Agravis

Millionen-Betrug im Russland-Geschäft?

Das Genossenschaftsunternehmen Agravis soll im Umfeld seines Futtermittelwerks in Russland in Millionen-Höhe betrogen worden sein. Das berichtet das Nachrichtenmagazin „Spiegel online“. Ein Agravis-Sprecher nahm gegenüber dem Wochenblatt Stellung.

Das genossenschaftliche Futtermittel- und Handelsunternehmen Agravis mit Sitz in Münster soll im Umfeld seines Futtermittelwerks im russischen Krasnodar von einem deutsch-russischen Unternehmer im großen Stil betrogen worden sein. Das berichtet das Nachrichtenmagazin „Spiegel online“. Es beziffert den Schaden auf insgesamt 40 Mio €.

Unter falscher Flagge

Nach den Recherchen von Spiegel online soll der Mann im geschäftlichen Umfeld des Agravis-Futtermittelwerks Krasnodar ein Netz eigener Firmen aufgebaut haben. Er habe ihnen Namen wie etwa „Handelshaus Agravis“ gegeben und damit eine Verbindung zum Konzern suggeriert, „die nicht existierte“, wie es im Bericht heißt. Der Mann habe sich dann mit seinen ähnlich klingenden Firmen zwischen Agravis und deren Kunden in Russland geschaltet.

Einer dieser Firmen habe auch das Grundstück gehört, auf dem Agravis 2009 das Futtermittelwerk Krasnodar errichtet hat. Agravis habe dafür jährlich mehr als 30.000 € Pacht und damit laut Spiegel online „etwa das Dreifache des ortsüblichen Preises“ zahlen müssen. Erst 2015 habe Agravis die Eigentumsverhältnisse geprüft. Ein Jahr später sei es dem Konzern gelungen, „das Futtermittelwerk endlich wieder in eigene Hände“ zu bekommen.

"Fremdherrschaft" im Futtermittelwerk?

Die prekäre Lage in Russland habe der in Münster ansässige Konzern in seinen Geschäftsberichten mit „Währungsturbulenzen“ umschrieben. 2015 sei eine „erforderliche Neustrukturierung“ des Russland-Geschäfts und eine dafür notwendige "Risikovorsorge" angesprochen worden. Intern sei von einer „Fremdherrschaft“ die Rede gewesen, die den Konzern angeblich 40 Mio. € gekostet haben soll. Falls diese Schätzung zutrifft, wäre dies, wie Spiegel online urteilt, „das wohl größte Desaster der Firmengeschichte“.

Agravis versuche derzeit, die erlittenen Verluste vor Gericht zurückzufordern. Vor dem Landgericht in Dortmund laufe derzeit ein Verfahren gegen eine der Firmen des deutsch-russischen Unternehmers, bei dem es um eine Forderung von fast 2 Mio. € gehe. Spiegel online wörtlich: „Die Firma, so ist im Handelsregister nachzulesen, bestand im Wesentlichen aus Warenkrediten, die Agravis und ein weiterer Futterlieferant ihr gewährten – ein mit Fremdmitteln aufgepumptes Vehikel, bei der Liquidität ein ,limitierter Faktor‘ war, wie die Firma selbst einräumt.“

So sieht Agravis die Angelegenheit

Auf Anfrage des Wochenblattes teilt der Agravis-Sprecher Bernd Homann mit, dass in Russland Geschäfte "im Wesentlichen" mit Unternehmen betrieben worden seien, die „mittelbar oder unmittelbar einer schweizerischen Treuhandgesellschaft gehörten“. Seit Mitte 2015 hätten Hinweise vorgelegen, nach denen ein leitender Agravis-Mitarbeiter Mehrheitsgesellschafter dieser Gesellschaft war. "Weiterhin stellte sich heraus, dass alle das Mischfutterwerk umgebenden Grundstücke inkl. der Zu- und Abfahrten in Besitz eines Unternehmens war, das ebenfalls mehrheitlich einem leitenden Agravis-Mitarbeiter gehörte."

Man habe umgehend reagiert und Konsequenzen gezogen, so der Unternehmenssprecher weiter. Das betreffende Futtermittelwerk befinde sich inzwischen vollständig im Eigentum der Agravis, inklusive aller notwendigen Zu- und Abfahrten". Außerdem sei "nahezu die komplette Führungsebene in Russland" ausgetauscht worden. Überdies seien "die konzernweit geltenden Compliance-Regeln weiterentwickelt" worden.

Der Sprecher weist ferner darauf hin, dass der Vorstand den Aufsichtsrat laufend über die Entwicklungen in Russland informiert habe. "Erforderliche Entscheidungen wurden im Aufsichtsrat besprochen und genehmigt." Aufgrund noch laufender gerichtlicher Verfahren seien weitere Aussagen derzeit nicht möglich.