Silhouetten von drei Hochsilos und mehreren Stallgebäuden säumen eine holprige Landstraße. Am Straßenrand steht ein Holzpflock, an dem ein rostiger Briefkasten und ein Schild mit der Aufschrift „Mackinson Dairy Farm“ angebracht sind. Der Hof von Familie Mackinson liegt in Pontiac im Bundesstaat Illinois (etwa 160 km südlich von Chicago). Es ist ein warmer Nachmittag, die Melkmaschine brummt und die Sonne wirft bereits lange Schatten.
Eine schlanke Frau mit dunklen, zum Pferdeschwanz gebundenen Locken stellt sich breit lächelnd als Mary Mackinson Faber vor. Sie ist Mitte 30 und die Schwester des Betriebsleiters Matthew Mackinson – genannt Matt.
150-jährige Tradition
Der Betrieb blickt – für amerikanische Verhältnisse – auf eine lange Tradition zurück. Die Mackinson Dairy Farm wurde vor 150 Jahren gegründet. Seitdem ist der Hof in Familienbesitz. Momentan wird der Milchviehbetrieb von Donald (Vater von Mary und Matt), Roy (Onkel der beiden) und Matt Mackinson geführt. An dem Standort, an dem sich die Farm heute befindet, melkt die Familie seit 1974. Gut 165 Kühe der Rasse Holstein und Ayrshire werden zweimal täglich durch den Doppel-6er-Fischgrätenmelkstand getrieben. Die Melkzeit: rund 2,5 Stunden.
Mary nimmt nicht täglich an dem Geschehen auf dem Betrieb teil, kümmert sich aber um die Öffentlichkeitsarbeit des Hofes. Deshalb auch das Treffen mit ihr und nicht, wie sonst üblich, mit dem Betriebsleiter persönlich.
Die Landwirtstochter wohnt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern nur wenige Minuten von der Farm entfernt. Sie arbeitet bei einer Genossenschaft, die unter anderem Futtermittel und Saatgut vertreibt. In ihrer Freizeit betreibt sie eine Internetseite, auf der sie berichtet, was auf der Farm passiert und auf der sie den Dialog mit Verbrauchern sucht.
Mehrere Hofstellen
Während der Betriebsführung erklärt sie die Abläufe des Betriebes: „Matt fängt morgens um 4 Uhr an und fährt meistens gegen 18 Uhr vom Hof.“ Genau wie sie selbst wohnt der 33-Jährige nicht auf der Hofstelle, sondern ebenfalls nur ein paar Minuten von dem Standort entfernt. Matt bewohnt mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen eine andere Betriebsstelle, die ebenfalls zur Farm gehört. Dort sind unter anderem die Erntemaschinen für die Sojabohnen- und die Maisernte untergebracht. Auf mehr als 800 ha bauen Mackinsons Mais, Soja und Luzerne an. Zusätzlich führen sie in der Ernte Lohnarbeiten für andere Betriebe durch. „Mein Vater kümmert sich hauptsächlich um den Ackerbau, Matt um die Kühe“, erzählt Mary. „Aber beide unterstützen sich in ihren Bereichen gegenseitig.“ Steckenpferd von Matt sind allerdings die Kühe. „Mein Bruder kennt jede Kuh aus dem Effeff.“
Am Laufhof angekommen, blicken uns zahlreiche neugierige Kuhaugen an. Eine mittelrahmige, rot gefleckte Kuh macht auf sich aufmerksam. „Hey Disney, wie geht’s dir?“, begrüßt Mary das Tier. Obwohl die Schwester des Betriebsleiters nicht regelmäßig zwischen den Tieren ist, erkennt sie die Kuh auf Anhieb: „Das ist Disney. Sie ist drei Jahre alt und hat kürzlich ihr zweites Kalb bekommen.“ Mit ihr haben Mackinsons bereits zahlreiche Titel auf Schauen geholt.
Disney ist eine Ayrshire-Kuh. Die Rasse ist nach der gleichnamigen Grafschaft in Schottland benannt, aus der die Rinder ursprünglich stammen. „Ayrshires sind hierzulande eher selten anzutreffen, es werden aber mehr“, erklärt die Landwirtstochter.
Schon ihr Vater interessierte sich für die Zucht. Dass der Name Mackinson in der Züchterbranche bekannt wurde, entwickelte sich aber erst vor etwa zehn Jahren, als Matt und Mary sich zunehmend in den Betrieb einbrachten. „Wir begannen damit, Embryonen von guten Kühen zu spülen und Embryonen von interessanten Kuhfamilien zu kaufen“, schildert sie.
