Wenn 100 ha Betriebsfläche auf 100 Schläge verteilt sind und es sich größtenteils um Grünland in Hanglagen auf 400 bis 500 m Meereshöhe handelt, darf man berechtigterweise von einem benachteiligten Gebiet sprechen. Um solche Grenzertragsstandorte in der Bewirtschaftung zu halten, gibt es eigentlich die Ausgleichszulage (AGZ). Eigentlich: Denn Markus Zacharias aus dem Bad Berleburger Ortsteil Elsoff kann die Zulage für die Hälfte seiner Flächen nicht beantragen. Der Betrieb liegt nämlich direkt an der Landesgrenze zwischen NRW und Hessen. Der Milchviehhalter füttert seine 100 Kühe je zur Hälfte mit Grundfutter aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein und aus Waldeck-Frankenberg. Für die hessischen Flächen erhält er aber seit 2019 keine Ausgleichzulage mehr, obwohl diese ebenso schwierig zu bewirtschaften sind wie die Flächen in NRW.
Bis 2018 wurde die AGZ in NRW grenzübergreifend gewährt. Im Zuge der Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete ist diese sinnvolle und unbürokratische Regelung aber ausgesetzt worden, beschreibt der Landwirt das Problem. Markus Zacharias empfindet das als hochgradig ungerecht und will die Benachteiligung nicht hinnehmen. Er hat deshalb mit dem Landwirtschaftsverband und der Landwirtschaftskammer gesprochen.
Das Thema wurde bereits bis ins Düsseldorfer Ministerium getragen. „Dort hat man das Problem erkannt und uns signalisiert, dass NRW zu einer AGZ-Auszahlung an die Grenzbetriebe bereit ist, sofern das Land Hessen mit seinen Landwirten genauso verfährt“, beschreibt Zacharias die Situation gegenüber dem Wochenblatt. Auf der waldeck-frankenberger Seite der Landesgrenze sind die Betriebe schließlich ebenso betroffen, wie jetzt bei einem Ortstermin auf dem Hof Zacharias deutlich wurde: Familie Hellwig aus Korbach-Hillershausen zum Beispiel bewirtschaftet – unter anderem aus familiären Gründen – ebenfalls in beiden Bundesländern Flächen. Der Betrieb hält 100 Kühe plus Nachzucht und etwas Mast. Gut ein Drittel der Futterflächen liegt auf hessischer Seite, zwei Drittel der Flächen jedoch in NRW. „Und für diese erhalten wir seit 2015 keine Ausgleichszulage mehr“, beschreibt Barbara Hellwig die Ungerechtigkeit.
Klar ist jedenfalls: Wenn die Betriebe die Flächen in den benachteiligten Gebieten auch künftig weiter bewirtschaften sollen, dürfen sie nicht auch noch von der Politik im Stich gelassen werden: Wer Grünland erhalten und eine drohende Verbuschung verhindern will, muss es über Raufutterfresser nutzen und fördern, brachte der Hessische Bauernverbandspräsident Karsten Schmal die Überlegungen auf den Punkt. Die Ausgleichszulage habe zwar einige Schwächen – beispielsweise rund um die Gebietsabgrenzung. Sie sei jedoch grundsätzlich ein geeignetes Förderinstrument, ergänzte WLV-Vizepräsident Henner Braach. Die Unterstützung dürfe aber nicht an der Grenze eines Bundeslandes enden.
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