Eigentlich kümmert sich Karsten Schmal schwerpunktmäßig um die Milchproduktion und die Milchpolitik. Und allein zur Sektorstrategie Milch 2030 hätte er einen abendfüllenden Vortrag halten können. Doch der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) berichtete auf dem Kreisverbandstag des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Paderborn gestern Abend in Paderborn-Wewer nur in aller Kürze über den aktuellen Stand: Der Zusammenschluss der wichtigsten Milchverbände habe bereits viele Punkte erarbeitet, die in einem konkreten Maßnahmenpaket für den Milchsektor zusammengefasst sind. „Ich bin zuversichtlich, dass wir zur Grünen Woche im Januar 2020 erste Ergebnisse präsentieren können“, sagte Schmal, der mit seiner Familie in Nordhessen einen Milchviehbetrieb betreibt.
Drei Punkte liegen ihm dabei besonders am Herzen:
- Etablierung einer bundesweiten Kommunikation eines modernen Milchsektors
- Produktionsstandards aus dem Sektor heraus definieren und umsetzen
- Nachhaltigkeitsinitiativen der Molkereien als Branchenlösung etablieren
Allerdings widmete Schmal die längste Redezeit den aktuellen agrarpolitischen Themen Düngeverordnung, Agrarpaket und Tierwohl. Und hier hat er eine klare Vermutung, warum so viel Druck auf dem Kessel ist: „Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Dinge abgearbeitet haben. Sie befürchtet, dass sich die Große Koalition zu sehr daran reibt und möglicherweise zerbricht – das will sie vermeiden und drückt deshalb aufs Tempo.“
Versäumnisse der CDU
Zumindest keinen Widerspruch dazu gab es von Dr. Carsten Linnemann, Mitglied des Bundestags und Bundesvorsitzender der Mittelstandsvereinigung. Und auch sonst sparte der CDU-Politiker nicht an Kritik an seiner eigenen Partei: „Es ist unsere Partei, die in der Regierungsverantwortung steht. Die Bauernproteste sind nicht vom Himmel gefallen, sondern zeigen die Versäumnisse der letzten Jahre.“
Linnemann bemängelte, dass es keinen Konsens mehr zwischen Landwirtschaft, Bevölkerung und Politik gebe. Die Landwirte würden sich deshalb als Buhmänner der Nation fühlen. Zudem kritisierte er den Aktionismus der Regierung: „Über das Klima wird doch nicht an der deutschen Fleischtheke entschieden – auch nicht mit Fahrverboten in deutschen Innenstädten oder mit Ölheizungen in deutschen Kellern. Stattdessen brauchen wir neue Technologien und Innovationen – und diese fehlen aktuell.“
Das Messtellennetz für die Düngeverordnung hält Linnemann für nicht repräsentativ, das Ausmaß sei „ähnlich zum Dieselskandal“. Beim Insektenschutz sieht er noch die Chance, dass Landwirte ihre Bedenken und Wünsche einbringen können, da es noch kein Gesetz gebe. Und bei der Finanzierung für mehr Tierwohl begrüßt er den Vorschlag, dies über eine höhere Mehrwertsteuer auf tierische Produkte zu erreichen, da der Großteil der Verbraucher nicht bereit ist, höhere Preise zu zahlen.
Dank an junge Leute
Hubertus Beringmeier, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Paderborn, nutzte die Gelegenheit, sich ausdrücklich bei den vorwiegend jungen Menschen zu bedanken, die über „Land schafft Verbindung“ in den vergangenen Wochen mehrere Protestaktionen organisiert und durchgeführt haben. „Das war auch der Türöffner für den Agrargipfel bei Kanzlerin Merkel“, sagte er. Jetzt müsse die Politik aber Taten folgen lassen, beispielsweise die Risikoausgleichsrücklage oder einen Gesellschaftsvertrag, der über 20 Jahre und fraktionsübergreifend läuft.
Einen besonderen Dank sprach Beringmeier Stefanie Agethen und Jan Strathaus-Hoischen aus. Die Junglandwirtin aus Lichtenau-Henglarn und der Junglandwirt aus Paderborn-Neuenbeken hatten auf der vergangenen Grünen Woche ihre Höfe präsentiert und waren somit mit etlichen Verbrauchern ins Gespräch.
Beringmeier kandidiert für das Amt des Präsidenten des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV). Die Wahl findet am 17. Februar 2020 statt. Von „seinen Bauern“ sowie Paderborns Bürgermeister Michael Dreier sowie dem Landrat Manfred Müller erhielt dafür volle Unterstützung.