 Container mit je 25 t sollen teilweise seit Dezember im dortigen Hafen stehen. Der Import stocke, weil dem Importeur Dokumente fehlten, die ein Verkäufer nur übergibt, wenn der Kunde gezahlt hat.
Geschäft mit „Geschmäckle“
Ein „Geschmäckle“ bekommt das Ganze durch die Beteiligten. Eingefädelt hat das Geschäft Torben Sönnichsen. Der angestellte Geschäftsführer der dänischen Fleisch-Exportfirma Prime Pork Trading ist der Bruder von Steen Sönnichsen, welcher im Westfleisch-Vorstand für das Fleischgeschäft verantwortlich ist. Doch weist Westfleisch auf Anfrage des Wochenblatts jeden möglichen Interessenskonflikt mit aller Entschiedenheit von sich.
Zwischenzeitlich ist die zweite Beteiligte des Geschäfts abgetaucht. Die Prime Meat General Trading L.L.C. aus Dubai fungierte als Zwischenhändler. Zweifel kamen der „WirtschaftsWoche“ an deren Bonität, da Anfragen ohne Ergebnis blieben. Mittlerweile hat Westfleisch den Geschäftspartner gewechselt und die Menge auf zwei Verträge aufgeteilt.
Davon ist der erste erfolgreich vollzogen, der zweite wird aktuell abgearbeitet. Westfleisch betont auf Nachfrage des Wochenblatts, dass das Geschäft mit Prime Meat General Trading Ende des dritten Quartals 2019 verhandelt und direkt Anfang Oktober auf der Anuga besiegelt wurde. Es bot dem Unternehmen über einen ungewöhnlich langen Zeitraum von 26 Wochen eine hohe, stabile Ertragsmarge. Der vereinbarte Basispreis von 2,80 €/kg lag in der Woche vor, während und nach der Anuga erkennbar über Marktniveau, sodass Westfleisch sich für eine stabile, sichere Kalkulationsbasis für ein halbes Jahr entschied.
Kein Bonitätsrisiko
Aus Sicht von Westfleisch bestand kein Bonitätsrisiko beim Kunden. Es war Vorkasse vereinbart sowie Übergabe von Dokumenten und Ware erst nach Restzahlung. Die Verfügungsgewalt über die Container mit Tiefkühlware liege ausschließlich bei Westfleisch, teilte die Genossenschaft dem Wochenblatt mit.
Die Container standen auch aufgrund des Corona-bedingten Lockdowns längere Zeit im Hafen, erklärte die Westfleisch auf Nachfrage. Über die Kosten und die Frage, wer diese zu tragen hat, wird verhandelt. Es gebe derzeit keine Anzeichen, dass die Qualität der Ware gefährdet sein könnte.
Bisher wurde eine nennenswerte einstellige Millionensumme vereinnahmt. Bis heute sei Westfleisch kein wirtschaftlicher Verlust entstanden. Das Unternehmen betrachtet den Handel nach damaligem und heutigem Ermessen als gutes Geschäft. Doch hat die Genossenschaft im Jahresabschluss einem möglichen Verlust aufgrund des kaufmännischen Vorsichtsprinzips Rechnung getragen, da die Geschäftsabwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Die sich sehr dynamisch verändernden Rahmenbedingungen könnten noch zu Einbußen führen.
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