Premiumzüchter
Bei der Vorbereitung der Tiere für Schauen unterstützt Mary ihren Bruder regelmäßig. Im vergangenen Jahr haben sie drei große Schauen in den USA beschickt, darunter auch die international bekannte World Dairy Expo in Wisconsin. Ihre größten Erfolge fuhren sie aber auf der Illinois
State Fair ein, eine der größten Landwirtschaftsmessen des Landes. Disney wurde zum Reserve Intermediate Champion und Reserve Grand Champion ernannt. Zusätzlich durften sich Mackinsons über den Titel als Premiumzüchter und -aussteller der Schau freuen.
Vom Laufhof geht es hinüber in die Fress- und Liegehalle. Weil sich die Gruppe gerade im Melkstand befindet, ist der Stall leer. Die Tiefboxen sind mit Sand eingestreut, der Boden ist planbefestigt. „Durch den Sand in den Boxen sind die Kühe sauber. Zusätzlich kühlt die anorganische Auflage die Tiere an heißen Tagen wie heute“, erklärt Mary. Die Laufflächen werden zweimal täglich maschinell abgeschoben – immer dann, wenn die Kühe zum Melken gehen. In der Zeit werden auch die Boxen gereinigt und glatt gezogen. An der Decke drehen sich große Ventilatoren, eine Kuhbürste hängt an der Wand. „Kuhkomfort hat bei uns höchste Priorität“, sagt Mary. Langsam trudeln die ersten Kühe ein und begeben sich gemächlich an den Futtertisch. Dort liegt die Totale-Misch-Ration (TMR), die den Kühen täglich zweimal frisch vorgelegt wird – um 6.30 und um 14 Uhr. In der TMR enthalten sind Heu, Maisgluten, Maissilage, ein Proteinmix sowie Mais mit hohem Feuchtigkeitsgehalt. Gut 75 % des Futters stammen von den eigenen Flächen.
Kühe bevorzugen Tiefboxen
Die Kühe dürfen frei entscheiden, ob sie sich in dem älteren Stallgebäude (planbefestigt mit Hochboxen), auf dem Laufhof (mit Futtertisch) oder in der neueren Fress- und Liegehalle (Tiefboxen mit Sand) aufhalten möchten. „Bevorzugt entscheiden sie sich für die Tiefboxen“, weiß Mary.
Der Rundgang ist noch nicht beendet: Über die nur teilweise befestigte Hoffläche geht es weiter zum nächsten Stallgebäude. Dort sind die Färsen und einige Trockensteher untergebracht. In der Bucht daneben befinden sich der Krankenstall sowie das Abteil für die Kalbinnen. „Wir trennen die Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt von der Mutter“, erklärt Mary. Die Kälber kommen anschließend in das jüngste, drei Jahre alte Gebäude des Betriebes. Dort befinden sich 29 Einzelbuchten, in denen die angehenden Kühe mit Milch, Kälbermüsli und Wasser versorgt werden. „Die Bullenkälber verlassen nach etwa drei Tagen den Betrieb und gehen zum Mäster“, berichtet die Landwirtstochter.
Die abgesetzten Kälber sind in einem anderen Gebäude untergebracht. Ihre Buchten sind mit den Resten von Maispflanzen eingestreut. „Hier in der Gegend bauen die Landwirte fast ausschließlich Mais und Soja an. Stroh von Gerste oder Weizen müssen wir teuer zukaufen“, erklärt Mary. „Deshalb pressen wir die Reste der Maispflanze nach der Körnermaisernte und nutzen sie als Einstreu.“
Mittlerweile befinden sich die letzten Kühe im Melkstand. Matt, Donald und eine Aushilfe tummeln sich in der Melkgrube. In der Milchkammer davor planschen die Kinder mit Wassereimern.
Als der Melkstand sauber ist und die Spülung läuft, kommt die ganze Familie auf dem Hof zusammen. Es ist ein lauer Sommerabend und die Sonne geht langsam unter. Für die Zukunft sieht das Geschwisterpaar den Betrieb nicht in der Größe wachsen. „Mit weniger als 300 Kühen gilt man in Amerika als kleiner Betrieb“, weiß Mary. „Wir wollen uns aber lieber qualitativ verbessern und Arbeitsabläufe optimieren, als noch mehr Kühe zu halten.“